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Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

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siebendes Buch.

Wir haben schon in etwas berühret/ daß die abergleu-
bischen Egipter ihren Josef/ da er noch lebete/ göttlich
geehret: wiewohl in geheim und in der stille; weil er es
selbsten so ernstlich verbohten. Aber dieses Verbot schien/
nach seinem tode/ verjahret zu sein/ und nichts mehr zu
gälten. Ihre gemühter waren ihm dermaßen zuge-
tahn/ daß sie ihn nunmehr öffendlich gantz und gar vor
einen Gott aufwarfen. Sie baueten ihm zu ehren Gö-
tzenheuser; sonderlich zu Memfis. Ihm zu ehren rich-
teten sie Götzenbilder auf. Diese bähteten sie an. Hiervor
fielen sie nieder; und ehrten sie als Götter. Diesem neuen
Gotte musten alle die alten Abgötter weichen. Die ehre/
ja die nahmen die sie jenen gegeben/ eigneten sie nun die-
sem zu. Er ward der ansehnlichste/ der fürnehmste/ der
höchste unter allen. Damit auch der nahme Josef selb-
sten üm so viel herlicher und göttlicher schiene/ so verän-
derten sie ihn: sie setzten die buchstaben üm; sie verwech-
selten sie mit ihren verwanten/ und machten Apis dar-
aus. Eben dasselbe tähten sie auch mit dem Nahmen
Assenat: den sie so verzwikten und so verwandelten/ daß
sie nur desselben fürnehmsten grundbuchstaben s behiel-
ten/ und Isse/ darnach Isis daraus machten.

Josef hatte dem Reiche fürnähmlich dreierlei Guht-
tahten erwiesen. Erstlich hatte er den Königlichen zwei-
fachen Traum gedeutet: an dessen deutung dem gantzen
Stahte so sehr viel gelegen. Darnach hatte er einen so
heilsamen raht gegeben: und dan alle Egipter so weislich
und treulich versorget; indem er ihnen vorraht und le-
bensmittel verschaffet. Diese dreifache wohltaht abzu-
bilden schien kein füglichers sinbild zu sein/ als der Och-
se/
aus des Königes Traume; als auch die Kornahre/
aus eben demselben. Beides hatte ihnen Gott selbst
gleichsam vorgeschrieben. Und darüm eigneten sie jenes/
nähmlich den Ochsen/ dem Josef zu: und dieses/
nähmlich die Kornahren/ der Assenat/ mit dem nah-
men Isis. Unter andern war es auch kein wunder/ daß

bei-
Y iiij
ſiebendes Buch.

Wir haben ſchon in etwas beruͤhret/ daß die abergleu-
biſchen Egipter ihren Joſef/ da er noch lebete/ goͤttlich
geehret: wiewohl in geheim und in der ſtille; weil er es
ſelbſten ſo ernſtlich verbohten. Aber dieſes Verbot ſchien/
nach ſeinem tode/ verjahret zu ſein/ und nichts mehr zu
gaͤlten. Ihre gemuͤhter waren ihm dermaßen zuge-
tahn/ daß ſie ihn nunmehr oͤffendlich gantz und gar vor
einen Gott aufwarfen. Sie baueten ihm zu ehren Goͤ-
tzenheuſer; ſonderlich zu Memfis. Ihm zu ehren rich-
teten ſie Goͤtzenbilder auf. Dieſe baͤhteten ſie an. Hiervor
fielen ſie nieder; und ehrten ſie als Goͤtter. Dieſem neuen
Gotte muſten alle die alten Abgoͤtter weichen. Die ehre/
ja die nahmen die ſie jenen gegeben/ eigneten ſie nun die-
ſem zu. Er ward der anſehnlichſte/ der fuͤrnehmſte/ der
hoͤchſte unter allen. Damit auch der nahme Joſef ſelb-
ſten uͤm ſo viel herlicher und goͤttlicher ſchiene/ ſo veraͤn-
derten ſie ihn: ſie ſetzten die buchſtaben uͤm; ſie verwech-
ſelten ſie mit ihren verwanten/ und machten Apis dar-
aus. Eben daſſelbe taͤhten ſie auch mit dem Nahmen
Aſſenat: den ſie ſo verzwikten und ſo verwandelten/ daß
ſie nur deſſelben fuͤrnehmſten grundbuchſtaben s behiel-
ten/ und Iſſe/ darnach Iſis daraus machten.

Joſef hatte dem Reiche fuͤrnaͤhmlich dreierlei Guht-
tahten erwieſen. Erſtlich hatte er den Koͤniglichen zwei-
fachen Traum gedeutet: an deſſen deutung dem gantzen
Stahte ſo ſehr viel gelegen. Darnach hatte er einen ſo
heilſamen raht gegeben: und dan alle Egipter ſo weislich
und treulich verſorget; indem er ihnen vorraht und le-
bensmittel verſchaffet. Dieſe dreifache wohltaht abzu-
bilden ſchien kein fuͤglichers ſinbild zu ſein/ als der Och-
ſe/
aus des Koͤniges Traume; als auch die Kornahre/
aus eben demſelben. Beides hatte ihnen Gott ſelbſt
gleichſam vorgeſchrieben. Und daruͤm eigneten ſie jenes/
naͤhmlich den Ochſen/ dem Joſef zu: und dieſes/
naͤhmlich die Kornahren/ der Aſſenat/ mit dem nah-
men Iſis. Unter andern war es auch kein wunder/ daß

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[343/0367] ſiebendes Buch. Wir haben ſchon in etwas beruͤhret/ daß die abergleu- biſchen Egipter ihren Joſef/ da er noch lebete/ goͤttlich geehret: wiewohl in geheim und in der ſtille; weil er es ſelbſten ſo ernſtlich verbohten. Aber dieſes Verbot ſchien/ nach ſeinem tode/ verjahret zu ſein/ und nichts mehr zu gaͤlten. Ihre gemuͤhter waren ihm dermaßen zuge- tahn/ daß ſie ihn nunmehr oͤffendlich gantz und gar vor einen Gott aufwarfen. Sie baueten ihm zu ehren Goͤ- tzenheuſer; ſonderlich zu Memfis. Ihm zu ehren rich- teten ſie Goͤtzenbilder auf. Dieſe baͤhteten ſie an. Hiervor fielen ſie nieder; und ehrten ſie als Goͤtter. Dieſem neuen Gotte muſten alle die alten Abgoͤtter weichen. Die ehre/ ja die nahmen die ſie jenen gegeben/ eigneten ſie nun die- ſem zu. Er ward der anſehnlichſte/ der fuͤrnehmſte/ der hoͤchſte unter allen. Damit auch der nahme Joſef ſelb- ſten uͤm ſo viel herlicher und goͤttlicher ſchiene/ ſo veraͤn- derten ſie ihn: ſie ſetzten die buchſtaben uͤm; ſie verwech- ſelten ſie mit ihren verwanten/ und machten Apis dar- aus. Eben daſſelbe taͤhten ſie auch mit dem Nahmen Aſſenat: den ſie ſo verzwikten und ſo verwandelten/ daß ſie nur deſſelben fuͤrnehmſten grundbuchſtaben s behiel- ten/ und Iſſe/ darnach Iſis daraus machten. Joſef hatte dem Reiche fuͤrnaͤhmlich dreierlei Guht- tahten erwieſen. Erſtlich hatte er den Koͤniglichen zwei- fachen Traum gedeutet: an deſſen deutung dem gantzen Stahte ſo ſehr viel gelegen. Darnach hatte er einen ſo heilſamen raht gegeben: und dan alle Egipter ſo weislich und treulich verſorget; indem er ihnen vorraht und le- bensmittel verſchaffet. Dieſe dreifache wohltaht abzu- bilden ſchien kein fuͤglichers ſinbild zu ſein/ als der Och- ſe/ aus des Koͤniges Traume; als auch die Kornahre/ aus eben demſelben. Beides hatte ihnen Gott ſelbſt gleichſam vorgeſchrieben. Und daruͤm eigneten ſie jenes/ naͤhmlich den Ochſen/ dem Joſef zu: und dieſes/ naͤhmlich die Kornahren/ der Aſſenat/ mit dem nah- men Iſis. Unter andern war es auch kein wunder/ daß bei- Y iiij

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Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 343. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/367>, abgerufen am 01.05.2024.