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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.

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Ausdehnung durch die Wärme.
muss desshalb noch die Angaben eines jeden einzelnen Quecksilberthermometers mit
denjenigen des Luftthermometers vergleichen. Bei dem letzteren kann dagegen die
Ausdehnung des die Luft enthaltenden Glasgefässes unter allen Umständen vernach-
lässigt werden, weil sie gegen die beträchtliche Ausdehnung der Luft durch die Wärme
vollständig verschwindet.

Die Ausdehnung der Körper durch die Wärme muss bei genaue-246
Berücksichti-
gung der Tem-
peratur bei
Messungen.

ren physikalischen Messungen stets berücksichtigt werden. Keine Län-
genmessung durch einen Maassstab ist vollkommen genau, wenn sie
nicht bei derselben Temperatur vorgenommen wird, bei welcher der
Maassstab verfertigt wurde. Ist die Temperatur höher, so fällt die
gemessene Länge zu klein, ist sie niedriger, so fällt dieselbe zu gross
aus. Da die Ausdehnung der festen Körper durch die Wärme nur
gering ist, so können in den meisten Fällen diese Abweichungen ver-
nachlässigt werden. Wo es sich dagegen um die genaue Messung
grösserer Längen handelt, wird eine Correction derselben mit Hülfe
des bekannten Ausdehnungscoefficienten des Maassstabes erforderlich.
Bedeutender ist der Einfluss der Ausdehnung durch die Wärme auf
die Bewegung der Uhren. Der Gang einer Pendeluhr muss langsamer
werden, wenn das Pendel durch die Wärme länger wird. Bei feineren
Uhren wendet man zur Ausgleichung dieses Fehlers Compensations-
pendel an, welche so aus Eisen- und Messingstäben zusammengesetzt
sind, dass die Linse des Pendels durch die Ausdehnung des einen
Metalls um ebenso viel gehoben wird, als sie durch die Ausdehnung
des andern sich senkt.

Eine sorgfältige Berücksichtigung erfordert die Temperatur bei247
Berücksichti-
gung der Tem-
peratur bei
Wägungen.

Wägungen und specifischen Gewichtsbestimmungen. Wir haben in
§. 94 erwähnt, dass bei genauen Wägungen stets das Gewicht der von
den abzuwägenden Körpern und von den zur Abwägung dienenden Ge-
wichten verdrängten Luft mit in Rechnung gezogen werden müsse.
Um dies auszuführen, muss man aber nicht bloss den Barometerstand
sondern auch die Temperatur berücksichtigen, da mit der Erhöhung
der Temperatur einerseits die Dichtigkeit der verdrängten Luft ab-
nimmt und andererseits das Volum der bei der Abwägung in Rück-
sicht kommenden festen Körper zunimmt. Hieraus ergeben sich un-
mittelbar die einzelnen Correctionen, die bei einer genauen Wägung
vorzunehmen sind.

Es sei P das Gewicht im luftleeren Raum, also das wahre Ge-
wicht des Körpers, P' sei dasjenige Gewicht, das man bei der Abwä-
gung im lufterfüllten Raume vorfindet, so ist P' = P -- p, wenn man
mit p das Gewicht einer dem Körper an Volum gleichen Luftmenge
bezeichnet. Um p zu finden, muss man zunächst das Volum, das der
Körper bei der vorhandenen Temperatur von t° einnimmt, bestimmen.

Ausdehnung durch die Wärme.
muss desshalb noch die Angaben eines jeden einzelnen Quecksilberthermometers mit
denjenigen des Luftthermometers vergleichen. Bei dem letzteren kann dagegen die
Ausdehnung des die Luft enthaltenden Glasgefässes unter allen Umständen vernach-
lässigt werden, weil sie gegen die beträchtliche Ausdehnung der Luft durch die Wärme
vollständig verschwindet.

Die Ausdehnung der Körper durch die Wärme muss bei genaue-246
Berücksichti-
gung der Tem-
peratur bei
Messungen.

ren physikalischen Messungen stets berücksichtigt werden. Keine Län-
genmessung durch einen Maassstab ist vollkommen genau, wenn sie
nicht bei derselben Temperatur vorgenommen wird, bei welcher der
Maassstab verfertigt wurde. Ist die Temperatur höher, so fällt die
gemessene Länge zu klein, ist sie niedriger, so fällt dieselbe zu gross
aus. Da die Ausdehnung der festen Körper durch die Wärme nur
gering ist, so können in den meisten Fällen diese Abweichungen ver-
nachlässigt werden. Wo es sich dagegen um die genaue Messung
grösserer Längen handelt, wird eine Correction derselben mit Hülfe
des bekannten Ausdehnungscoëfficienten des Maassstabes erforderlich.
Bedeutender ist der Einfluss der Ausdehnung durch die Wärme auf
die Bewegung der Uhren. Der Gang einer Pendeluhr muss langsamer
werden, wenn das Pendel durch die Wärme länger wird. Bei feineren
Uhren wendet man zur Ausgleichung dieses Fehlers Compensations-
pendel an, welche so aus Eisen- und Messingstäben zusammengesetzt
sind, dass die Linse des Pendels durch die Ausdehnung des einen
Metalls um ebenso viel gehoben wird, als sie durch die Ausdehnung
des andern sich senkt.

Eine sorgfältige Berücksichtigung erfordert die Temperatur bei247
Berücksichti-
gung der Tem-
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Wägungen.

Wägungen und specifischen Gewichtsbestimmungen. Wir haben in
§. 94 erwähnt, dass bei genauen Wägungen stets das Gewicht der von
den abzuwägenden Körpern und von den zur Abwägung dienenden Ge-
wichten verdrängten Luft mit in Rechnung gezogen werden müsse.
Um dies auszuführen, muss man aber nicht bloss den Barometerstand
sondern auch die Temperatur berücksichtigen, da mit der Erhöhung
der Temperatur einerseits die Dichtigkeit der verdrängten Luft ab-
nimmt und andererseits das Volum der bei der Abwägung in Rück-
sicht kommenden festen Körper zunimmt. Hieraus ergeben sich un-
mittelbar die einzelnen Correctionen, die bei einer genauen Wägung
vorzunehmen sind.

Es sei P das Gewicht im luftleeren Raum, also das wahre Ge-
wicht des Körpers, P' sei dasjenige Gewicht, das man bei der Abwä-
gung im lufterfüllten Raume vorfindet, so ist P' = P — p, wenn man
mit p das Gewicht einer dem Körper an Volum gleichen Luftmenge
bezeichnet. Um p zu finden, muss man zunächst das Volum, das der
Körper bei der vorhandenen Temperatur von t° einnimmt, bestimmen.

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[375/0397] Ausdehnung durch die Wärme. muss desshalb noch die Angaben eines jeden einzelnen Quecksilberthermometers mit denjenigen des Luftthermometers vergleichen. Bei dem letzteren kann dagegen die Ausdehnung des die Luft enthaltenden Glasgefässes unter allen Umständen vernach- lässigt werden, weil sie gegen die beträchtliche Ausdehnung der Luft durch die Wärme vollständig verschwindet. Die Ausdehnung der Körper durch die Wärme muss bei genaue- ren physikalischen Messungen stets berücksichtigt werden. Keine Län- genmessung durch einen Maassstab ist vollkommen genau, wenn sie nicht bei derselben Temperatur vorgenommen wird, bei welcher der Maassstab verfertigt wurde. Ist die Temperatur höher, so fällt die gemessene Länge zu klein, ist sie niedriger, so fällt dieselbe zu gross aus. Da die Ausdehnung der festen Körper durch die Wärme nur gering ist, so können in den meisten Fällen diese Abweichungen ver- nachlässigt werden. Wo es sich dagegen um die genaue Messung grösserer Längen handelt, wird eine Correction derselben mit Hülfe des bekannten Ausdehnungscoëfficienten des Maassstabes erforderlich. Bedeutender ist der Einfluss der Ausdehnung durch die Wärme auf die Bewegung der Uhren. Der Gang einer Pendeluhr muss langsamer werden, wenn das Pendel durch die Wärme länger wird. Bei feineren Uhren wendet man zur Ausgleichung dieses Fehlers Compensations- pendel an, welche so aus Eisen- und Messingstäben zusammengesetzt sind, dass die Linse des Pendels durch die Ausdehnung des einen Metalls um ebenso viel gehoben wird, als sie durch die Ausdehnung des andern sich senkt. 246 Berücksichti- gung der Tem- peratur bei Messungen. Eine sorgfältige Berücksichtigung erfordert die Temperatur bei Wägungen und specifischen Gewichtsbestimmungen. Wir haben in §. 94 erwähnt, dass bei genauen Wägungen stets das Gewicht der von den abzuwägenden Körpern und von den zur Abwägung dienenden Ge- wichten verdrängten Luft mit in Rechnung gezogen werden müsse. Um dies auszuführen, muss man aber nicht bloss den Barometerstand sondern auch die Temperatur berücksichtigen, da mit der Erhöhung der Temperatur einerseits die Dichtigkeit der verdrängten Luft ab- nimmt und andererseits das Volum der bei der Abwägung in Rück- sicht kommenden festen Körper zunimmt. Hieraus ergeben sich un- mittelbar die einzelnen Correctionen, die bei einer genauen Wägung vorzunehmen sind. 247 Berücksichti- gung der Tem- peratur bei Wägungen. Es sei P das Gewicht im luftleeren Raum, also das wahre Ge- wicht des Körpers, P' sei dasjenige Gewicht, das man bei der Abwä- gung im lufterfüllten Raume vorfindet, so ist P' = P — p, wenn man mit p das Gewicht einer dem Körper an Volum gleichen Luftmenge bezeichnet. Um p zu finden, muss man zunächst das Volum, das der Körper bei der vorhandenen Temperatur von t° einnimmt, bestimmen.

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 375. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/397>, abgerufen am 16.06.2024.