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Zeiller, Martin: Centuria II. Variarvm Quæstionum. Bd. 2. Ulm, 1659.

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Die LXXXIII. Frag.
schön/ auch nicht zu häßlich/ nicht zu lang/ und
groß/ auch nicht zu kurtz/ und klein; nicht zu dick/
auch nicht zu mager sey/ in saubern Kleidern/ aber
allezeit ehrlich/ nicht zu viel auffgebutzt/ auch nicht
zu verächtlich/ &c. auff ziehen solle. Von den gar-
zuschönen pfleget man zu sagen/ daß sie selten gar
keusch seyen; und were die schön genug/ so ein schö-
nes Gemüt hätte: Gleichwol aber will man auch
nicht/ daß man eine gar häßliche nehmen solle/ weil
der Ehestand offtmals lang währet/ die Gestalt
aber abnimmet/ und die Häßlichkeit mit dem Al-
ter zunimmet; die Natur auch ab häßlichen Din-
gen ein Abscheuen hat; und ein ungestaltes An-
gesicht/ bisweilen/ eine Anzeigung böser Sitten
ist/ und selten ein schöne Seel/ in einem häßlichen
Leib/ wohnet. Und schliessen sie daher/ daß einer
nicht eine gar zu häßliche/ auch nicht gar zu schöne;
sondern eine/ mittelmässiger Gestalt/ heuraten sol-
le; damit bey ihme nicht wahr werde/ wie man im
Sprüchwort zu sagen pflege/ welcher ein weisses
Pferd/ und ein schönes Weib/ habe/ derselbe selten
ohne Schmertzen seye; und ein Anderer/ so gesagt/
daß ein schönes Weib ein süsses Gifft seye/ nicht
gelogen habe. Dann aus der Schönheitentstehen
die Versuchungen/ aus den Versuch- und Anrei-
tzungen/ Unehr/ und Schmach.

Ferners/ so pflegen arme Weiber gemeinlich
den Mangel; die reiche aber den Untergang/ mit
sich in des Manns Haus zu bringen. Daher/ solle

anders
B b

Die LXXXIII. Frag.
ſchoͤn/ auch nicht zu haͤßlich/ nicht zu lang/ und
groß/ auch nicht zu kurtz/ und klein; nicht zu dick/
auch nicht zu mager ſey/ in ſaubern Kleidern/ aber
allezeit ehrlich/ nicht zu viel auffgebutzt/ auch nicht
zu veraͤchtlich/ &c. auff ziehen ſolle. Von den gar-
zuſchoͤnen pfleget man zu ſagen/ daß ſie ſelten gar
keuſch ſeyen; und were die ſchoͤn genug/ ſo ein ſchoͤ-
nes Gemuͤt haͤtte: Gleichwol aber will man auch
nicht/ daß man eine gar haͤßliche nehmen ſolle/ weil
der Eheſtand offtmals lang waͤhret/ die Geſtalt
aber abnimmet/ und die Haͤßlichkeit mit dem Al-
ter zunimmet; die Natur auch ab haͤßlichen Din-
gen ein Abſcheuen hat; und ein ungeſtaltes An-
geſicht/ bisweilen/ eine Anzeigung boͤſer Sitten
iſt/ und ſelten ein ſchoͤne Seel/ in einem haͤßlichen
Leib/ wohnet. Und ſchlieſſen ſie daher/ daß einer
nicht eine gar zu haͤßliche/ auch nicht gar zu ſchoͤne;
ſondern eine/ mittelmaͤſſiger Geſtalt/ heuraten ſol-
le; damit bey ihme nicht wahr werde/ wie man im
Spruͤchwort zu ſagen pflege/ welcher ein weiſſes
Pferd/ und ein ſchoͤnes Weib/ habe/ derſelbe ſelten
ohne Schmertzen ſeye; und ein Anderer/ ſo geſagt/
daß ein ſchoͤnes Weib ein ſuͤſſes Gifft ſeye/ nicht
gelogen habe. Dann aus der Schoͤnheitentſtehen
die Verſuchungen/ aus den Verſuch- und Anrei-
tzungen/ Unehr/ und Schmach.

Ferners/ ſo pflegen arme Weiber gemeinlich
den Mangel; die reiche aber den Untergang/ mit
ſich in des Manns Haus zu bringen. Daher/ ſolle

anders
B b
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[385/0413] Die LXXXIII. Frag. ſchoͤn/ auch nicht zu haͤßlich/ nicht zu lang/ und groß/ auch nicht zu kurtz/ und klein; nicht zu dick/ auch nicht zu mager ſey/ in ſaubern Kleidern/ aber allezeit ehrlich/ nicht zu viel auffgebutzt/ auch nicht zu veraͤchtlich/ &c. auff ziehen ſolle. Von den gar- zuſchoͤnen pfleget man zu ſagen/ daß ſie ſelten gar keuſch ſeyen; und were die ſchoͤn genug/ ſo ein ſchoͤ- nes Gemuͤt haͤtte: Gleichwol aber will man auch nicht/ daß man eine gar haͤßliche nehmen ſolle/ weil der Eheſtand offtmals lang waͤhret/ die Geſtalt aber abnimmet/ und die Haͤßlichkeit mit dem Al- ter zunimmet; die Natur auch ab haͤßlichen Din- gen ein Abſcheuen hat; und ein ungeſtaltes An- geſicht/ bisweilen/ eine Anzeigung boͤſer Sitten iſt/ und ſelten ein ſchoͤne Seel/ in einem haͤßlichen Leib/ wohnet. Und ſchlieſſen ſie daher/ daß einer nicht eine gar zu haͤßliche/ auch nicht gar zu ſchoͤne; ſondern eine/ mittelmaͤſſiger Geſtalt/ heuraten ſol- le; damit bey ihme nicht wahr werde/ wie man im Spruͤchwort zu ſagen pflege/ welcher ein weiſſes Pferd/ und ein ſchoͤnes Weib/ habe/ derſelbe ſelten ohne Schmertzen ſeye; und ein Anderer/ ſo geſagt/ daß ein ſchoͤnes Weib ein ſuͤſſes Gifft ſeye/ nicht gelogen habe. Dann aus der Schoͤnheitentſtehen die Verſuchungen/ aus den Verſuch- und Anrei- tzungen/ Unehr/ und Schmach. Ferners/ ſo pflegen arme Weiber gemeinlich den Mangel; die reiche aber den Untergang/ mit ſich in des Manns Haus zu bringen. Daher/ ſolle anders B b

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Zitationshilfe: Zeiller, Martin: Centuria II. Variarvm Quæstionum. Bd. 2. Ulm, 1659, S. 385. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zeiller_centuria02_1659/413>, abgerufen am 28.04.2024.