Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zschackwitz, Johann Ehrenfried: Historisch-Genealogischer Schau-Platz. Lemgo, 1724.

Bild:
<< vorherige Seite

Arbeit 19. Jahr und 7. Monate waren verwendet/ und solche erst im 10. Jahr der Regjerung des Kaysers Augusti zum stande gebracht worden. Alleine/ da noch nicht ausgemacht/ wer dieser AEthicus eigentlich gewesen/ und wann er gelebet/ so ist auch auf diese Erzehlung nicht groß zu reflectiren. Und gesetzt/ es hätte solche ihre richtigkeit/ so wird sich doch schwerlich jemand bereden lassen/ daß diese Ausmessung/ unser Teutschland/ von dem die Römer damahls gar ein weniges besassen/ mit betroffen: Es würden auch die Teutschen denen Römischen Feld- und Erdmessern/ die Hälse bald entzwey geschlagen haben/ wann sie sich an ihr Land hatten wagen/ und solches die Creutz und Queer durchstreichen/ und aus messen wollen. Vielmehr bezeuget Strabo, es sey das mitternächtliche Teutschland/ denen Römern bis auf seine Zeiten unbekannt gewesen; Drusus aber/ habe den Anfang gemachet/ mit einer Armee über die Weser/ bis an die Elbe hindurch zudringen/ alwo ihn ein ungewöhnlich groß Weibs-Bild erschienen/ und vermahnet/ wieder zurück zugehen. Doch hiervon gedencket der Tacitus nichts/ es ist auch die gantze Erzehlung unter die andern Römischen Mährchen zurechnen/ durch welche die Römer der einfältigen Welt weiß machen wolten/ was vor Liebe die Götter vor ihre Kayser trügen/ in dem sie selbige so gar in Person vor Gefahr zu warnen würdigten. So ist es auch überhaupt eine Fabel und Römisches Gedichte/ wann der Tacitus, und andere Römische Scribenten vorgeben/ ob habe so wohl der Drusus Germanicus, als auch der Tiberius die Teutchsen völlig überwunden/ wie denn sonderlich der Tacitus eine gar hochtrabende Inscription zusammen schmiedet/ welche der Tiberius, nachdem er zwischen der Weser und Emß / den Arminium außm Felde geschlagen/ hatte aufrichten lassen. Wann diese/ des Tacitus seine Erzehlung sonder Vorurtheil angesehen wird/ so erhellet daraus vielmehr so viel/ daß weder der Drusus, am allerwenigsten aber der Tiberius, in diese Gegenden gekommen/ oder wann ja der letztere sich so weit gewaget/ so hat er gewiß blutwenig Ehre eingeleget. Damit aber die Römischen Geschichtschreider/ diesen ihren Mährgen eine Farbe anstreichen/ und die nicht beschehene Verfolgung des so hochgerühmten Sieges bemänteln möchten/ geben sie vor/ es habe ein heftig Ungewitter des Tiberii Flotte befallen/ habe auch her Aufstand einiger anderer Teutschen Völcker/ ihn den Rückweg zunehmen genöhtiget. Zwar kan endlich beydes seyn: Jedoch/ wer den weiten Weeg bedencket / denn des Tiberii Flotte von Auslauf des Rheins/ alwo sie zusammen gebracht worden/ seyn soll/ an die Weser und Emß hin hätte nehmen müssen/ zugleich erweget/ was vor wenig Wissenschaft die Römer in See-Sachen hatten/ auch wie unmöglich es sey/ daß eine so mächtige Armee, die der Tiberius wieder den Arminium angeführet haben soll/ einen so weiten Weeg/ sonder Magazine, aus denen ihr proviant hätte zugeführet werden können/ habe verrichten können/ und wie in Feindes Landen sich keine Magazine anlegen lassen /

Geograph. l. 7.
Annal. l. 2.

Arbeit 19. Jahr und 7. Monate waren verwendet/ und solche erst im 10. Jahr der Regjerung des Kaysers Augusti zum stande gebracht worden. Alleine/ da noch nicht ausgemacht/ wer dieser AEthicus eigentlich gewesen/ und wann er gelebet/ so ist auch auf diese Erzehlung nicht groß zu reflectiren. Und gesetzt/ es hätte solche ihre richtigkeit/ so wird sich doch schwerlich jemand bereden lassen/ daß diese Ausmessung/ unser Teutschland/ von dem die Römer damahls gar ein weniges besassen/ mit betroffen: Es würden auch die Teutschen denen Römischen Feld- und Erdmessern/ die Hälse bald entzwey geschlagen haben/ wann sie sich an ihr Land hatten wagen/ und solches die Creutz und Queer durchstreichen/ und aus messen wollen. Vielmehr bezeuget Strabo, es sey das mitternächtliche Teutschland/ denen Römern bis auf seine Zeiten unbekannt gewesen; Drusus aber/ habe den Anfang gemachet/ mit einer Armee über die Weser/ bis an die Elbe hindurch zudringen/ alwo ihn ein ungewöhnlich groß Weibs-Bild erschienen/ und vermahnet/ wieder zurück zugehen. Doch hiervon gedencket der Tacitus nichts/ es ist auch die gantze Erzehlung unter die andern Römischen Mährchen zurechnen/ durch welche die Römer der einfältigen Welt weiß machen wolten/ was vor Liebe die Götter vor ihre Kayser trügen/ in dem sie selbige so gar in Person vor Gefahr zu warnen würdigten. So ist es auch überhaupt eine Fabel und Römisches Gedichte/ wann der Tacitus, und andere Römische Scribenten vorgeben/ ob habe so wohl der Drusus Germanicus, als auch der Tiberius die Teutchsen völlig überwunden/ wie denn sonderlich der Tacitus eine gar hochtrabende Inscription zusammen schmiedet/ welche der Tiberius, nachdem er zwischen der Weser und Emß / den Arminium außm Felde geschlagen/ hatte aufrichten lassen. Wann diese/ des Tacitus seine Erzehlung sonder Vorurtheil angesehen wird/ so erhellet daraus vielmehr so viel/ daß weder der Drusus, am allerwenigsten aber der Tiberius, in diese Gegenden gekommen/ oder wann ja der letztere sich so weit gewaget/ so hat er gewiß blutwenig Ehre eingeleget. Damit aber die Römischen Geschichtschreider/ diesen ihren Mährgen eine Farbe anstreichen/ und die nicht beschehene Verfolgung des so hochgerühmten Sieges bemänteln möchten/ geben sie vor/ es habe ein heftig Ungewitter des Tiberii Flotte befallen/ habe auch her Aufstand einiger anderer Teutschen Völcker/ ihn den Rückweg zunehmen genöhtiget. Zwar kan endlich beydes seyn: Jedoch/ wer den weiten Weeg bedencket / denn des Tiberii Flotte von Auslauf des Rheins/ alwo sie zusammen gebracht worden/ seyn soll/ an die Weser und Emß hin hätte nehmen müssen/ zugleich erweget/ was vor wenig Wissenschaft die Römer in See-Sachen hatten/ auch wie unmöglich es sey/ daß eine so mächtige Armee, die der Tiberius wieder den Arminium angeführet haben soll/ einen so weiten Weeg/ sonder Magazine, aus denen ihr proviant hätte zugeführet werden können/ habe verrichten können/ und wie in Feindes Landen sich keine Magazine anlegen lassen /

Geograph. l. 7.
Annal. l. 2.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0432" n="384"/>
Arbeit 19. Jahr und 7.                      Monate waren verwendet/ und solche erst im 10. Jahr der Regjerung des Kaysers                      Augusti zum stande gebracht worden. Alleine/ da noch nicht ausgemacht/ wer                      dieser AEthicus eigentlich gewesen/ und wann er gelebet/ so ist auch auf diese                      Erzehlung nicht groß zu reflectiren. Und gesetzt/ es hätte solche ihre                      richtigkeit/ so wird sich doch schwerlich jemand bereden lassen/ daß diese                      Ausmessung/ unser Teutschland/ von dem die Römer damahls gar ein weniges                      besassen/ mit betroffen: Es würden auch die Teutschen denen Römischen Feld- und                      Erdmessern/ die Hälse bald entzwey geschlagen haben/ wann sie sich an ihr Land                      hatten wagen/ und solches die Creutz und Queer durchstreichen/ und aus messen                      wollen. Vielmehr bezeuget Strabo, <note place="foot">Geograph. l. 7.</note> es                      sey das mitternächtliche Teutschland/ denen Römern bis auf seine Zeiten                      unbekannt gewesen; Drusus aber/ habe den Anfang gemachet/ mit einer Armee über                      die Weser/ bis an die Elbe hindurch zudringen/ alwo ihn ein ungewöhnlich groß                      Weibs-Bild erschienen/ und vermahnet/ wieder zurück zugehen. Doch hiervon                      gedencket der Tacitus nichts/ es ist auch die gantze Erzehlung unter die andern                      Römischen Mährchen zurechnen/ durch welche die Römer der einfältigen Welt weiß                      machen wolten/ was vor Liebe die Götter vor ihre Kayser trügen/ in dem sie                      selbige so gar in Person vor Gefahr zu warnen würdigten. So ist es auch                      überhaupt eine Fabel und Römisches Gedichte/ wann der Tacitus, und andere                      Römische Scribenten vorgeben/ ob habe so wohl der Drusus Germanicus, als auch                      der Tiberius die Teutchsen völlig überwunden/ wie denn sonderlich der Tacitus                          <note place="foot">Annal. l. 2.</note> eine gar hochtrabende Inscription                      zusammen schmiedet/ welche der Tiberius, nachdem er zwischen der Weser und Emß                     / den Arminium außm Felde geschlagen/ hatte aufrichten lassen. Wann diese/ des                      Tacitus seine Erzehlung sonder Vorurtheil angesehen wird/ so erhellet daraus                      vielmehr so viel/ daß weder der Drusus, am allerwenigsten aber der Tiberius, in                      diese Gegenden gekommen/ oder wann ja der letztere sich so weit gewaget/ so                      hat er gewiß blutwenig Ehre eingeleget. Damit aber die Römischen                      Geschichtschreider/ diesen ihren Mährgen eine Farbe anstreichen/ und die nicht                      beschehene Verfolgung des so hochgerühmten Sieges bemänteln möchten/ geben sie                      vor/ es habe ein heftig Ungewitter des Tiberii Flotte befallen/ habe auch her                      Aufstand einiger anderer Teutschen Völcker/ ihn den Rückweg zunehmen                      genöhtiget. Zwar kan endlich beydes seyn: Jedoch/ wer den weiten Weeg bedencket                     / denn des Tiberii Flotte von Auslauf des Rheins/ alwo sie zusammen gebracht                      worden/ seyn soll/ an die Weser und Emß hin hätte nehmen müssen/ zugleich                      erweget/ was vor wenig Wissenschaft die Römer in See-Sachen hatten/ auch wie                      unmöglich es sey/ daß eine so mächtige Armee, die der Tiberius wieder den                      Arminium angeführet haben soll/ einen so weiten Weeg/ sonder Magazine, aus                      denen ihr proviant hätte zugeführet werden können/ habe verrichten können/ und                      wie in Feindes Landen sich keine Magazine anlegen lassen /
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[384/0432] Arbeit 19. Jahr und 7. Monate waren verwendet/ und solche erst im 10. Jahr der Regjerung des Kaysers Augusti zum stande gebracht worden. Alleine/ da noch nicht ausgemacht/ wer dieser AEthicus eigentlich gewesen/ und wann er gelebet/ so ist auch auf diese Erzehlung nicht groß zu reflectiren. Und gesetzt/ es hätte solche ihre richtigkeit/ so wird sich doch schwerlich jemand bereden lassen/ daß diese Ausmessung/ unser Teutschland/ von dem die Römer damahls gar ein weniges besassen/ mit betroffen: Es würden auch die Teutschen denen Römischen Feld- und Erdmessern/ die Hälse bald entzwey geschlagen haben/ wann sie sich an ihr Land hatten wagen/ und solches die Creutz und Queer durchstreichen/ und aus messen wollen. Vielmehr bezeuget Strabo, es sey das mitternächtliche Teutschland/ denen Römern bis auf seine Zeiten unbekannt gewesen; Drusus aber/ habe den Anfang gemachet/ mit einer Armee über die Weser/ bis an die Elbe hindurch zudringen/ alwo ihn ein ungewöhnlich groß Weibs-Bild erschienen/ und vermahnet/ wieder zurück zugehen. Doch hiervon gedencket der Tacitus nichts/ es ist auch die gantze Erzehlung unter die andern Römischen Mährchen zurechnen/ durch welche die Römer der einfältigen Welt weiß machen wolten/ was vor Liebe die Götter vor ihre Kayser trügen/ in dem sie selbige so gar in Person vor Gefahr zu warnen würdigten. So ist es auch überhaupt eine Fabel und Römisches Gedichte/ wann der Tacitus, und andere Römische Scribenten vorgeben/ ob habe so wohl der Drusus Germanicus, als auch der Tiberius die Teutchsen völlig überwunden/ wie denn sonderlich der Tacitus eine gar hochtrabende Inscription zusammen schmiedet/ welche der Tiberius, nachdem er zwischen der Weser und Emß / den Arminium außm Felde geschlagen/ hatte aufrichten lassen. Wann diese/ des Tacitus seine Erzehlung sonder Vorurtheil angesehen wird/ so erhellet daraus vielmehr so viel/ daß weder der Drusus, am allerwenigsten aber der Tiberius, in diese Gegenden gekommen/ oder wann ja der letztere sich so weit gewaget/ so hat er gewiß blutwenig Ehre eingeleget. Damit aber die Römischen Geschichtschreider/ diesen ihren Mährgen eine Farbe anstreichen/ und die nicht beschehene Verfolgung des so hochgerühmten Sieges bemänteln möchten/ geben sie vor/ es habe ein heftig Ungewitter des Tiberii Flotte befallen/ habe auch her Aufstand einiger anderer Teutschen Völcker/ ihn den Rückweg zunehmen genöhtiget. Zwar kan endlich beydes seyn: Jedoch/ wer den weiten Weeg bedencket / denn des Tiberii Flotte von Auslauf des Rheins/ alwo sie zusammen gebracht worden/ seyn soll/ an die Weser und Emß hin hätte nehmen müssen/ zugleich erweget/ was vor wenig Wissenschaft die Römer in See-Sachen hatten/ auch wie unmöglich es sey/ daß eine so mächtige Armee, die der Tiberius wieder den Arminium angeführet haben soll/ einen so weiten Weeg/ sonder Magazine, aus denen ihr proviant hätte zugeführet werden können/ habe verrichten können/ und wie in Feindes Landen sich keine Magazine anlegen lassen / Geograph. l. 7. Annal. l. 2.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theatrum-Literatur der Frühen Neuzeit: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-11-26T12:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-11-26T12:54:31Z)
Arne Binder: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-11-26T12:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zschackwitz_schauplatz_1724
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zschackwitz_schauplatz_1724/432
Zitationshilfe: Zschackwitz, Johann Ehrenfried: Historisch-Genealogischer Schau-Platz. Lemgo, 1724, S. 384. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zschackwitz_schauplatz_1724/432>, abgerufen am 06.05.2024.