Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735.

Bild:
<< vorherige Seite
1722.
Seelig sind die Geistlich Armen,
Sie finden leichtlich dein Erbarmen,
Das Land der Himmel bleibet Jhr:

Da im Gegentheil die Reichen,
Und die gar satt sind, ferne weichen
Von deines Königreiches Zier.
Ach! mach uns Arme reich, doch deiner Armuth gleich.
Gib uns, JESU,
Den reichen Muth! dem irrdisch Guth
Recht weh, und Armuth sanffte thut!
Seelig sind, die leide tragen,
Sie sollen Trosts genug erjagen;
Jhr Hertzog gieng den Weg voran:
Stieg Er auf durch Creutz und Leiden:
So will Er uns den Kelch bescheiden,
Der Jhm hienieden gut gethan,
Uns ist in dieser Zeit kein Feyertag bereit;
Hier gilts Weinen:
Beym Lammes-Mahl ist keine Quaal;
Wir aber gehn durchs Jammerthal.
Seelig sind die sanfften Geister,
Sie sind auf Erden Herrn und Meister;
Und niemand sieht es ihnen an;
Da sie doch durch stillen Wandel
Jn allerley Geschäfft und Handel
Jhr Lammes-Wesen dargethan.
Es ist ihr Bräutigam, das erstgebohrne Lamm,
Lamm und Löwe,
Gar sanfft und weich, doch starck zugleich;
So sind auch die aus seinem Reich.
Wenn der Feinde stoltze Rotten
Der armen Einfalt JESU spotten,
Und seiner sanfften Lämmerlein;
(Weil sie nicht mit Schatten prangen

Und unverrückt am Cörper hangen,)
So müssen sie offt schrecklich seyn.(Hohel. 6.)
Scheint einem Goliath der kleine David matt,
Will
1722.
Seelig ſind die Geiſtlich Armen,
Sie finden leichtlich dein Erbarmen,
Das Land der Himmel bleibet Jhr:

Da im Gegentheil die Reichen,
Und die gar ſatt ſind, ferne weichen
Von deines Koͤnigreiches Zier.
Ach! mach uns Arme reich, doch deiner Armuth gleich.
Gib uns, JESU,
Den reichen Muth! dem irrdiſch Guth
Recht weh, und Armuth ſanffte thut!
Seelig ſind, die leide tragen,
Sie ſollen Troſts genug erjagen;
Jhr Hertzog gieng den Weg voran:
Stieg Er auf durch Creutz und Leiden:
So will Er uns den Kelch beſcheiden,
Der Jhm hienieden gut gethan,
Uns iſt in dieſer Zeit kein Feyertag bereit;
Hier gilts Weinen:
Beym Lammes-Mahl iſt keine Quaal;
Wir aber gehn durchs Jammerthal.
Seelig ſind die ſanfften Geiſter,
Sie ſind auf Erden Herrn und Meiſter;
Und niemand ſieht es ihnen an;
Da ſie doch durch ſtillen Wandel
Jn allerley Geſchaͤfft und Handel
Jhr Lammes-Weſen dargethan.
Es iſt ihr Braͤutigam, das erſtgebohrne Lamm,
Lamm und Loͤwe,
Gar ſanfft und weich, doch ſtarck zugleich;
So ſind auch die aus ſeinem Reich.
Wenn der Feinde ſtoltze Rotten
Der armen Einfalt JESU ſpotten,
Und ſeiner ſanfften Laͤmmerlein;
(Weil ſie nicht mit Schatten prangen

Und unverruͤckt am Coͤrper hangen,)
So muͤſſen ſie offt ſchrecklich ſeyn.(Hohel. 6.)
Scheint einem Goliath der kleine David matt,
Will
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0052" n="42"/>
          <fw place="top" type="header">1722.</fw><lb/>
          <lg n="53">
            <l> <hi rendition="#fr">Seelig &#x017F;ind die Gei&#x017F;tlich Armen,</hi> </l><lb/>
            <l>Sie finden leichtlich dein Erbarmen,<lb/><hi rendition="#fr">Das Land der Himmel bleibet Jhr:</hi></l><lb/>
            <l>Da im Gegentheil die Reichen,</l><lb/>
            <l>Und die gar &#x017F;att &#x017F;ind, ferne weichen</l><lb/>
            <l>Von deines Ko&#x0364;nigreiches Zier.</l><lb/>
            <l>Ach! mach uns Arme reich, doch deiner Armuth gleich.</l><lb/>
            <l>Gib uns, JESU,</l><lb/>
            <l>Den reichen Muth! dem irrdi&#x017F;ch Guth</l><lb/>
            <l>Recht weh, und Armuth &#x017F;anffte thut!</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="54">
            <l> <hi rendition="#fr">Seelig &#x017F;ind, die leide tragen,</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#fr">Sie &#x017F;ollen Tro&#x017F;ts genug erjagen;</hi> </l><lb/>
            <l>Jhr Hertzog gieng den Weg voran:</l><lb/>
            <l>Stieg Er auf durch Creutz und Leiden:</l><lb/>
            <l>So will Er uns den Kelch be&#x017F;cheiden,</l><lb/>
            <l>Der Jhm hienieden gut gethan,</l><lb/>
            <l>Uns i&#x017F;t in die&#x017F;er Zeit kein Feyertag bereit;</l><lb/>
            <l>Hier gilts Weinen:</l><lb/>
            <l>Beym Lammes-Mahl i&#x017F;t keine Quaal;</l><lb/>
            <l>Wir aber gehn durchs Jammerthal.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="55">
            <l> <hi rendition="#fr">Seelig &#x017F;ind die &#x017F;anfften Gei&#x017F;ter,</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#fr">Sie &#x017F;ind auf Erden Herrn und Mei&#x017F;ter;</hi> </l><lb/>
            <l>Und niemand &#x017F;ieht es ihnen an;</l><lb/>
            <l>Da &#x017F;ie doch durch &#x017F;tillen Wandel</l><lb/>
            <l>Jn allerley Ge&#x017F;cha&#x0364;fft und Handel</l><lb/>
            <l>Jhr Lammes-We&#x017F;en dargethan.</l><lb/>
            <l>Es i&#x017F;t ihr Bra&#x0364;utigam, das er&#x017F;tgebohrne Lamm,</l><lb/>
            <l>Lamm und Lo&#x0364;we,</l><lb/>
            <l>Gar &#x017F;anfft und weich, doch &#x017F;tarck zugleich;</l><lb/>
            <l>So &#x017F;ind auch die aus &#x017F;einem Reich.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="56">
            <l>Wenn der Feinde &#x017F;toltze Rotten</l><lb/>
            <l>Der armen Einfalt JESU &#x017F;potten,</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;einer &#x017F;anfften La&#x0364;mmerlein;<lb/>
(Weil &#x017F;ie nicht mit Schatten prangen</l><lb/>
            <l>Und unverru&#x0364;ckt am Co&#x0364;rper hangen,)</l><lb/>
            <l>So mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie offt &#x017F;chrecklich &#x017F;eyn.<note place="right">(Hohel. 6.)</note></l><lb/>
            <l>Scheint einem Goliath der kleine David matt,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Will</fw><lb/></l>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[42/0052] 1722. Seelig ſind die Geiſtlich Armen, Sie finden leichtlich dein Erbarmen, Das Land der Himmel bleibet Jhr: Da im Gegentheil die Reichen, Und die gar ſatt ſind, ferne weichen Von deines Koͤnigreiches Zier. Ach! mach uns Arme reich, doch deiner Armuth gleich. Gib uns, JESU, Den reichen Muth! dem irrdiſch Guth Recht weh, und Armuth ſanffte thut! Seelig ſind, die leide tragen, Sie ſollen Troſts genug erjagen; Jhr Hertzog gieng den Weg voran: Stieg Er auf durch Creutz und Leiden: So will Er uns den Kelch beſcheiden, Der Jhm hienieden gut gethan, Uns iſt in dieſer Zeit kein Feyertag bereit; Hier gilts Weinen: Beym Lammes-Mahl iſt keine Quaal; Wir aber gehn durchs Jammerthal. Seelig ſind die ſanfften Geiſter, Sie ſind auf Erden Herrn und Meiſter; Und niemand ſieht es ihnen an; Da ſie doch durch ſtillen Wandel Jn allerley Geſchaͤfft und Handel Jhr Lammes-Weſen dargethan. Es iſt ihr Braͤutigam, das erſtgebohrne Lamm, Lamm und Loͤwe, Gar ſanfft und weich, doch ſtarck zugleich; So ſind auch die aus ſeinem Reich. Wenn der Feinde ſtoltze Rotten Der armen Einfalt JESU ſpotten, Und ſeiner ſanfften Laͤmmerlein; (Weil ſie nicht mit Schatten prangen Und unverruͤckt am Coͤrper hangen,) So muͤſſen ſie offt ſchrecklich ſeyn. Scheint einem Goliath der kleine David matt, Will

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zinzendorf_gedichte_1735
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zinzendorf_gedichte_1735/52
Zitationshilfe: Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zinzendorf_gedichte_1735/52>, abgerufen am 01.11.2024.