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Zesen, Philipp von: Deutscher Helicon. Bd. 2. Wittenberg, 1641.

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gütige Himmel mit fast unvergleichlicher
Schönheit verehret hatte/ hefftig liebgewonnen;
Als er aber aus Hoffart und Laßdünckel gar
keine Liebe mit Jhr pflegen wollen/ und allzeit
flüchtig erfunden ward/ hat sie in kurtzen/ wegen
großer Traurigkeit/ jhre Leibes- und Lebens-
kräfte verlohren und in lauter haut und beine
verkehret worden/ biß sie endlich gar versch wun-
den und nichts von jhr überblieben/ als nur jhre
bloße stimme und widerruff/ die man noch heut
zu tage in den öden Büschen/ Gebürgen und
Klüfften/ wenn man etwas laute ruffet/ wider-
schallen höret. Nareissus aber ist hernach aus
wider-vergeltung an jhm selbst zum Narren
worden/ und sich in Jhm selbst verliebt/ in dem
er seines Angesichts Bildnüs in einer klahren
bach/ als er trüncken wollen gesehen/ und solches
zu küssen/ mit jhme zu reden und selbiges zu ümb-
fahen/ sich unterwunden; Als er aber nichts als
einen bloßen schein und schatten befindet/ hermet
er sich tag und nacht/ verflucht sich und das stets-
brennende Liebes-feuer seines Hertzens/ biß er
endlich in Ohnmacht dahin fellet/ der Echo
nachfolget/ und gar dem Tode zu theil wird; her-
nach aber ist aus seinem überausschönem Leibe-

die

guͤtige Himmel mit faſt unvergleichlicher
Schoͤnheit verehret hatte/ hefftig liebgewonnen;
Als er aber aus Hoffart und Laßduͤnckel gar
keine Liebe mit Jhr pflegen wollen/ und allzeit
fluͤchtig erfunden ward/ hat ſie in kurtzen/ wegen
großer Traurigkeit/ jhre Leibes- und Lebens-
kraͤfte verlohren und in lauter haut und beine
verkehret worden/ biß ſie endlich gar verſch wun-
den und nichts von jhr uͤberblieben/ als nur jhre
bloße ſtimme und widerruff/ die man noch heut
zu tage in den oͤden Buͤſchen/ Gebuͤrgen und
Kluͤfften/ wenn man etwas laute ruffet/ wider-
ſchallen hoͤret. Nareiſſus aber iſt hernach aus
wider-vergeltung an jhm ſelbſt zum Narren
worden/ und ſich in Jhm ſelbſt verliebt/ in dem
er ſeines Angeſichts Bildnuͤs in einer klahren
bach/ als er truͤncken wollen geſehen/ und ſolches
zu kuͤſſen/ mit jhme zu reden und ſelbiges zu uͤmb-
fahen/ ſich unterwunden; Als er aber nichts als
einen bloßen ſchein und ſchatten befindet/ hermet
er ſich tag und nacht/ verflucht ſich und das ſtets-
brennende Liebes-feuer ſeines Hertzens/ biß er
endlich in Ohnmacht dahin fellet/ der Echo
nachfolget/ und gar dem Tode zu theil wird; her-
nach aber iſt aus ſeinem uͤberausſchoͤnem Leibe-

die
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[59./0075] guͤtige Himmel mit faſt unvergleichlicher Schoͤnheit verehret hatte/ hefftig liebgewonnen; Als er aber aus Hoffart und Laßduͤnckel gar keine Liebe mit Jhr pflegen wollen/ und allzeit fluͤchtig erfunden ward/ hat ſie in kurtzen/ wegen großer Traurigkeit/ jhre Leibes- und Lebens- kraͤfte verlohren und in lauter haut und beine verkehret worden/ biß ſie endlich gar verſch wun- den und nichts von jhr uͤberblieben/ als nur jhre bloße ſtimme und widerruff/ die man noch heut zu tage in den oͤden Buͤſchen/ Gebuͤrgen und Kluͤfften/ wenn man etwas laute ruffet/ wider- ſchallen hoͤret. Nareiſſus aber iſt hernach aus wider-vergeltung an jhm ſelbſt zum Narren worden/ und ſich in Jhm ſelbſt verliebt/ in dem er ſeines Angeſichts Bildnuͤs in einer klahren bach/ als er truͤncken wollen geſehen/ und ſolches zu kuͤſſen/ mit jhme zu reden und ſelbiges zu uͤmb- fahen/ ſich unterwunden; Als er aber nichts als einen bloßen ſchein und ſchatten befindet/ hermet er ſich tag und nacht/ verflucht ſich und das ſtets- brennende Liebes-feuer ſeines Hertzens/ biß er endlich in Ohnmacht dahin fellet/ der Echo nachfolget/ und gar dem Tode zu theil wird; her- nach aber iſt aus ſeinem uͤberausſchoͤnem Leibe- die

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Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Deutscher Helicon. Bd. 2. Wittenberg, 1641, S. 59.. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_helikon02_1641/75>, abgerufen am 07.05.2024.