Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 1. Dresden, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite
Von der Kunst unter den Hetruriern.

Ich wiederhole, wie ich mich vorher erkläret habe, daß ich keine Ge-E.
Der Helden
auf Hetruri-
schen Denk-
maalen.

schichte der Hetrurischen Götter geben will: die von ihren Künstlern vor-
gestelleten Helden aber, finden sich bis itzo in geringer Anzahl, und dieselben
sind nicht von ihrem Volke, sondern von den Griechen genommen. Die
bekannten sind fünf von den sieben Helden, welche vor Theben zogen;
ferner Tydeus, einer unter denselben, besonders vorgestellet; Peleus, des
Achilles Vater, und Achilles: diese Figuren haben ihre Namen in Hetru-
rischer Sprache beygesetzet, und die Steine selbst sind im folgenden Satze
beschrieben. Diese Abbildung der Helden von einem andern Volke genom-
men, giebt Anlaß zu muthmaßen, daß es sich, in Absicht der Heldengeschich-
te, mit den Griechen und Hetruriern verhalten habe, wie mit den Proven-
zalen und Italienern. So wie in der Provenza in Frankreich die ersten
Romane, oder Helden- und Liebes-Gedichte, in der mittlern Zeit gemacht
wurden, aus welchen andere Völker, auch selbst die Italiener, die ihrigen
zogen, eben so scheinen die Hetrurier dieses Theil der Dichtkunst nicht vor-
züglich geübet zu haben; daher die Helden der Griechen vorzüglich vor den
ihrigen, Vorwürfe der Hetrurischen Künstler wurden. Ihre Götter ha-
ben ihre eigenen Hetrurischen Namen, die Helden aber ihre Griechischen
Namen behalten, welche nach ihrer Aussprache dieser Worte in etwas ge-
ändert sind.

Der dritte Satz dieses ersten vorläufigen Stücks giebt eine AnzeigeIII.
Anzeige der
vornehmsten
Hetrurischen
Werke der
Kunst.

der vornehmsten Werke der Hetrurischen Kunst, und ihrer Ausarbeitung,
welche Historisch ist, das ist, die Werke werden nach ihrer Beschaffenheit
und den Figuren beschrieben; die besondere Untersuchung und Beurtheilung
derselben aber in Absicht der Kunst, gehöret zu dem folgenden zweyten
Stücke. Ich muß aber hier unsere mangelhafte Kenutniß beklagen, die
sich nicht allezeit wagen kann, das Hetrurische von dem ältesten Griechischen zu
unterscheiden. Denn auf der einen Seite machet uns die Aehnlichkeit der
Hetrurischen Werke mit den Griechischen, von welcher im ersten Capitel

gehan-
M 2
Von der Kunſt unter den Hetruriern.

Ich wiederhole, wie ich mich vorher erklaͤret habe, daß ich keine Ge-E.
Der Helden
auf Hetruri-
ſchen Denk-
maalen.

ſchichte der Hetruriſchen Goͤtter geben will: die von ihren Kuͤnſtlern vor-
geſtelleten Helden aber, finden ſich bis itzo in geringer Anzahl, und dieſelben
ſind nicht von ihrem Volke, ſondern von den Griechen genommen. Die
bekannten ſind fuͤnf von den ſieben Helden, welche vor Theben zogen;
ferner Tydeus, einer unter denſelben, beſonders vorgeſtellet; Peleus, des
Achilles Vater, und Achilles: dieſe Figuren haben ihre Namen in Hetru-
riſcher Sprache beygeſetzet, und die Steine ſelbſt ſind im folgenden Satze
beſchrieben. Dieſe Abbildung der Helden von einem andern Volke genom-
men, giebt Anlaß zu muthmaßen, daß es ſich, in Abſicht der Heldengeſchich-
te, mit den Griechen und Hetruriern verhalten habe, wie mit den Proven-
zalen und Italienern. So wie in der Provenza in Frankreich die erſten
Romane, oder Helden- und Liebes-Gedichte, in der mittlern Zeit gemacht
wurden, aus welchen andere Voͤlker, auch ſelbſt die Italiener, die ihrigen
zogen, eben ſo ſcheinen die Hetrurier dieſes Theil der Dichtkunſt nicht vor-
zuͤglich geuͤbet zu haben; daher die Helden der Griechen vorzuͤglich vor den
ihrigen, Vorwuͤrfe der Hetruriſchen Kuͤnſtler wurden. Ihre Goͤtter ha-
ben ihre eigenen Hetruriſchen Namen, die Helden aber ihre Griechiſchen
Namen behalten, welche nach ihrer Ausſprache dieſer Worte in etwas ge-
aͤndert ſind.

Der dritte Satz dieſes erſten vorlaͤufigen Stuͤcks giebt eine AnzeigeIII.
Anzeige der
vornehmſten
Hetruriſchen
Werke der
Kunſt.

der vornehmſten Werke der Hetruriſchen Kunſt, und ihrer Ausarbeitung,
welche Hiſtoriſch iſt, das iſt, die Werke werden nach ihrer Beſchaffenheit
und den Figuren beſchrieben; die beſondere Unterſuchung und Beurtheilung
derſelben aber in Abſicht der Kunſt, gehoͤret zu dem folgenden zweyten
Stuͤcke. Ich muß aber hier unſere mangelhafte Kenutniß beklagen, die
ſich nicht allezeit wagen kann, das Hetruriſche von dem aͤlteſten Griechiſchen zu
unterſcheiden. Denn auf der einen Seite machet uns die Aehnlichkeit der
Hetruriſchen Werke mit den Griechiſchen, von welcher im erſten Capitel

gehan-
M 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0141" n="91"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Von der Kun&#x017F;t unter den Hetruriern.</hi> </fw><lb/>
            <p>Ich wiederhole, wie ich mich vorher erkla&#x0364;ret habe, daß ich keine Ge-<note place="right"><hi rendition="#aq">E.</hi><lb/>
Der Helden<lb/>
auf Hetruri-<lb/>
&#x017F;chen Denk-<lb/>
maalen.</note><lb/>
&#x017F;chichte der Hetruri&#x017F;chen Go&#x0364;tter geben will: die von ihren Ku&#x0364;n&#x017F;tlern vor-<lb/>
ge&#x017F;telleten Helden aber, finden &#x017F;ich bis itzo in geringer Anzahl, und die&#x017F;elben<lb/>
&#x017F;ind nicht von ihrem Volke, &#x017F;ondern von den Griechen genommen. Die<lb/>
bekannten &#x017F;ind fu&#x0364;nf von den &#x017F;ieben Helden, welche vor Theben zogen;<lb/>
ferner <hi rendition="#fr">Tydeus</hi>, einer unter den&#x017F;elben, be&#x017F;onders vorge&#x017F;tellet; <hi rendition="#fr">Peleus</hi>, des<lb/>
Achilles Vater, und Achilles: die&#x017F;e Figuren haben ihre Namen in Hetru-<lb/>
ri&#x017F;cher Sprache beyge&#x017F;etzet, und die Steine &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;ind im folgenden Satze<lb/>
be&#x017F;chrieben. Die&#x017F;e Abbildung der Helden von einem andern Volke genom-<lb/>
men, giebt Anlaß zu muthmaßen, daß es &#x017F;ich, in Ab&#x017F;icht der Heldenge&#x017F;chich-<lb/>
te, mit den Griechen und Hetruriern verhalten habe, wie mit den Proven-<lb/>
zalen und Italienern. So wie in der Provenza in Frankreich die er&#x017F;ten<lb/>
Romane, oder Helden- und Liebes-Gedichte, in der mittlern Zeit gemacht<lb/>
wurden, aus welchen andere Vo&#x0364;lker, auch &#x017F;elb&#x017F;t die Italiener, die ihrigen<lb/>
zogen, eben &#x017F;o &#x017F;cheinen die Hetrurier die&#x017F;es Theil der Dichtkun&#x017F;t nicht vor-<lb/>
zu&#x0364;glich geu&#x0364;bet zu haben; daher die Helden der Griechen vorzu&#x0364;glich vor den<lb/>
ihrigen, Vorwu&#x0364;rfe der Hetruri&#x017F;chen Ku&#x0364;n&#x017F;tler wurden. Ihre Go&#x0364;tter ha-<lb/>
ben ihre eigenen Hetruri&#x017F;chen Namen, die Helden aber ihre Griechi&#x017F;chen<lb/>
Namen behalten, welche nach ihrer Aus&#x017F;prache die&#x017F;er Worte in etwas ge-<lb/>
a&#x0364;ndert &#x017F;ind.</p><lb/>
            <p>Der dritte Satz die&#x017F;es er&#x017F;ten vorla&#x0364;ufigen Stu&#x0364;cks giebt eine Anzeige<note place="right"><hi rendition="#aq">III.</hi><lb/>
Anzeige der<lb/>
vornehm&#x017F;ten<lb/>
Hetruri&#x017F;chen<lb/>
Werke der<lb/>
Kun&#x017F;t.</note><lb/>
der vornehm&#x017F;ten Werke der Hetruri&#x017F;chen Kun&#x017F;t, und ihrer Ausarbeitung,<lb/>
welche Hi&#x017F;tori&#x017F;ch i&#x017F;t, das i&#x017F;t, die Werke werden nach ihrer Be&#x017F;chaffenheit<lb/>
und den Figuren be&#x017F;chrieben; die be&#x017F;ondere Unter&#x017F;uchung und Beurtheilung<lb/>
der&#x017F;elben aber in Ab&#x017F;icht der Kun&#x017F;t, geho&#x0364;ret zu dem folgenden zweyten<lb/>
Stu&#x0364;cke. Ich muß aber hier un&#x017F;ere mangelhafte Kenutniß beklagen, die<lb/>
&#x017F;ich nicht allezeit wagen kann, das Hetruri&#x017F;che von dem a&#x0364;lte&#x017F;ten Griechi&#x017F;chen zu<lb/>
unter&#x017F;cheiden. Denn auf der einen Seite machet uns die Aehnlichkeit der<lb/>
Hetruri&#x017F;chen Werke mit den Griechi&#x017F;chen, von welcher im er&#x017F;ten Capitel<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">M 2</fw><fw place="bottom" type="catch">gehan-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[91/0141] Von der Kunſt unter den Hetruriern. Ich wiederhole, wie ich mich vorher erklaͤret habe, daß ich keine Ge- ſchichte der Hetruriſchen Goͤtter geben will: die von ihren Kuͤnſtlern vor- geſtelleten Helden aber, finden ſich bis itzo in geringer Anzahl, und dieſelben ſind nicht von ihrem Volke, ſondern von den Griechen genommen. Die bekannten ſind fuͤnf von den ſieben Helden, welche vor Theben zogen; ferner Tydeus, einer unter denſelben, beſonders vorgeſtellet; Peleus, des Achilles Vater, und Achilles: dieſe Figuren haben ihre Namen in Hetru- riſcher Sprache beygeſetzet, und die Steine ſelbſt ſind im folgenden Satze beſchrieben. Dieſe Abbildung der Helden von einem andern Volke genom- men, giebt Anlaß zu muthmaßen, daß es ſich, in Abſicht der Heldengeſchich- te, mit den Griechen und Hetruriern verhalten habe, wie mit den Proven- zalen und Italienern. So wie in der Provenza in Frankreich die erſten Romane, oder Helden- und Liebes-Gedichte, in der mittlern Zeit gemacht wurden, aus welchen andere Voͤlker, auch ſelbſt die Italiener, die ihrigen zogen, eben ſo ſcheinen die Hetrurier dieſes Theil der Dichtkunſt nicht vor- zuͤglich geuͤbet zu haben; daher die Helden der Griechen vorzuͤglich vor den ihrigen, Vorwuͤrfe der Hetruriſchen Kuͤnſtler wurden. Ihre Goͤtter ha- ben ihre eigenen Hetruriſchen Namen, die Helden aber ihre Griechiſchen Namen behalten, welche nach ihrer Ausſprache dieſer Worte in etwas ge- aͤndert ſind. E. Der Helden auf Hetruri- ſchen Denk- maalen. Der dritte Satz dieſes erſten vorlaͤufigen Stuͤcks giebt eine Anzeige der vornehmſten Werke der Hetruriſchen Kunſt, und ihrer Ausarbeitung, welche Hiſtoriſch iſt, das iſt, die Werke werden nach ihrer Beſchaffenheit und den Figuren beſchrieben; die beſondere Unterſuchung und Beurtheilung derſelben aber in Abſicht der Kunſt, gehoͤret zu dem folgenden zweyten Stuͤcke. Ich muß aber hier unſere mangelhafte Kenutniß beklagen, die ſich nicht allezeit wagen kann, das Hetruriſche von dem aͤlteſten Griechiſchen zu unterſcheiden. Denn auf der einen Seite machet uns die Aehnlichkeit der Hetruriſchen Werke mit den Griechiſchen, von welcher im erſten Capitel gehan- III. Anzeige der vornehmſten Hetruriſchen Werke der Kunſt. M 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/winckelmann_kunstgeschichte01_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/winckelmann_kunstgeschichte01_1764/141
Zitationshilfe: Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 1. Dresden, 1764, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/winckelmann_kunstgeschichte01_1764/141>, abgerufen am 02.05.2024.