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Wolff, Caspar Friedrich: Theorie von der Generation. Berlin, 1764.

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Widerlegung der Einwürfe
nung, wie die Theile untereinander zusammenge-
setzt sind, so daß ein jeder Theil zugleich mit einem
andern, als er vorhin zusammengesetzt war, zu-
sammen kommt, so hängen alle diese Theile nicht
wieder zusammen; da sie beym flüßigen Körper
eben so gut wieder zusammhängen als vorhin.
Und hierin besteht das Wesen eines organischen
Körpers. Soll dieser also flüßig seyn so ist er zu-
gleich nicht organisch.

Dieser Beweis aber beruhet nicht, wie man
wohl dergleichen Beweise zu machen pflegt, auf
eine willkührliche Definition. Herr Bonnet mag
meine Definition von einem flüßigen Körper läug-
nen; er mag die ersten Anfänge der Körper solide,
oder auch hart nennen, und alsdann unter solide
oder hart dieses oder jenes verstehen; so halte ich
mich bloß an der Erfahrung; diese lehrt, daß je-
ne Anfänge sich, wie klebrigte Säfte thun, in
Faden ziehen lassen. Hieraus schließe ich, und
man könnte dieses geometrisch daraus beweisen, wie
ein jeder, der in der Physick nicht fremde ist, ohne
mein Erinnern leicht einsieht, daß ein jeder Theil
dieser Anfänge von demjenigen, mit welchen er
bishero zusammengesetzt war, sich trennen, und mit
jedem anderen, der zuerst an ihm gebracht wird,
sich eben so gut wiederum zusammensetzen läst, und
mit demselben eben so gut wiederum zusammen-
hängt, als er mit dem vorigen Theil zusammenhing.
Das heist nun aber schon nicht mehr organisch
seyn.

Jch

Widerlegung der Einwuͤrfe
nung, wie die Theile untereinander zuſammenge-
ſetzt ſind, ſo daß ein jeder Theil zugleich mit einem
andern, als er vorhin zuſammengeſetzt war, zu-
ſammen kommt, ſo haͤngen alle dieſe Theile nicht
wieder zuſammen; da ſie beym fluͤßigen Koͤrper
eben ſo gut wieder zuſammhaͤngen als vorhin.
Und hierin beſteht das Weſen eines organiſchen
Koͤrpers. Soll dieſer alſo fluͤßig ſeyn ſo iſt er zu-
gleich nicht organiſch.

Dieſer Beweis aber beruhet nicht, wie man
wohl dergleichen Beweiſe zu machen pflegt, auf
eine willkuͤhrliche Definition. Herr Bonnet mag
meine Definition von einem fluͤßigen Koͤrper laͤug-
nen; er mag die erſten Anfaͤnge der Koͤrper ſolide,
oder auch hart nennen, und alsdann unter ſolide
oder hart dieſes oder jenes verſtehen; ſo halte ich
mich bloß an der Erfahrung; dieſe lehrt, daß je-
ne Anfaͤnge ſich, wie klebrigte Saͤfte thun, in
Faden ziehen laſſen. Hieraus ſchließe ich, und
man koͤnnte dieſes geometriſch daraus beweiſen, wie
ein jeder, der in der Phyſick nicht fremde iſt, ohne
mein Erinnern leicht einſieht, daß ein jeder Theil
dieſer Anfaͤnge von demjenigen, mit welchen er
bishero zuſammengeſetzt war, ſich trennen, und mit
jedem anderen, der zuerſt an ihm gebracht wird,
ſich eben ſo gut wiederum zuſammenſetzen laͤſt, und
mit demſelben eben ſo gut wiederum zuſammen-
haͤngt, als er mit dem vorigen Theil zuſammenhing.
Das heiſt nun aber ſchon nicht mehr organiſch
ſeyn.

Jch
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[134/0156] Widerlegung der Einwuͤrfe nung, wie die Theile untereinander zuſammenge- ſetzt ſind, ſo daß ein jeder Theil zugleich mit einem andern, als er vorhin zuſammengeſetzt war, zu- ſammen kommt, ſo haͤngen alle dieſe Theile nicht wieder zuſammen; da ſie beym fluͤßigen Koͤrper eben ſo gut wieder zuſammhaͤngen als vorhin. Und hierin beſteht das Weſen eines organiſchen Koͤrpers. Soll dieſer alſo fluͤßig ſeyn ſo iſt er zu- gleich nicht organiſch. Dieſer Beweis aber beruhet nicht, wie man wohl dergleichen Beweiſe zu machen pflegt, auf eine willkuͤhrliche Definition. Herr Bonnet mag meine Definition von einem fluͤßigen Koͤrper laͤug- nen; er mag die erſten Anfaͤnge der Koͤrper ſolide, oder auch hart nennen, und alsdann unter ſolide oder hart dieſes oder jenes verſtehen; ſo halte ich mich bloß an der Erfahrung; dieſe lehrt, daß je- ne Anfaͤnge ſich, wie klebrigte Saͤfte thun, in Faden ziehen laſſen. Hieraus ſchließe ich, und man koͤnnte dieſes geometriſch daraus beweiſen, wie ein jeder, der in der Phyſick nicht fremde iſt, ohne mein Erinnern leicht einſieht, daß ein jeder Theil dieſer Anfaͤnge von demjenigen, mit welchen er bishero zuſammengeſetzt war, ſich trennen, und mit jedem anderen, der zuerſt an ihm gebracht wird, ſich eben ſo gut wiederum zuſammenſetzen laͤſt, und mit demſelben eben ſo gut wiederum zuſammen- haͤngt, als er mit dem vorigen Theil zuſammenhing. Das heiſt nun aber ſchon nicht mehr organiſch ſeyn. Jch

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Zitationshilfe: Wolff, Caspar Friedrich: Theorie von der Generation. Berlin, 1764, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_theorie_1764/156>, abgerufen am 27.04.2024.