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Zschackwitz, Johann Ehrenfried: Historisch-Genealogischer Schau-Platz. Lemgo, 1724.

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Lebens-Art gewesen / wie diese Leute/ wie sie denn in der That darinnen mit einander gar sehr übereinkommen/ wo haben denn die Römischen Soldaten Lebens-Mittel hergenommen? Will man etwa träumen/ der Himmel habe ihnen Manna gegeben/ gleich wie dort denen Juden in der Arabischen Wüsten geschehen? Oder haben die Römische Soldaten die Kunst gewust/ von der Luft zu leben? Ist es aber um Teutsckland besser bewand gewesen/ als Tacitus solches abmahlet/ wie es denn auch gar anderst ausgesehen hat/ ungeachtet unsere Vorfahren nichts von solchen Städten wusten / als wie wir heut zu Tage haben/ warum satzte denn der Drusus Germanicus sich darinnen nicht feste? Und warumb ginge er von der Elbe und Weser eben so wieder zurück/ als wie nach dem gemeinen Sprichwort/ der Fuchs vom Hunerstall? also bleibts dabey/ daß die Römer in Teutschland nicht weit gekommen seyn / geschweige dann/ daß sie solches/ nemlich Germaniam magnam, bezwungen haben solten. Hieraus folget zugleich/ daß sie/ die Römer/ von demjenigen Theil / welcher jetzo Francken heisst/ nichts besessen. Dieses Francken/ war ein ziemliches Stück von dem alten Fränckischen Reiche/ wiewohl es vor dem weitere Gräntzen hatte/ als jetzo/ worvon weitläufftig zu handeln/ dermahlen dises Orts nicht ist/ und hieße solches das eigentliche Francken/ war aber in den alten Zeiten ein Stück von dem Königreich Thüringen. Ehe Carolus Magnus den Fränckischen Thron bestieg/ hatte sein Vater der Pipinus, ihm solches zu verwalten übergeben. Daß aber dieser Pipinus ihme es nachher wieder genommen / und den Bischoff Burkarden zu Würtzburg eingeräumet/ selbigen auch/ und seine Nachfolger zu einen Hertzog von Francken gemacht haben sol/ ist ein leeres Geschwätze/ durch welches sich gleichwol der sonst gelehrte Herr Lucae verführen lassen/ daß er solches auch vor eine Wahrheit angenommen hat. Doch kein eintziger tügtiger Scribent, thut hiervon einige Erwehnung/ ungeachtet es der Münster ebenfalls anführet/ bey dem aber dergleichen Fabeln und Schnitzer nicht seltsam sind: Er vermag auch von diesem Gedichte keinen gültigen Zeugen beyzubringen/ welcher zugleich von daher hauptsächlich wiederleget würde/ weil zu des Caroli M. Zeiten/ am allerwenigsten aber vorher/ die Hertzogthümer weder in Teutschland/ noch im Fränckisch. Reiche/ bekannt waren/ noch weniger wuste man von einem Bischoff etwas/ der mit weltlichen Tituln/ Herrschafft und Gewalt wäre Versehen gewesen. Zudem/ pflegte der Carolus Magnus nicht leichte so ansehnliche Stücke zuverschencken/ sondern er hielte vielmehr über die Eigenthümlichkeit der Landes-Hoheit überaus feste/ ungeachtet Er im übrigen ziemlich abergläubisch war. Es findet sich auch nachher nicht/ das der Titul/ Hertzog in Francken / denen Würtzdurgischen Bischöffen auf eine Rechts-beständige Art wäre verliehen worden/ welches ohnedem kein Kayser zu thun vermöchte/ weil andere Herrn

Vid. Fürsten-Saal p. 241.
V. Cosmogr. l. 5.

Lebens-Art gewesen / wie diese Leute/ wie sie denn in der That darinnen mit einander gar sehr übereinkommen/ wo haben denn die Römischen Soldaten Lebens-Mittel hergenommen? Will man etwa träumen/ der Himmel habe ihnen Manna gegeben/ gleich wie dort denen Juden in der Arabischen Wüsten geschehen? Oder haben die Römische Soldaten die Kunst gewust/ von der Luft zu leben? Ist es aber um Teutsckland besser bewand gewesen/ als Tacitus solches abmahlet/ wie es denn auch gar anderst ausgesehen hat/ ungeachtet unsere Vorfahren nichts von solchen Städten wusten / als wie wir heut zu Tage haben/ warum satzte denn der Drusus Germanicus sich darinnen nicht feste? Und warumb ginge er von der Elbe und Weser eben so wieder zurück/ als wie nach dem gemeinen Sprichwort/ der Fuchs vom Hunerstall? also bleibts dabey/ daß die Römer in Teutschland nicht weit gekommen seyn / geschweige dann/ daß sie solches/ nemlich Germaniam magnam, bezwungen haben solten. Hieraus folget zugleich/ daß sie/ die Römer/ von demjenigen Theil / welcher jetzo Francken heisst/ nichts besessen. Dieses Francken/ war ein ziemliches Stück von dem alten Fränckischen Reiche/ wiewohl es vor dem weitere Gräntzen hatte/ als jetzo/ worvon weitläufftig zu handeln/ dermahlen dises Orts nicht ist/ und hieße solches das eigentliche Francken/ war aber in den alten Zeiten ein Stück von dem Königreich Thüringen. Ehe Carolus Magnus den Fränckischen Thron bestieg/ hatte sein Vater der Pipinus, ihm solches zu verwalten übergeben. Daß aber dieser Pipinus ihme es nachher wieder genommen / und den Bischoff Burkarden zu Würtzburg eingeräumet/ selbigen auch/ und seine Nachfolger zu einen Hertzog von Francken gemacht haben sol/ ist ein leeres Geschwätze/ durch welches sich gleichwol der sonst gelehrte Herr Lucae verführen lassen/ daß er solches auch vor eine Wahrheit angenommen hat. Doch kein eintziger tügtiger Scribent, thut hiervon einige Erwehnung/ ungeachtet es der Münster ebenfalls anführet/ bey dem aber dergleichen Fabeln und Schnitzer nicht seltsam sind: Er vermag auch von diesem Gedichte keinen gültigen Zeugen beyzubringen/ welcher zugleich von daher hauptsächlich wiederleget würde/ weil zu des Caroli M. Zeiten/ am allerwenigsten aber vorher/ die Hertzogthümer weder in Teutschland/ noch im Fränckisch. Reiche/ bekannt waren/ noch weniger wuste man von einem Bischoff etwas/ der mit weltlichen Tituln/ Herrschafft und Gewalt wäre Versehen gewesen. Zudem/ pflegte der Carolus Magnus nicht leichte so ansehnliche Stücke zuverschencken/ sondern er hielte vielmehr über die Eigenthümlichkeit der Landes-Hoheit überaus feste/ ungeachtet Er im übrigen ziemlich abergläubisch war. Es findet sich auch nachher nicht/ das der Titul/ Hertzog in Francken / denen Würtzdurgischen Bischöffen auf eine Rechts-beständige Art wäre verliehen worden/ welches ohnedem kein Kayser zu thun vermöchte/ weil andere Herrn

Vid. Fürsten-Saal p. 241.
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Lebens-Art gewesen                     / wie diese Leute/ wie sie denn in der That darinnen mit einander gar sehr                      übereinkommen/ wo haben denn die Römischen Soldaten Lebens-Mittel hergenommen?                      Will man etwa träumen/ der Himmel habe ihnen Manna gegeben/ gleich wie dort                      denen Juden in der Arabischen Wüsten geschehen? Oder haben die Römische Soldaten                      die Kunst gewust/ von der Luft zu leben? Ist es aber um Teutsckland besser                      bewand gewesen/ als Tacitus solches abmahlet/ wie es denn auch gar anderst                      ausgesehen hat/ ungeachtet unsere Vorfahren nichts von solchen Städten wusten /                      als wie wir heut zu Tage haben/ warum satzte denn der Drusus Germanicus sich                      darinnen nicht feste? Und warumb ginge er von der Elbe und Weser eben so wieder                      zurück/ als wie nach dem gemeinen Sprichwort/ der Fuchs vom Hunerstall? also                      bleibts dabey/ daß die Römer in Teutschland nicht weit gekommen seyn /                      geschweige dann/ daß sie solches/ nemlich Germaniam magnam, bezwungen haben                      solten. Hieraus folget zugleich/ daß sie/ die Römer/ von demjenigen Theil /                      welcher jetzo Francken heisst/ nichts besessen. Dieses Francken/ war ein                      ziemliches Stück von dem alten Fränckischen Reiche/ wiewohl es vor dem weitere                      Gräntzen hatte/ als jetzo/ worvon weitläufftig zu handeln/ dermahlen dises                      Orts nicht ist/ und hieße solches das eigentliche Francken/ war aber in den                      alten Zeiten ein Stück von dem Königreich Thüringen. Ehe Carolus Magnus den                      Fränckischen Thron bestieg/ hatte sein Vater der Pipinus, ihm solches zu                      verwalten übergeben. Daß aber dieser Pipinus ihme es nachher wieder genommen /                      und den Bischoff Burkarden zu Würtzburg eingeräumet/ selbigen auch/ und seine                      Nachfolger zu einen Hertzog von Francken gemacht haben sol/ ist ein leeres                      Geschwätze/ durch welches sich gleichwol der sonst gelehrte Herr Lucae <note place="foot">Vid. Fürsten-Saal p. 241.</note> verführen lassen/ daß er                      solches auch vor eine Wahrheit angenommen hat. Doch kein eintziger tügtiger                      Scribent, thut hiervon einige Erwehnung/ ungeachtet es der Münster <note place="foot">V. Cosmogr. l. 5.</note> ebenfalls anführet/ bey dem aber                      dergleichen Fabeln und Schnitzer nicht seltsam sind: Er vermag auch von diesem                      Gedichte keinen gültigen Zeugen beyzubringen/ welcher zugleich von daher                      hauptsächlich wiederleget würde/ weil zu des Caroli M. Zeiten/ am                      allerwenigsten aber vorher/ die Hertzogthümer weder in Teutschland/ noch im                      Fränckisch. Reiche/ bekannt waren/ noch weniger wuste man von einem Bischoff                      etwas/ der mit weltlichen Tituln/ Herrschafft und Gewalt wäre Versehen                      gewesen. Zudem/ pflegte der Carolus Magnus nicht leichte so ansehnliche Stücke                      zuverschencken/ sondern er hielte vielmehr über die Eigenthümlichkeit der                      Landes-Hoheit überaus feste/ ungeachtet Er im übrigen ziemlich abergläubisch                      war. Es findet sich auch nachher nicht/ das der Titul/ Hertzog in Francken /                      denen Würtzdurgischen Bischöffen auf eine Rechts-beständige Art wäre verliehen                      worden/ welches ohnedem kein Kayser zu thun vermöchte/ weil andere Herrn
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[362/0410] Lebens-Art gewesen / wie diese Leute/ wie sie denn in der That darinnen mit einander gar sehr übereinkommen/ wo haben denn die Römischen Soldaten Lebens-Mittel hergenommen? Will man etwa träumen/ der Himmel habe ihnen Manna gegeben/ gleich wie dort denen Juden in der Arabischen Wüsten geschehen? Oder haben die Römische Soldaten die Kunst gewust/ von der Luft zu leben? Ist es aber um Teutsckland besser bewand gewesen/ als Tacitus solches abmahlet/ wie es denn auch gar anderst ausgesehen hat/ ungeachtet unsere Vorfahren nichts von solchen Städten wusten / als wie wir heut zu Tage haben/ warum satzte denn der Drusus Germanicus sich darinnen nicht feste? Und warumb ginge er von der Elbe und Weser eben so wieder zurück/ als wie nach dem gemeinen Sprichwort/ der Fuchs vom Hunerstall? also bleibts dabey/ daß die Römer in Teutschland nicht weit gekommen seyn / geschweige dann/ daß sie solches/ nemlich Germaniam magnam, bezwungen haben solten. Hieraus folget zugleich/ daß sie/ die Römer/ von demjenigen Theil / welcher jetzo Francken heisst/ nichts besessen. Dieses Francken/ war ein ziemliches Stück von dem alten Fränckischen Reiche/ wiewohl es vor dem weitere Gräntzen hatte/ als jetzo/ worvon weitläufftig zu handeln/ dermahlen dises Orts nicht ist/ und hieße solches das eigentliche Francken/ war aber in den alten Zeiten ein Stück von dem Königreich Thüringen. Ehe Carolus Magnus den Fränckischen Thron bestieg/ hatte sein Vater der Pipinus, ihm solches zu verwalten übergeben. Daß aber dieser Pipinus ihme es nachher wieder genommen / und den Bischoff Burkarden zu Würtzburg eingeräumet/ selbigen auch/ und seine Nachfolger zu einen Hertzog von Francken gemacht haben sol/ ist ein leeres Geschwätze/ durch welches sich gleichwol der sonst gelehrte Herr Lucae verführen lassen/ daß er solches auch vor eine Wahrheit angenommen hat. Doch kein eintziger tügtiger Scribent, thut hiervon einige Erwehnung/ ungeachtet es der Münster ebenfalls anführet/ bey dem aber dergleichen Fabeln und Schnitzer nicht seltsam sind: Er vermag auch von diesem Gedichte keinen gültigen Zeugen beyzubringen/ welcher zugleich von daher hauptsächlich wiederleget würde/ weil zu des Caroli M. Zeiten/ am allerwenigsten aber vorher/ die Hertzogthümer weder in Teutschland/ noch im Fränckisch. Reiche/ bekannt waren/ noch weniger wuste man von einem Bischoff etwas/ der mit weltlichen Tituln/ Herrschafft und Gewalt wäre Versehen gewesen. Zudem/ pflegte der Carolus Magnus nicht leichte so ansehnliche Stücke zuverschencken/ sondern er hielte vielmehr über die Eigenthümlichkeit der Landes-Hoheit überaus feste/ ungeachtet Er im übrigen ziemlich abergläubisch war. Es findet sich auch nachher nicht/ das der Titul/ Hertzog in Francken / denen Würtzdurgischen Bischöffen auf eine Rechts-beständige Art wäre verliehen worden/ welches ohnedem kein Kayser zu thun vermöchte/ weil andere Herrn Vid. Fürsten-Saal p. 241. V. Cosmogr. l. 5.

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Zitationshilfe: Zschackwitz, Johann Ehrenfried: Historisch-Genealogischer Schau-Platz. Lemgo, 1724, S. 362. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zschackwitz_schauplatz_1724/410>, abgerufen am 29.04.2024.