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Wülfer, Daniel: Das vertheidigte Gottes-geschick/ und vernichtete Heyden-Glück. Nürnberg, 1656.

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Das Neunte Capitel.
lerley verblümten Reden verdunkelt haben/
daß sie nur nit gemein werden möchten/ wie
man von den Egyptern/ und den alten Weisen
Pythagora, und seinen discipuln weiß. Diese
alle haben darum solche Wissenschaften nit
für umsonst gehalten/ wans gleich niemand
mehr gewußt und gelernet hätte; ja wann sie
noch vielfaltig damit verhönet und verlacht
worden sind/ zugeschweigen deß obgedachten.

Ein anderer aber/ möcht man noch
einmal sagen/ ist nicht halb so gut von
Adel/ nicht halb so gelehrt/ nicht halb
so fromm als der/ und hat doch überal
bässers Ansehen und grössere Würde.

Antwort: Was das Geschlecht und Ver-
stand betrifft/ mag es wol seyn/ daß einer/ der
nicht halb so edel/ nicht halb so gelehrt ist/ ge-
achter sey/ als ein alter Edelmann/ ein
Grundgelehrter. Das ist aber dagegen wi-
der zu besinnen/ daß das nicht so wol der
Adel ist/ den man von Eltern ererbt: als
der durch Tugend und Dapferkeit erwor-
ben oder exhalten wird. Es findet sich aber
tausentmal das Wiederspiel/ daß einer von
altem Adel/ auch alter Untugend voll sey/

und

Das Neunte Capitel.
lerley verbluͤmten Reden verdunkelt haben/
daß ſie nur nit gemein werden moͤchten/ wie
man von den Egyptern/ uñ dẽ alten Weiſen
Pythagora, uñ ſeinen diſcipuln weiß. Dieſe
alle haben darum ſolche Wiſſenſchaften nit
fuͤr umſonſt gehalten/ wans gleich niemand
mehr gewußt und gelernet haͤtte; ja wañ ſie
noch vielfaltig damit verhoͤnet und verlacht
worden ſind/ zugeſchweigen deß obgedachtẽ.

Ein anderer aber/ moͤcht man noch
einmal ſagen/ iſt nicht halb ſo gut von
Adel/ nicht halb ſo gelehrt/ nicht halb
ſo from̃ als der/ und hat doch überal
baͤſſers Anſehen und groͤſſere Wuͤrde.

Antwort: Was das Geſchlecht und Ver-
ſtand betrifft/ mag es wol ſeyn/ daß einer/ der
nicht halb ſo edel/ nicht halb ſo gelehrt iſt/ ge-
achter ſey/ als ein alter Edelmann/ ein
Grundgelehrter. Das iſt aber dagegen wi-
der zu beſinnen/ daß das nicht ſo wol der
Adel iſt/ den man von Eltern ererbt: als
der durch Tugend und Dapferkeit erwor-
ben oder exhalten wird. Es findet ſich aber
tauſentmal das Wiederſpiel/ daß einer von
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[281/0355] Das Neunte Capitel. lerley verbluͤmten Reden verdunkelt haben/ daß ſie nur nit gemein werden moͤchten/ wie man von den Egyptern/ uñ dẽ alten Weiſen Pythagora, uñ ſeinen diſcipuln weiß. Dieſe alle haben darum ſolche Wiſſenſchaften nit fuͤr umſonſt gehalten/ wans gleich niemand mehr gewußt und gelernet haͤtte; ja wañ ſie noch vielfaltig damit verhoͤnet und verlacht worden ſind/ zugeſchweigen deß obgedachtẽ. Ein anderer aber/ moͤcht man noch einmal ſagen/ iſt nicht halb ſo gut von Adel/ nicht halb ſo gelehrt/ nicht halb ſo from̃ als der/ und hat doch überal baͤſſers Anſehen und groͤſſere Wuͤrde. Antwort: Was das Geſchlecht und Ver- ſtand betrifft/ mag es wol ſeyn/ daß einer/ der nicht halb ſo edel/ nicht halb ſo gelehrt iſt/ ge- achter ſey/ als ein alter Edelmann/ ein Grundgelehrter. Das iſt aber dagegen wi- der zu beſinnen/ daß das nicht ſo wol der Adel iſt/ den man von Eltern ererbt: als der durch Tugend und Dapferkeit erwor- ben oder exhalten wird. Es findet ſich aber tauſentmal das Wiederſpiel/ daß einer von altem Adel/ auch alter Untugend voll ſey/ und

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Zitationshilfe: Wülfer, Daniel: Das vertheidigte Gottes-geschick/ und vernichtete Heyden-Glück. Nürnberg, 1656, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wuelffer_gottesgeschick_1656/355>, abgerufen am 28.04.2024.