so können ihn nicht allein Kinder von die- ser Mühe befreyen und die gantze Nutzung überlassen; sondern im gemeinen Wesen kan auch dergleichen nicht ohne Grund durch bürgerliche Gesetze verordnet werden.
Wer Va- ter- und Mutter- lose War- sen ver- sorgen sol/ und wie sie sich zu be- zeigen.
§. 161.
Wenn Vater- und Mutter-lose Waisen gar keine eigene Mittel von ihren Eltern haben, davon sie könten die nöthi- gen Auferziehungs-Kosten haben: so müs- sen sie solches bey andern vermögenden An- verwandten, oder sonst guten Freunden und Wohlthätern suchen (§. 770 Mor.). Jn welchem Falle sie um so viel danckbah- rer seyn sollen, je grösser sie diese Wohl- that anzusehen haben, daß man sich ihrer im verlassenen Zustande annimmet. Da- her sie auch schuldig sind alle ihre Kräffte des Leibes und des Gemüthes, so bald sich einiger Gebrauch desselben äussert, dahin anzuwenden, wie sie durch gefällige Dien- ste ihr danckbahres Gemüthe an den Tag legen (§. 834 Mor.) und dadurch die Begier- de ihnen wohlzuthun erhalten (§. 841 Mor.).
Das 4. Capitel, Von der Herrschafftlichen Gesellschafft.
§. 1.
Was die Herr- schafftli- che Ge-
DA ein Mensch, der sich nicht selbst er- halten kan, durch Arbeit seinen Un- terhalt suchen sol (§. 910 Mor.);
so
Das 3. Capitel Von der
ſo koͤnnen ihn nicht allein Kinder von die- ſer Muͤhe befreyen und die gantze Nutzung uͤberlaſſen; ſondern im gemeinen Weſen kan auch dergleichen nicht ohne Grund durch buͤrgerliche Geſetze verordnet werden.
Wer Va- ter- und Mutter- loſe War- ſen ver- ſorgen ſol/ und wie ſie ſich zu be- zeigen.
§. 161.
Wenn Vater- und Mutter-loſe Waiſen gar keine eigene Mittel von ihren Eltern haben, davon ſie koͤnten die noͤthi- gen Auferziehungs-Koſten haben: ſo muͤſ- ſen ſie ſolches bey andern vermoͤgenden An- verwandten, oder ſonſt guten Freunden und Wohlthaͤtern ſuchen (§. 770 Mor.). Jn welchem Falle ſie um ſo viel danckbah- rer ſeyn ſollen, je groͤſſer ſie dieſe Wohl- that anzuſehen haben, daß man ſich ihrer im verlaſſenen Zuſtande annimmet. Da- her ſie auch ſchuldig ſind alle ihre Kraͤffte des Leibes und des Gemuͤthes, ſo bald ſich einiger Gebrauch deſſelben aͤuſſert, dahin anzuwenden, wie ſie durch gefaͤllige Dien- ſte ihr danckbahres Gemuͤthe an den Tag legen (§. 834 Mor.) und dadurch die Begier- de ihnen wohlzuthun erhalten (§. 841 Mor.).
Das 4. Capitel, Von der Herrſchafftlichen Geſellſchafft.
§. 1.
Was die Herr- ſchafftli- che Ge-
DA ein Menſch, der ſich nicht ſelbſt er- halten kan, durch Arbeit ſeinen Un- terhalt ſuchen ſol (§. 910 Mor.);
ſo
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Das 3. Capitel Von der
ſo koͤnnen ihn nicht allein Kinder von die-
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uͤberlaſſen; ſondern im gemeinen Weſen
kan auch dergleichen nicht ohne Grund
durch buͤrgerliche Geſetze verordnet werden.
§. 161.Wenn Vater- und Mutter-loſe
Waiſen gar keine eigene Mittel von ihren
Eltern haben, davon ſie koͤnten die noͤthi-
gen Auferziehungs-Koſten haben: ſo muͤſ-
ſen ſie ſolches bey andern vermoͤgenden An-
verwandten, oder ſonſt guten Freunden
und Wohlthaͤtern ſuchen (§. 770 Mor.).
Jn welchem Falle ſie um ſo viel danckbah-
rer ſeyn ſollen, je groͤſſer ſie dieſe Wohl-
that anzuſehen haben, daß man ſich ihrer
im verlaſſenen Zuſtande annimmet. Da-
her ſie auch ſchuldig ſind alle ihre Kraͤffte
des Leibes und des Gemuͤthes, ſo bald ſich
einiger Gebrauch deſſelben aͤuſſert, dahin
anzuwenden, wie ſie durch gefaͤllige Dien-
ſte ihr danckbahres Gemuͤthe an den Tag
legen (§. 834 Mor.) und dadurch die Begier-
de ihnen wohlzuthun erhalten (§. 841 Mor.).
Das 4. Capitel,
Von der Herrſchafftlichen
Geſellſchafft.
§. 1.
DA ein Menſch, der ſich nicht ſelbſt er-
halten kan, durch Arbeit ſeinen Un-
terhalt ſuchen ſol (§. 910 Mor.);
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/130>, abgerufen am 15.05.2024.
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