dienste gehörige Handlungen zu sehen, sin- temahl die Gebäude so auf zu führen sind, daß man alle Verrichtungen, die man dar- innen vorzunehmen hat, ohne Hinderung und Verdruß bewerckstelligen kan (§. 7. 17. Arehit. civil.). Es sind solcher gestalt die Kirchen Gebäude, die zum öffentlichen Gottesdienste aufgeführet werden. Ehe demnach gezeiget werden kan, wie die Kir- chen sollen erbauet werden; muß man die Beschaffenheit des Gottesdienstes vor al- len Dingen verstehen. Und demnach müs- sen die Regeln des Kirchen-Baues theils aus der allgemeinen Bau-Kunst, theils aus der Beschaffenheit des Gottesdienstes, genommen werden. Folgends ist kein Bau- meister in dem Stande von einer Kirche vernünfftig zu urtheilen, viel weniger vor sich sie mit Verstande anzugeben, als der die Art des Gottesdienstes völlig verstehet, der darinnen verrichtet wird.
Warum die Kir- chen prachtig sollen er- bauet und aus- gezieret werden.
§. 323.
Diejenigen Gebäude, welche man im gemeinen Wesen zum gemeinen Gebrauch zu erbauen pfleget, werden öf- fentliche Gebäude genennet. Derowe- gen da die Kirchen zum öffentlichen Got- tesdienste (§. 322) und also zum gemeinen Gebrauche erbauet werden; so gehören auch sie unter die öffentliche Gebäude. Weil nun der Wohlstand erfordert (wie nach diesem umbständlicher soll erwiesen
wer-
Cap. 3. Von der Einrichtung
dienſte gehoͤrige Handlungen zu ſehen, ſin- temahl die Gebaͤude ſo auf zu fuͤhren ſind, daß man alle Verrichtungen, die man dar- innen vorzunehmen hat, ohne Hinderung und Verdruß bewerckſtelligen kan (§. 7. 17. Arehit. civil.). Es ſind ſolcher geſtalt die Kirchen Gebaͤude, die zum oͤffentlichen Gottesdienſte aufgefuͤhret werden. Ehe demnach gezeiget werden kan, wie die Kir- chen ſollen erbauet werden; muß man die Beſchaffenheit des Gottesdienſtes vor al- len Dingen verſtehen. Und demnach muͤſ- ſen die Regeln des Kirchen-Baues theils aus der allgemeinen Bau-Kunſt, theils aus der Beſchaffenheit des Gottesdienſtes, genommen werden. Folgends iſt kein Bau- meiſter in dem Stande von einer Kirche vernuͤnfftig zu urtheilen, viel weniger vor ſich ſie mit Verſtande anzugeben, als der die Art des Gottesdienſtes voͤllig verſtehet, der darinnen verrichtet wird.
Warum die Kir- chen prachtig ſollen er- bauet und aus- gezieret werden.
§. 323.
Diejenigen Gebaͤude, welche man im gemeinen Weſen zum gemeinen Gebrauch zu erbauen pfleget, werden oͤf- fentliche Gebaͤude genennet. Derowe- gen da die Kirchen zum oͤffentlichen Got- tesdienſte (§. 322) und alſo zum gemeinen Gebrauche erbauet werden; ſo gehoͤren auch ſie unter die oͤffentliche Gebaͤude. Weil nun der Wohlſtand erfordert (wie nach dieſem umbſtaͤndlicher ſoll erwieſen
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Cap. 3. Von der Einrichtung
dienſte gehoͤrige Handlungen zu ſehen, ſin-
temahl die Gebaͤude ſo auf zu fuͤhren ſind,
daß man alle Verrichtungen, die man dar-
innen vorzunehmen hat, ohne Hinderung
und Verdruß bewerckſtelligen kan (§. 7. 17.
Arehit. civil.). Es ſind ſolcher geſtalt die
Kirchen Gebaͤude, die zum oͤffentlichen
Gottesdienſte aufgefuͤhret werden. Ehe
demnach gezeiget werden kan, wie die Kir-
chen ſollen erbauet werden; muß man die
Beſchaffenheit des Gottesdienſtes vor al-
len Dingen verſtehen. Und demnach muͤſ-
ſen die Regeln des Kirchen-Baues theils
aus der allgemeinen Bau-Kunſt, theils
aus der Beſchaffenheit des Gottesdienſtes,
genommen werden. Folgends iſt kein Bau-
meiſter in dem Stande von einer Kirche
vernuͤnfftig zu urtheilen, viel weniger vor
ſich ſie mit Verſtande anzugeben, als der
die Art des Gottesdienſtes voͤllig verſtehet,
der darinnen verrichtet wird.
§. 323.Diejenigen Gebaͤude, welche
man im gemeinen Weſen zum gemeinen
Gebrauch zu erbauen pfleget, werden oͤf-
fentliche Gebaͤude genennet. Derowe-
gen da die Kirchen zum oͤffentlichen Got-
tesdienſte (§. 322) und alſo zum gemeinen
Gebrauche erbauet werden; ſo gehoͤren
auch ſie unter die oͤffentliche Gebaͤude.
Weil nun der Wohlſtand erfordert (wie
nach dieſem umbſtaͤndlicher ſoll erwieſen
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/280>, abgerufen am 15.06.2024.
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