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Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 1. Dresden, 1764.

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I Theil. Viertes Capitel.
H.
Von den Be-
gräbnißurnen,
welche bey na-
he alle aus
spätern Zeiten
sind.

Die mehresten Begräbnißurnen sind aus dieser letzten Zeit der Kunst, und
also auch die mehresten erhobenen Arbeiten: denn diese sind von solchen vier-
eckigt länglichen Urnen abgesäget. Einige erhobene Werke, die besonders
gearbeitet sind, unterscheiden sich durch einen erhobenen Rand oder Vor-
sprung umher. Die mehresten Begräbnißurnen wurden voraus und auf
den Kauf gemacht, wie die Vorstellungen auf denselben zu glauben veran-
lassen, als welche mit der Person des Verstorbenen, oder mit der Inschrift,
nichts zu schaffen haben. Unter andern ist eine solche beschädigte Urne in
der Villa Albani; auf deren vordern Seite, in drey Felder getheilet, ist auf
dem zur Rechten Ulysses an den Mastbaum seines Schiffs gebunden vorge-
stellet, aus Furcht vor dem Gesange der Sirenen, von welchen die eine
die Leyer spielet, die andere die Flöte, und die dritte singet, und hält ein
gerolletes Blatt in der Hand. Sie haben Vögelfüße, wie gewöhnlich;
das besondere aber ist, daß sie alle drey einen Mantel umgeworfen haben.
Zur linken sitzen Philosophen in Unterredung. Auf dem mittlern Felde
ist folgende Inschrift, welche nicht im geringsten auf die Vorstellung zielet,
und ist noch nicht bekannt gemacht:

AThANAThoN MROPoN
OUDI; PhU; TOUD; BERA
ThEU; AIAKIDAI
MARTUR; II; LOGOU
AUKhO; oPhRONA· TUNBO;
MAI; LAGONI; uBERAN
KOUREN; TRUMONIOU; PAI
DO; AMUMON KhoN.
OIEN; OUK; ENIK; POLU
BIO. OUD. TI; OUPo
Kh. TAPhO; KhRETEN
ALLO; UPh ELIoI

Es
I Theil. Viertes Capitel.
H.
Von den Be-
graͤbnißurnen,
welche bey na-
he alle aus
ſpaͤtern Zeiten
ſind.

Die mehreſten Begraͤbnißurnen ſind aus dieſer letzten Zeit der Kunſt, und
alſo auch die mehreſten erhobenen Arbeiten: denn dieſe ſind von ſolchen vier-
eckigt laͤnglichen Urnen abgeſaͤget. Einige erhobene Werke, die beſonders
gearbeitet ſind, unterſcheiden ſich durch einen erhobenen Rand oder Vor-
ſprung umher. Die mehreſten Begraͤbnißurnen wurden voraus und auf
den Kauf gemacht, wie die Vorſtellungen auf denſelben zu glauben veran-
laſſen, als welche mit der Perſon des Verſtorbenen, oder mit der Inſchrift,
nichts zu ſchaffen haben. Unter andern iſt eine ſolche beſchaͤdigte Urne in
der Villa Albani; auf deren vordern Seite, in drey Felder getheilet, iſt auf
dem zur Rechten Ulyſſes an den Maſtbaum ſeines Schiffs gebunden vorge-
ſtellet, aus Furcht vor dem Geſange der Sirenen, von welchen die eine
die Leyer ſpielet, die andere die Floͤte, und die dritte ſinget, und haͤlt ein
gerolletes Blatt in der Hand. Sie haben Voͤgelfuͤße, wie gewoͤhnlich;
das beſondere aber iſt, daß ſie alle drey einen Mantel umgeworfen haben.
Zur linken ſitzen Philoſophen in Unterredung. Auf dem mittlern Felde
iſt folgende Inſchrift, welche nicht im geringſten auf die Vorſtellung zielet,
und iſt noch nicht bekannt gemacht:

ΑΘΑΝΑΘωΝ ΜϵΡΟΠωΝ
ΟϒΔϵΙϹ· ϵΦϒ· ΤΟϒΔϵ· ϹϵΒΗΡΑ
ΘΗϹϵϒϹ· ΑΙΑΚΙΔΑΙ
ΜΑΡΤϒΡϵϹ· ϵΙϹΙ· ΛΟΓΟϒ
ΑϒΧΩ· ϹωΦΡΟΝΑ· ΤϒΝΒΟϹ· ϵ
ΜΑΙϹ· ΛΑΓΟΝϵϹϹΙ· ϹυΒΗΡΑΝ
ΚΟϒΡΗΝ· ϹΤΡϒΜΟΝΙΟϒ· ΠΑΙ
ΔΟϹ· ΑΜϒΜΟΝ ϵΧωΝ.
ΟΙΗΝ· ΟϒΚ· ΗΝϵΙΚϵ· ΠΟΛϒϹ
ΒΙΟϹ. ΟϒΔϵ. ΤΙϹ· ΟϒΠω
ϵϹΧϵ. ΤΑΦΟϹ· ΧΡΗϹΤΗΝ
ΑΛΛΟϹ· ϒΦ ΗϵΛΙωΙ

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[244/0294] I Theil. Viertes Capitel. Die mehreſten Begraͤbnißurnen ſind aus dieſer letzten Zeit der Kunſt, und alſo auch die mehreſten erhobenen Arbeiten: denn dieſe ſind von ſolchen vier- eckigt laͤnglichen Urnen abgeſaͤget. Einige erhobene Werke, die beſonders gearbeitet ſind, unterſcheiden ſich durch einen erhobenen Rand oder Vor- ſprung umher. Die mehreſten Begraͤbnißurnen wurden voraus und auf den Kauf gemacht, wie die Vorſtellungen auf denſelben zu glauben veran- laſſen, als welche mit der Perſon des Verſtorbenen, oder mit der Inſchrift, nichts zu ſchaffen haben. Unter andern iſt eine ſolche beſchaͤdigte Urne in der Villa Albani; auf deren vordern Seite, in drey Felder getheilet, iſt auf dem zur Rechten Ulyſſes an den Maſtbaum ſeines Schiffs gebunden vorge- ſtellet, aus Furcht vor dem Geſange der Sirenen, von welchen die eine die Leyer ſpielet, die andere die Floͤte, und die dritte ſinget, und haͤlt ein gerolletes Blatt in der Hand. Sie haben Voͤgelfuͤße, wie gewoͤhnlich; das beſondere aber iſt, daß ſie alle drey einen Mantel umgeworfen haben. Zur linken ſitzen Philoſophen in Unterredung. Auf dem mittlern Felde iſt folgende Inſchrift, welche nicht im geringſten auf die Vorſtellung zielet, und iſt noch nicht bekannt gemacht: ΑΘΑΝΑΘωΝ ΜϵΡΟΠωΝ ΟϒΔϵΙϹ· ϵΦϒ· ΤΟϒΔϵ· ϹϵΒΗΡΑ ΘΗϹϵϒϹ· ΑΙΑΚΙΔΑΙ ΜΑΡΤϒΡϵϹ· ϵΙϹΙ· ΛΟΓΟϒ ΑϒΧΩ· ϹωΦΡΟΝΑ· ΤϒΝΒΟϹ· ϵ ΜΑΙϹ· ΛΑΓΟΝϵϹϹΙ· ϹυΒΗΡΑΝ ΚΟϒΡΗΝ· ϹΤΡϒΜΟΝΙΟϒ· ΠΑΙ ΔΟϹ· ΑΜϒΜΟΝ ϵΧωΝ. ΟΙΗΝ· ΟϒΚ· ΗΝϵΙΚϵ· ΠΟΛϒϹ ΒΙΟϹ. ΟϒΔϵ. ΤΙϹ· ΟϒΠω ϵϹΧϵ. ΤΑΦΟϹ· ΧΡΗϹΤΗΝ ΑΛΛΟϹ· ϒΦ ΗϵΛΙωΙ Es

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Zitationshilfe: Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 1. Dresden, 1764, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/winckelmann_kunstgeschichte01_1764/294>, abgerufen am 28.04.2024.