Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735.1724. XXX. Auf des Herrn von Watteville Ver- löbniß mit der Fräulein Joh. Sophia von Zetzschwitz. * DU Quell der ewgen Ehe, Und du der Seelen-Mann! Du Geist der Tief und Höhe! Schau her: wir beten an, Wir rühmen deine Liebe, Wir freun uns deiner Treu; Denn ihrer beyder Triebe Sind alle Morgen neu. Wie werden doch die Deinen So seliglich geführt? Wie wird auf blödes Weinen Bald muntre Lust verspürt! Jtzt setzen die Gerechten Und Satan Stoß auf Stoß, Denn rufst du deinen Knechten Zur Ruh in deinen Schooß. Jtzt sehn die blöden Augen Der menschlichen Natur, Die nimmer für dir taugen, Sich weder Bahn noch Spur; Bald zieht dein seligs Wincken Die Decke wieder weg: Wir dachten zu versincken; Nun zeigt sich Spur und Steg. Du allzu treue Liebe! Was sollen wir dir thun? Wer fördert unsre Triebe? Sie können ja nicht ruhn; Ach wären sie vermögend, Dich also zu erhöhn, Daß unsre gantze Gegend Von deinem Ruhm erthön! Sey * Am 7. Septembr.
1724. XXX. Auf des Herrn von Watteville Ver- loͤbniß mit der Fraͤulein Joh. Sophia von Zetzſchwitz. * DU Quell der ewgen Ehe, Und du der Seelen-Mann! Du Geiſt der Tief und Hoͤhe! Schau her: wir beten an, Wir ruͤhmen deine Liebe, Wir freun uns deiner Treu; Denn ihrer beyder Triebe Sind alle Morgen neu. Wie werden doch die Deinen So ſeliglich gefuͤhrt? Wie wird auf bloͤdes Weinen Bald muntre Luſt verſpuͤrt! Jtzt ſetzen die Gerechten Und Satan Stoß auf Stoß, Denn rufſt du deinen Knechten Zur Ruh in deinen Schooß. Jtzt ſehn die bloͤden Augen Der menſchlichen Natur, Die nimmer fuͤr dir taugen, Sich weder Bahn noch Spur; Bald zieht dein ſeligs Wincken Die Decke wieder weg: Wir dachten zu verſincken; Nun zeigt ſich Spur und Steg. Du allzu treue Liebe! Was ſollen wir dir thun? Wer foͤrdert unſre Triebe? Sie koͤnnen ja nicht ruhn; Ach waͤren ſie vermoͤgend, Dich alſo zu erhoͤhn, Daß unſre gantze Gegend Von deinem Ruhm erthoͤn! Sey * Am 7. Septembr.
<TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0084" n="74"/> <fw place="top" type="header">1724.</fw><lb/> <lg type="poem"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">XXX.</hi> Auf des Herrn von Watteville Ver-<lb/> loͤbniß mit der Fraͤulein Joh. Sophia<lb/> von Zetzſchwitz.</hi> <note place="foot" n="*">Am 7. Septembr.</note> </head><lb/> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">D</hi>U Quell der ewgen Ehe,</l><lb/> <l>Und du der Seelen-Mann!</l><lb/> <l>Du Geiſt der Tief und Hoͤhe!</l><lb/> <l>Schau her: wir beten an,</l><lb/> <l>Wir ruͤhmen deine Liebe,</l><lb/> <l>Wir freun uns deiner Treu;</l><lb/> <l>Denn ihrer beyder Triebe</l><lb/> <l>Sind alle Morgen neu.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Wie werden doch die Deinen</l><lb/> <l>So ſeliglich gefuͤhrt?</l><lb/> <l>Wie wird auf bloͤdes Weinen</l><lb/> <l>Bald muntre Luſt verſpuͤrt!</l><lb/> <l>Jtzt ſetzen die Gerechten</l><lb/> <l>Und Satan Stoß auf Stoß,</l><lb/> <l>Denn rufſt du deinen Knechten</l><lb/> <l>Zur Ruh in deinen Schooß.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Jtzt ſehn die bloͤden Augen</l><lb/> <l>Der menſchlichen Natur,</l><lb/> <l>Die nimmer fuͤr dir taugen,</l><lb/> <l>Sich weder Bahn noch Spur;</l><lb/> <l>Bald zieht dein ſeligs Wincken</l><lb/> <l>Die Decke wieder weg:</l><lb/> <l>Wir dachten zu verſincken;</l><lb/> <l>Nun zeigt ſich Spur und Steg.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Du allzu treue Liebe!</l><lb/> <l>Was ſollen wir dir thun?</l><lb/> <l>Wer foͤrdert unſre Triebe?</l><lb/> <l>Sie koͤnnen ja nicht ruhn;</l><lb/> <l>Ach waͤren ſie vermoͤgend,</l><lb/> <l>Dich alſo zu erhoͤhn,</l><lb/> <l>Daß unſre gantze Gegend</l><lb/> <l>Von deinem Ruhm erthoͤn!</l> </lg><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Sey</fw><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [74/0084]
1724.
XXX. Auf des Herrn von Watteville Ver-
loͤbniß mit der Fraͤulein Joh. Sophia
von Zetzſchwitz. *
DU Quell der ewgen Ehe,
Und du der Seelen-Mann!
Du Geiſt der Tief und Hoͤhe!
Schau her: wir beten an,
Wir ruͤhmen deine Liebe,
Wir freun uns deiner Treu;
Denn ihrer beyder Triebe
Sind alle Morgen neu.
Wie werden doch die Deinen
So ſeliglich gefuͤhrt?
Wie wird auf bloͤdes Weinen
Bald muntre Luſt verſpuͤrt!
Jtzt ſetzen die Gerechten
Und Satan Stoß auf Stoß,
Denn rufſt du deinen Knechten
Zur Ruh in deinen Schooß.
Jtzt ſehn die bloͤden Augen
Der menſchlichen Natur,
Die nimmer fuͤr dir taugen,
Sich weder Bahn noch Spur;
Bald zieht dein ſeligs Wincken
Die Decke wieder weg:
Wir dachten zu verſincken;
Nun zeigt ſich Spur und Steg.
Du allzu treue Liebe!
Was ſollen wir dir thun?
Wer foͤrdert unſre Triebe?
Sie koͤnnen ja nicht ruhn;
Ach waͤren ſie vermoͤgend,
Dich alſo zu erhoͤhn,
Daß unſre gantze Gegend
Von deinem Ruhm erthoͤn!
Sey
* Am 7. Septembr.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |