Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zesen, Philip von: Neues Buß- und Gebätt-buch. Schaffhausen, 1660.

Bild:
<< vorherige Seite

Tägliches Gebätt in Armut.
ner verachtung/ wann mir nicht jmmerdar im
herzen schwebeten seine eigene worte/ in dem
Er saget: Die füchse haben ihre gruben/ und
die vogel under dem Himmel haben ihre nester/
aber deß menschen Sohn hat nicht/ da er sein
haupt hinleget. Ach/ hilff/ mein Vater/ daß
ich solchen trost nimmermehr auß meinem herz-
en lasse/ daß ich mir denselben allezeit tieff zu
sinnen ziehe/ daß ich darbej lerne gedultig sejn/
und in meiner armut nimmermehr murre/ son-
dern in deiner forcht auffrichtig und verträg-
lich wandele: damit ich keinen mangel habe an
dem ewigen gute: damit ich reich sej in dir/ und
ob ich schon nichts besize/ gleichwol alles ha-
be/ was meine seele sättiget: da hingegen die
reichen darben und hungern müssen: und wann
du mich ja die zeit meines lebens in armut las-
sen wilst/ ach/ so verleihe/ daß ich arm sej/ wie
die geistlich-armen/ die das himmelreich zuei-
gen haben/ und wann ich sterbe/ auch von dei-
nen engeln/ wie Lazarus/ getragen werde in
Abrahams schoß. Jn solcher tröstlichen zu-
versicht ergebe ich mich ganz in deinen willen:
schike du es mit mir/ wie es dir beliebt/ und wie
du weist/ daß es zum reichthumm meiner seelen
ersprießlich. Ja dir allein will ich leben/ dir
will ich sterben: dein bin ich tod und lebendig.
Ach ja! so sej es.

Trost-
R ij

Taͤgliches Gebaͤtt in Armůt.
ner verachtung/ wann mir nicht jmmerdar im
herzen ſchwebeten ſeine eigene worte/ in dem
Er ſaget: Die füchſe haben ihre gruben/ und
die vogel under dem Him̃el haben ihre neſter/
aber deß menſchen Sohn hat nicht/ da er ſein
haupt hinleget. Ach/ hilff/ mein Vater/ daß
ich ſolchen troſt nim̃ermehr auß meinem herz-
en laſſe/ daß ich mir denſelben allezeit tieff zu
ſinnen ziehe/ daß ich darbej lerne gedultig ſejn/
und in meiner armůt nim̃ermehr murꝛe/ ſon-
dern in deiner forcht auffrichtig und vertraͤg-
lich wandele: damit ich keinen mangel habe an
dem ewigen gute: damit ich reich ſej in dir/ und
ob ich ſchon nichts beſize/ gleichwol alles ha-
be/ was meine ſeele ſaͤttiget: da hingegen die
reichen darben und hungern muͤſſen: und wañ
du mich ja die zeit meines lebens in armůt las-
ſen wilſt/ ach/ ſo verleihe/ daß ich arm ſej/ wie
die geiſtlich-armen/ die das himmelreich zuei-
gen haben/ und wann ich ſterbe/ auch von dei-
nen engeln/ wie Lazarus/ getragen werde in
Abrahams ſchoß. Jn ſolcher troͤſtlichen zu-
verſicht ergebe ich mich ganz in deinen willen:
ſchike du es mit mir/ wie es dir beliebt/ und wie
du weiſt/ daß es zum reichthum̃ meiner ſeelen
erſprießlich. Ja dir allein will ich leben/ dir
will ich ſterben: dein bin ich tod und lebendig.
Ach ja! ſo ſej es.

Troſt-
R ij
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0272" n="259"/><fw place="top" type="header">Ta&#x0364;gliches Geba&#x0364;tt in Arm&#x016F;t.</fw><lb/>
ner verachtung/ wann mir nicht jmmerdar im<lb/>
herzen &#x017F;chwebeten &#x017F;eine eigene worte/ in dem<lb/>
Er &#x017F;aget: Die füch&#x017F;e haben ihre gruben/ und<lb/>
die vogel under dem Him&#x0303;el haben ihre ne&#x017F;ter/<lb/>
aber deß men&#x017F;chen Sohn hat nicht/ da er &#x017F;ein<lb/>
haupt hinleget. Ach/ hilff/ mein Vater/ daß<lb/>
ich &#x017F;olchen tro&#x017F;t nim&#x0303;ermehr auß meinem herz-<lb/>
en la&#x017F;&#x017F;e/ daß ich mir den&#x017F;elben allezeit tieff zu<lb/>
&#x017F;innen ziehe/ daß ich darbej lerne gedultig &#x017F;ejn/<lb/>
und in meiner arm&#x016F;t nim&#x0303;ermehr mur&#xA75B;e/ &#x017F;on-<lb/>
dern in deiner forcht auffrichtig und vertra&#x0364;g-<lb/>
lich wandele: damit ich keinen mangel habe an<lb/>
dem ewigen gute: damit ich reich &#x017F;ej in dir/ und<lb/>
ob ich &#x017F;chon nichts be&#x017F;ize/ gleichwol alles ha-<lb/>
be/ was meine &#x017F;eele &#x017F;a&#x0364;ttiget: da hingegen die<lb/>
reichen darben und hungern mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en: und wan&#x0303;<lb/>
du mich ja die zeit meines lebens in arm&#x016F;t las-<lb/>
&#x017F;en wil&#x017F;t/ ach/ &#x017F;o verleihe/ daß ich arm &#x017F;ej/ wie<lb/>
die gei&#x017F;tlich-armen/ die das himmelreich zuei-<lb/>
gen haben/ und wann ich &#x017F;terbe/ auch von dei-<lb/>
nen engeln/ wie Lazarus/ getragen werde in<lb/>
Abrahams &#x017F;choß. Jn &#x017F;olcher tro&#x0364;&#x017F;tlichen zu-<lb/>
ver&#x017F;icht ergebe ich mich ganz in deinen willen:<lb/>
&#x017F;chike du es mit mir/ wie es dir beliebt/ und wie<lb/>
du wei&#x017F;t/ daß es zum reichthum&#x0303; meiner &#x017F;eelen<lb/>
er&#x017F;prießlich. Ja dir allein will ich leben/ dir<lb/>
will ich &#x017F;terben: dein bin ich tod und lebendig.<lb/><hi rendition="#c">Ach ja! &#x017F;o &#x017F;ej es.</hi></p>
        </div><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">R ij</fw>
        <fw place="bottom" type="catch">Tro&#x017F;t-</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[259/0272] Taͤgliches Gebaͤtt in Armůt. ner verachtung/ wann mir nicht jmmerdar im herzen ſchwebeten ſeine eigene worte/ in dem Er ſaget: Die füchſe haben ihre gruben/ und die vogel under dem Him̃el haben ihre neſter/ aber deß menſchen Sohn hat nicht/ da er ſein haupt hinleget. Ach/ hilff/ mein Vater/ daß ich ſolchen troſt nim̃ermehr auß meinem herz- en laſſe/ daß ich mir denſelben allezeit tieff zu ſinnen ziehe/ daß ich darbej lerne gedultig ſejn/ und in meiner armůt nim̃ermehr murꝛe/ ſon- dern in deiner forcht auffrichtig und vertraͤg- lich wandele: damit ich keinen mangel habe an dem ewigen gute: damit ich reich ſej in dir/ und ob ich ſchon nichts beſize/ gleichwol alles ha- be/ was meine ſeele ſaͤttiget: da hingegen die reichen darben und hungern muͤſſen: und wañ du mich ja die zeit meines lebens in armůt las- ſen wilſt/ ach/ ſo verleihe/ daß ich arm ſej/ wie die geiſtlich-armen/ die das himmelreich zuei- gen haben/ und wann ich ſterbe/ auch von dei- nen engeln/ wie Lazarus/ getragen werde in Abrahams ſchoß. Jn ſolcher troͤſtlichen zu- verſicht ergebe ich mich ganz in deinen willen: ſchike du es mit mir/ wie es dir beliebt/ und wie du weiſt/ daß es zum reichthum̃ meiner ſeelen erſprießlich. Ja dir allein will ich leben/ dir will ich ſterben: dein bin ich tod und lebendig. Ach ja! ſo ſej es. Troſt- R ij

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Li Xang: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2023-05-24T12:24:22Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

Weitere Informationen:

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_gebetbuch_1660
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_gebetbuch_1660/272
Zitationshilfe: Zesen, Philip von: Neues Buß- und Gebätt-buch. Schaffhausen, 1660, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_gebetbuch_1660/272>, abgerufen am 19.05.2024.