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Zeiller, Martin: Centuria II. Variarvm Quæstionum. Bd. 2. Ulm, 1659.

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Die XVII. Frag.
rechnen seyen: sonderlich die besagte Gleichnüs-
sen/ so gantz weit von der eigentlichen Art der Lu-
gen sich befunden/ daß sie nichts anders seyn/ als
eine Vorstellung der Warheit/ unter der Deckin/
oder Uberzug der Gleichnüssen. Daraus auch
dieses kan geschlossen werden/ daß die jenigen der
Heiligen Thaten/ so man insgemein für diensthaff-
te Lugen hält/ eigentlich zu reden/ meistentheils nit
Lugen seyn; sondern vielmehr eine Verbergung
der Warheit/ wegen einer gerechten/ und ehrlichen
Ursach gebraucht; denen man aber nicht unbe-
dachtsam nachfolgen solle/ weilen auch die Heili-
gen ihre Fäll/ und Mängel gehabt haben. Daher
Augustinus von der Heb-Ammen That/ im 2.
Buch Mosis/ am 1. schreibet: Vivos conservare
natos opus fuit misericordiae: at pro vita sua men-
titas esse opus erat infirmitatis.
Wie weit aber sol-
che Verheelung/ oder Verbergung/ einem Christen
erlaubt seye/ das wird einem jeden sein Gewissen
zu erkennen geben/ welches uns in dieser Sach der
Sirach zu einer Lehrmeisterin/ und Vermahne-
rin/ vorstellet/ wann er sagt im 19. Cap. Offen-
bars nicht/ wo du es ohne böse Gewissen thun kanst.
Sihe Forster. problem. 5. decad. 3. probl. Theol. ex
Decalogo;
item Iob. Crügerum, in Horto Virtu-
tum, qu.
66. da er auch die Abtheilung der Lugen
in pernitiosum, jocosum, und officiosum, wie oben
stehet/ hat/ und darzusetzet/ primum damno, secun-
dum excuso, tertium laudo,
das ist/ die schädliche

Lug

Die XVII. Frag.
rechnen ſeyen: ſonderlich die beſagte Gleichnuͤſ-
ſen/ ſo gantz weit von der eigentlichen Art der Lu-
gen ſich befunden/ daß ſie nichts anders ſeyn/ als
eine Vorſtellung der Warheit/ unter der Deckin/
oder Uberzug der Gleichnuͤſſen. Daraus auch
dieſes kan geſchloſſen werden/ daß die jenigen der
Heiligen Thaten/ ſo man insgemein fuͤr dienſthaff-
te Lugen haͤlt/ eigentlich zu reden/ meiſtentheils nit
Lugen ſeyn; ſondern vielmehr eine Verbergung
der Warheit/ wegen einer gerechten/ und ehrlichen
Urſach gebraucht; denen man aber nicht unbe-
dachtſam nachfolgen ſolle/ weilen auch die Heili-
gen ihre Faͤll/ und Maͤngel gehabt haben. Daher
Auguſtinus von der Heb-Ammen That/ im 2.
Buch Moſis/ am 1. ſchreibet: Vivos conſervare
natos opus fuit miſericordiæ: at pro vita ſua men-
titas eſſe opus erat infirmitatis.
Wie weit aber ſol-
che Verheelung/ oder Verbergung/ einem Chriſten
erlaubt ſeye/ das wird einem jeden ſein Gewiſſen
zu erkennen geben/ welches uns in dieſer Sach der
Sirach zu einer Lehrmeiſterin/ und Vermahne-
rin/ vorſtellet/ wann er ſagt im 19. Cap. Offen-
bars nicht/ wo du es ohne boͤſe Gewiſſen thun kanſt.
Sihe Forſter. problem. 5. decad. 3. probl. Theol. ex
Decalogo;
item Iob. Crügerum, in Horto Virtu-
tum, qu.
66. da er auch die Abtheilung der Lugen
in pernitioſum, jocoſum, und officioſum, wie oben
ſtehet/ hat/ und darzuſetzet/ primum damno, ſecun-
dum excuſo, tertium laudo,
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Lug
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[68/0096] Die XVII. Frag. rechnen ſeyen: ſonderlich die beſagte Gleichnuͤſ- ſen/ ſo gantz weit von der eigentlichen Art der Lu- gen ſich befunden/ daß ſie nichts anders ſeyn/ als eine Vorſtellung der Warheit/ unter der Deckin/ oder Uberzug der Gleichnuͤſſen. Daraus auch dieſes kan geſchloſſen werden/ daß die jenigen der Heiligen Thaten/ ſo man insgemein fuͤr dienſthaff- te Lugen haͤlt/ eigentlich zu reden/ meiſtentheils nit Lugen ſeyn; ſondern vielmehr eine Verbergung der Warheit/ wegen einer gerechten/ und ehrlichen Urſach gebraucht; denen man aber nicht unbe- dachtſam nachfolgen ſolle/ weilen auch die Heili- gen ihre Faͤll/ und Maͤngel gehabt haben. Daher Auguſtinus von der Heb-Ammen That/ im 2. Buch Moſis/ am 1. ſchreibet: Vivos conſervare natos opus fuit miſericordiæ: at pro vita ſua men- titas eſſe opus erat infirmitatis. Wie weit aber ſol- che Verheelung/ oder Verbergung/ einem Chriſten erlaubt ſeye/ das wird einem jeden ſein Gewiſſen zu erkennen geben/ welches uns in dieſer Sach der Sirach zu einer Lehrmeiſterin/ und Vermahne- rin/ vorſtellet/ wann er ſagt im 19. Cap. Offen- bars nicht/ wo du es ohne boͤſe Gewiſſen thun kanſt. Sihe Forſter. problem. 5. decad. 3. probl. Theol. ex Decalogo; item Iob. Crügerum, in Horto Virtu- tum, qu. 66. da er auch die Abtheilung der Lugen in pernitioſum, jocoſum, und officioſum, wie oben ſtehet/ hat/ und darzuſetzet/ primum damno, ſecun- dum excuſo, tertium laudo, das iſt/ die ſchaͤdliche Lug

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Zitationshilfe: Zeiller, Martin: Centuria II. Variarvm Quæstionum. Bd. 2. Ulm, 1659, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zeiller_centuria02_1659/96>, abgerufen am 29.04.2024.