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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.

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Das 3. Capitel Von der
so können ihn nicht allein Kinder von die-
ser Mühe befreyen und die gantze Nutzung
überlassen; sondern im gemeinen Wesen
kan auch dergleichen nicht ohne Grund
durch bürgerliche Gesetze verordnet werden.

Wer Va-
ter- und
Mutter-
lose War-
sen ver-
sorgen
sol/ und
wie sie
sich zu be-
zeigen.
§. 161.

Wenn Vater- und Mutter-lose
Waisen gar keine eigene Mittel von ihren
Eltern haben, davon sie könten die nöthi-
gen Auferziehungs-Kosten haben: so müs-
sen sie solches bey andern vermögenden An-
verwandten, oder sonst guten Freunden
und Wohlthätern suchen (§. 770 Mor.).
Jn welchem Falle sie um so viel danckbah-
rer seyn sollen, je grösser sie diese Wohl-
that anzusehen haben, daß man sich ihrer
im verlassenen Zustande annimmet. Da-
her sie auch schuldig sind alle ihre Kräffte
des Leibes und des Gemüthes, so bald sich
einiger Gebrauch desselben äussert, dahin
anzuwenden, wie sie durch gefällige Dien-
ste ihr danckbahres Gemüthe an den Tag
legen (§. 834 Mor.) und dadurch die Begier-
de ihnen wohlzuthun erhalten (§. 841 Mor.).

Das 4. Capitel,
Von der Herrschafftlichen
Gesellschafft.
§. 1.
Was die
Herr-
schafftli-
che Ge-

DA ein Mensch, der sich nicht selbst er-
halten kan, durch Arbeit seinen Un-
terhalt suchen sol (§. 910 Mor.);

so

Das 3. Capitel Von der
ſo koͤnnen ihn nicht allein Kinder von die-
ſer Muͤhe befreyen und die gantze Nutzung
uͤberlaſſen; ſondern im gemeinen Weſen
kan auch dergleichen nicht ohne Grund
durch buͤrgerliche Geſetze verordnet werden.

Wer Va-
ter- und
Mutter-
loſe War-
ſen ver-
ſorgen
ſol/ und
wie ſie
ſich zu be-
zeigen.
§. 161.

Wenn Vater- und Mutter-loſe
Waiſen gar keine eigene Mittel von ihren
Eltern haben, davon ſie koͤnten die noͤthi-
gen Auferziehungs-Koſten haben: ſo muͤſ-
ſen ſie ſolches bey andern vermoͤgenden An-
verwandten, oder ſonſt guten Freunden
und Wohlthaͤtern ſuchen (§. 770 Mor.).
Jn welchem Falle ſie um ſo viel danckbah-
rer ſeyn ſollen, je groͤſſer ſie dieſe Wohl-
that anzuſehen haben, daß man ſich ihrer
im verlaſſenen Zuſtande annimmet. Da-
her ſie auch ſchuldig ſind alle ihre Kraͤffte
des Leibes und des Gemuͤthes, ſo bald ſich
einiger Gebrauch deſſelben aͤuſſert, dahin
anzuwenden, wie ſie durch gefaͤllige Dien-
ſte ihr danckbahres Gemuͤthe an den Tag
legen (§. 834 Mor.) und dadurch die Begier-
de ihnen wohlzuthun erhalten (§. 841 Mor.).

Das 4. Capitel,
Von der Herrſchafftlichen
Geſellſchafft.
§. 1.
Was die
Herr-
ſchafftli-
che Ge-

DA ein Menſch, der ſich nicht ſelbſt er-
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terhalt ſuchen ſol (§. 910 Mor.);

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[112/0130] Das 3. Capitel Von der ſo koͤnnen ihn nicht allein Kinder von die- ſer Muͤhe befreyen und die gantze Nutzung uͤberlaſſen; ſondern im gemeinen Weſen kan auch dergleichen nicht ohne Grund durch buͤrgerliche Geſetze verordnet werden. §. 161.Wenn Vater- und Mutter-loſe Waiſen gar keine eigene Mittel von ihren Eltern haben, davon ſie koͤnten die noͤthi- gen Auferziehungs-Koſten haben: ſo muͤſ- ſen ſie ſolches bey andern vermoͤgenden An- verwandten, oder ſonſt guten Freunden und Wohlthaͤtern ſuchen (§. 770 Mor.). Jn welchem Falle ſie um ſo viel danckbah- rer ſeyn ſollen, je groͤſſer ſie dieſe Wohl- that anzuſehen haben, daß man ſich ihrer im verlaſſenen Zuſtande annimmet. Da- her ſie auch ſchuldig ſind alle ihre Kraͤffte des Leibes und des Gemuͤthes, ſo bald ſich einiger Gebrauch deſſelben aͤuſſert, dahin anzuwenden, wie ſie durch gefaͤllige Dien- ſte ihr danckbahres Gemuͤthe an den Tag legen (§. 834 Mor.) und dadurch die Begier- de ihnen wohlzuthun erhalten (§. 841 Mor.). Das 4. Capitel, Von der Herrſchafftlichen Geſellſchafft. §. 1. DA ein Menſch, der ſich nicht ſelbſt er- halten kan, durch Arbeit ſeinen Un- terhalt ſuchen ſol (§. 910 Mor.); ſo

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/130>, abgerufen am 15.05.2024.