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Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690.

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Das Erste Buch/
[Spaltenumbruch] [Abbildung] Jndianische Feigen. Ficus Indica.
A. Das
Gewächs.

B. Die
Blühte.

C. Die
Frucht.

D. Ein
Blat.

nach dem anderen herfür/ oben und auff
beyden seiten so gewaltig/ daß ein Baum
darauß wird von solchen blättern/ die sind
dicker als ein Daumen/ wie die Abmahlung
allhier solches anzeiget. Auß diesen blättern
stechen lange spitzige und weisse Dornen
herfür/ gemeiniglich drey oder vier beysam-
men. Diß Gewächs bringt in Jndia viel
Früchte/ die sind anzusehen als die gemeine
Feigen/ doch dicker/ und haben oben ein
Körnlein oder Butzen/ wie die Nespeln/ von
Farben grün-braun. Das innerliche Fleisch
ist voller dünner Körnlein/ wie die Feigen/
und voll rothes safts/ wie die zeitigen Maul-
beere/ derselbige färbt nicht allein die Hän-
de/ sondern macht auch den Harn so blut-
roth/ daß diejenigen/ welche diese Feigen
geessen/ und es nicht wußten/ vermeynten/
das Blut gehe jhnen mit dem Harn hin-
weg/ aber sie wurden darüber von den Jn-
dianeren nur außgelacht.

Jn Jtalien/ Franckreich und Spanien/
wird er gar gemein/ und bringet seine zeiti-
ge Frucht: wie und was gestalten aber dieser
Jndianische Feigenbaum in Teutschland
müsse gepflantzet werden/ berichtet Herr
Wolffgang Jacob Dümler/ in seinem er-
newerten und vermehrten Baum-und Obst-
garten in dem 2. theil im 3. cap. mit folgen-
den worten: Es finden sich in den Nüren-
bergischen Gärten/ zweyerley Geschlecht der
stachlichten Jndianischen Feigenbäum/ ein
kleines und ein grosses: das kleine trägt
blätter so groß als eine Silber-krone/ und
das grosse Werckschuhe-lange blätter: das
kleine hab ich offt sehen blühen und Frucht
tragen. Die Blüthe ist schwefel-gelb/ und
thut sich mit vielen spitzigen blättern/ wie
ein Körnlein gegen der Sonnen auff. Da-
rauff folget die Frucht/ welche gestalt ist
wie ein Feige/ an der Farb braun-röthlicht.
[Spaltenumbruch] Das fleisch inwendig ist röthlicht/ voll ro-
thes saffts/ und mit dünnen Körneren be-
setzt. Diese Frucht/ ob sie zwar Feigen- ge-
stalt hat/ so hat sie doch nicht Feigen-ge-
schmack/ sintemal derselbe was unangenehm
ist: der safft färbet nicht allein die Hände/
sondern auch wenn sie geessen werden/ ma-
chet er den Harn des Menschen so roth/ daß
er nicht anderst/ als wie Blut sihet/ worü-
ber die unwissenden hefftig erschrecken/ und
manchem ein schrecken eingejagt werden
kan. Die grossen Feigenblätter habe ich hie-
siger Orten noch nie blühen und Frucht
tragen sehen/ darumb kan ich auch davon
nichts melden.

Die Pflantzung/ pfleg und wart des stach-
lichten Jndianischen Feigenblats betreffend/
wird zwar dasselbe in warmen Ländern von
seinem Samen gezielet/ aber bey uns wird
es transplantirt. Es wird ein vollkommen
blatt von einem alten Baum genommen/ und
halb in gute Erden gesteckt/ so bekombt es
wurtzeln/ und treibt hernach ein Blatt auß
dem andern. Mit begiessung des Jndiani-
schen Feigenblats muß man behutsam ver-
fahren/ dann viel begiessen hindert nicht al-
lein den wachsthumb der jungen blätter/
treibet dieselben wider zuruck/ sondern erfau-
let auch das Grund-oder Wurtzel-blat/ und
der gantze Baum muß hernach verderben.
Deßhalben er gar selten begossen werden
soll/ denn er sich mit wenig Feuchtigkeit gar
wol betragen kan/ und nässet jhn manchen
Sommer der Regen gar genug zu seinem
wachßthumb. Die kälte kan dieser Baum
auch nicht erleyden/ darumb muß er/ wenn
er groß ist/ in Küblen oder Kästen stehen/
damit er zeitlich den Winter-frost ertrage/
und neben andern Gewächsen entweder im
Keller/ oder in der Scherben-stuben erhal-
ten werde. Das Erdreich/ wenn man jhn in
die Winterung bringt/ muß trocken seyn/
und darff den gantzen Winter durch nicht
begossen werden. Die Winterstelle muß auch
in etwas Lufft haben/ sonst erstickt der Baum.

II. Das ander zum theil schon beschriebene
Geschlecht ist die grosse Jndianis. Feigen/ Fi-
cus Indic major, Park. Indic. fol. spinoso fruct. ma-
jor. C. B. Opuntia vulgo Herbarior. I. B.
Hat gros-
se/ anderthalb quer hand breite/ über schuhe
lange/ ablang-runde/ daumens dicke/ mit ei-
ner haut überzogene/ unebne/ hin und wider
mit spitzigen/ weissen stacheln begabte blät-
ter/ welche voll zähen/ schleimigen/ unge-
schmackten saffts stecken. Diese blätter aber
sind also beschaffen/ daß eines auß dem an-
deren ohnmittelbar wachset; und dienet also
daß underste in die Erden gehende blatt für
den stammen. Auf den blättern sind viel stach-
lichte anfänge der Früchten/ darauß erstlich
die auß vielen gelben/ finger-nagels-dicken/
safftigen/ an gestallt den Rosenblättern sich
vergleichenden blättlein bestehende grosse
Blumen wachsen; wenn diese verwelcket/ so
heben die Früchten an sich zu erzeigen/ und
reiff zu werden/ welche den grossen Feigen
ähnlich/ und ein blutroth färbendes/ süß-
lichtes fleisch haben. Das würtzelein des
jungen newen Gewächs ist einfach/ und
weiß. Auß dem Gewächs fließt auch offt/
ein dem gelben Agstein ähnliches Gummi/

welches

Das Erſte Buch/
[Spaltenumbruch] [Abbildung] Jndianiſche Feigen. Ficus Indica.
A. Das
Gewaͤchs.

B. Die
Bluͤhte.

C. Die
Frucht.

D. Ein
Blat.

nach dem anderen herfuͤr/ oben und auff
beyden ſeiten ſo gewaltig/ daß ein Baum
darauß wird von ſolchen blaͤttern/ die ſind
dicker als ein Daumen/ wie die Abmahlung
allhier ſolches anzeiget. Auß dieſen blaͤttern
ſtechen lange ſpitzige und weiſſe Dornen
herfuͤr/ gemeiniglich drey oder vier beyſam-
men. Diß Gewaͤchs bringt in Jndia viel
Fruͤchte/ die ſind anzuſehen als die gemeine
Feigen/ doch dicker/ und haben oben ein
Koͤrnlein oder Butzen/ wie die Neſpeln/ von
Farben gruͤn-braun. Das innerliche Fleiſch
iſt voller duͤnner Koͤrnlein/ wie die Feigen/
und voll rothes ſafts/ wie die zeitigen Maul-
beere/ derſelbige faͤrbt nicht allein die Haͤn-
de/ ſondern macht auch den Harn ſo blut-
roth/ daß diejenigen/ welche dieſe Feigen
geeſſen/ und es nicht wußten/ vermeynten/
das Blut gehe jhnen mit dem Harn hin-
weg/ aber ſie wurden daruͤber von den Jn-
dianeren nur außgelacht.

Jn Jtalien/ Franckreich und Spanien/
wird er gar gemein/ und bringet ſeine zeiti-
ge Frucht: wie und was geſtalten aber dieſer
Jndianiſche Feigenbaum in Teutſchland
muͤſſe gepflantzet werden/ berichtet Herꝛ
Wolffgang Jacob Duͤmler/ in ſeinem er-
newerten und vermehrten Baum-und Obſt-
garten in dem 2. theil im 3. cap. mit folgen-
den worten: Es finden ſich in den Nuͤren-
bergiſchen Gaͤrten/ zweyerley Geſchlecht der
ſtachlichten Jndianiſchen Feigenbaͤum/ ein
kleines und ein groſſes: das kleine traͤgt
blaͤtter ſo groß als eine Silber-krone/ und
das groſſe Werckſchuhe-lange blaͤtter: das
kleine hab ich offt ſehen bluͤhen und Frucht
tragen. Die Bluͤthe iſt ſchwefel-gelb/ und
thut ſich mit vielen ſpitzigen blaͤttern/ wie
ein Koͤrnlein gegen der Sonnen auff. Da-
rauff folget die Frucht/ welche geſtalt iſt
wie ein Feige/ an der Farb braun-roͤthlicht.
[Spaltenumbruch] Das fleiſch inwendig iſt roͤthlicht/ voll ro-
thes ſaffts/ und mit duͤnnen Koͤrneren be-
ſetzt. Dieſe Frucht/ ob ſie zwar Feigen- ge-
ſtalt hat/ ſo hat ſie doch nicht Feigen-ge-
ſchmack/ ſintemal derſelbe was unangenehm
iſt: der ſafft faͤrbet nicht allein die Haͤnde/
ſondern auch wenn ſie geeſſen werden/ ma-
chet er den Harn des Menſchen ſo roth/ daß
er nicht anderſt/ als wie Blut ſihet/ woruͤ-
ber die unwiſſenden hefftig erſchrecken/ und
manchem ein ſchrecken eingejagt werden
kan. Die groſſen Feigenblaͤtter habe ich hie-
ſiger Orten noch nie bluͤhen und Frucht
tragen ſehen/ darumb kan ich auch davon
nichts melden.

Die Pflantzung/ pfleg und wart des ſtach-
lichten Jndianiſchen Feigenblats betreffend/
wird zwar daſſelbe in warmen Laͤndern von
ſeinem Samen gezielet/ aber bey uns wird
es tranſplantirt. Es wird ein vollkommen
blatt von einem alten Baum genom̃en/ und
halb in gute Erden geſteckt/ ſo bekombt es
wurtzeln/ und treibt hernach ein Blatt auß
dem andern. Mit begieſſung des Jndiani-
ſchen Feigenblats muß man behutſam ver-
fahren/ dann viel begieſſen hindert nicht al-
lein den wachsthumb der jungen blaͤtter/
treibet dieſelben wider zuruck/ ſondern erfau-
let auch das Grund-oder Wurtzel-blat/ und
der gantze Baum muß hernach verderben.
Deßhalben er gar ſelten begoſſen werden
ſoll/ denn er ſich mit wenig Feuchtigkeit gar
wol betragen kan/ und naͤſſet jhn manchen
Sommer der Regen gar genug zu ſeinem
wachßthumb. Die kaͤlte kan dieſer Baum
auch nicht erleyden/ darumb muß er/ wenn
er groß iſt/ in Kuͤblen oder Kaͤſten ſtehen/
damit er zeitlich den Winter-froſt ertrage/
und neben andern Gewaͤchſen entweder im
Keller/ oder in der Scherben-ſtuben erhal-
ten werde. Das Erdreich/ wenn man jhn in
die Winterung bringt/ muß trocken ſeyn/
und darff den gantzen Winter durch nicht
begoſſen werden. Die Winterſtelle muß auch
in etwas Lufft habẽ/ ſonſt erſtickt der Baum.

II. Das ander zum theil ſchon beſchriebene
Geſchlecht iſt die groſſe Jndianiſ. Feigen/ Fi-
cus Indic major, Park. Indic. fol. ſpinoſo fruct. ma-
jor. C. B. Opuntia vulgò Herbarior. I. B.
Hat groſ-
ſe/ anderthalb quer hand breite/ uͤber ſchuhe
lange/ ablang-runde/ daumens dicke/ mit ei-
ner haut uͤberzogene/ unebne/ hin und wider
mit ſpitzigen/ weiſſen ſtacheln begabte blaͤt-
ter/ welche voll zaͤhen/ ſchleimigen/ unge-
ſchmackten ſaffts ſtecken. Dieſe blaͤtter aber
ſind alſo beſchaffen/ daß eines auß dem an-
deren ohnmittelbar wachſet; und dienet alſo
daß underſte in die Erden gehende blatt fuͤr
den ſtam̃en. Auf den blaͤttern ſind viel ſtach-
lichte anfaͤnge der Fruͤchten/ darauß erſtlich
die auß vielen gelben/ finger-nagels-dicken/
ſafftigen/ an geſtallt den Roſenblaͤttern ſich
vergleichenden blaͤttlein beſtehende groſſe
Blumen wachſen; wenn dieſe verwelcket/ ſo
heben die Fruͤchten an ſich zu erzeigen/ und
reiff zu werden/ welche den groſſen Feigen
aͤhnlich/ und ein blutroth faͤrbendes/ ſuͤß-
lichtes fleiſch haben. Das wuͤrtzelein des
jungen newen Gewaͤchs iſt einfach/ und
weiß. Auß dem Gewaͤchs fließt auch offt/
ein dem gelben Agſtein aͤhnliches Gummi/

welches
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[264/0280] Das Erſte Buch/ [Abbildung Jndianiſche Feigen. Ficus Indica. ] nach dem anderen herfuͤr/ oben und auff beyden ſeiten ſo gewaltig/ daß ein Baum darauß wird von ſolchen blaͤttern/ die ſind dicker als ein Daumen/ wie die Abmahlung allhier ſolches anzeiget. Auß dieſen blaͤttern ſtechen lange ſpitzige und weiſſe Dornen herfuͤr/ gemeiniglich drey oder vier beyſam- men. Diß Gewaͤchs bringt in Jndia viel Fruͤchte/ die ſind anzuſehen als die gemeine Feigen/ doch dicker/ und haben oben ein Koͤrnlein oder Butzen/ wie die Neſpeln/ von Farben gruͤn-braun. Das innerliche Fleiſch iſt voller duͤnner Koͤrnlein/ wie die Feigen/ und voll rothes ſafts/ wie die zeitigen Maul- beere/ derſelbige faͤrbt nicht allein die Haͤn- de/ ſondern macht auch den Harn ſo blut- roth/ daß diejenigen/ welche dieſe Feigen geeſſen/ und es nicht wußten/ vermeynten/ das Blut gehe jhnen mit dem Harn hin- weg/ aber ſie wurden daruͤber von den Jn- dianeren nur außgelacht. Jn Jtalien/ Franckreich und Spanien/ wird er gar gemein/ und bringet ſeine zeiti- ge Frucht: wie und was geſtalten aber dieſer Jndianiſche Feigenbaum in Teutſchland muͤſſe gepflantzet werden/ berichtet Herꝛ Wolffgang Jacob Duͤmler/ in ſeinem er- newerten und vermehrten Baum-und Obſt- garten in dem 2. theil im 3. cap. mit folgen- den worten: Es finden ſich in den Nuͤren- bergiſchen Gaͤrten/ zweyerley Geſchlecht der ſtachlichten Jndianiſchen Feigenbaͤum/ ein kleines und ein groſſes: das kleine traͤgt blaͤtter ſo groß als eine Silber-krone/ und das groſſe Werckſchuhe-lange blaͤtter: das kleine hab ich offt ſehen bluͤhen und Frucht tragen. Die Bluͤthe iſt ſchwefel-gelb/ und thut ſich mit vielen ſpitzigen blaͤttern/ wie ein Koͤrnlein gegen der Sonnen auff. Da- rauff folget die Frucht/ welche geſtalt iſt wie ein Feige/ an der Farb braun-roͤthlicht. Das fleiſch inwendig iſt roͤthlicht/ voll ro- thes ſaffts/ und mit duͤnnen Koͤrneren be- ſetzt. Dieſe Frucht/ ob ſie zwar Feigen- ge- ſtalt hat/ ſo hat ſie doch nicht Feigen-ge- ſchmack/ ſintemal derſelbe was unangenehm iſt: der ſafft faͤrbet nicht allein die Haͤnde/ ſondern auch wenn ſie geeſſen werden/ ma- chet er den Harn des Menſchen ſo roth/ daß er nicht anderſt/ als wie Blut ſihet/ woruͤ- ber die unwiſſenden hefftig erſchrecken/ und manchem ein ſchrecken eingejagt werden kan. Die groſſen Feigenblaͤtter habe ich hie- ſiger Orten noch nie bluͤhen und Frucht tragen ſehen/ darumb kan ich auch davon nichts melden. Die Pflantzung/ pfleg und wart des ſtach- lichten Jndianiſchen Feigenblats betreffend/ wird zwar daſſelbe in warmen Laͤndern von ſeinem Samen gezielet/ aber bey uns wird es tranſplantirt. Es wird ein vollkommen blatt von einem alten Baum genom̃en/ und halb in gute Erden geſteckt/ ſo bekombt es wurtzeln/ und treibt hernach ein Blatt auß dem andern. Mit begieſſung des Jndiani- ſchen Feigenblats muß man behutſam ver- fahren/ dann viel begieſſen hindert nicht al- lein den wachsthumb der jungen blaͤtter/ treibet dieſelben wider zuruck/ ſondern erfau- let auch das Grund-oder Wurtzel-blat/ und der gantze Baum muß hernach verderben. Deßhalben er gar ſelten begoſſen werden ſoll/ denn er ſich mit wenig Feuchtigkeit gar wol betragen kan/ und naͤſſet jhn manchen Sommer der Regen gar genug zu ſeinem wachßthumb. Die kaͤlte kan dieſer Baum auch nicht erleyden/ darumb muß er/ wenn er groß iſt/ in Kuͤblen oder Kaͤſten ſtehen/ damit er zeitlich den Winter-froſt ertrage/ und neben andern Gewaͤchſen entweder im Keller/ oder in der Scherben-ſtuben erhal- ten werde. Das Erdreich/ wenn man jhn in die Winterung bringt/ muß trocken ſeyn/ und darff den gantzen Winter durch nicht begoſſen werden. Die Winterſtelle muß auch in etwas Lufft habẽ/ ſonſt erſtickt der Baum. II. Das ander zum theil ſchon beſchriebene Geſchlecht iſt die groſſe Jndianiſ. Feigen/ Fi- cus Indic major, Park. Indic. fol. ſpinoſo fruct. ma- jor. C. B. Opuntia vulgò Herbarior. I. B. Hat groſ- ſe/ anderthalb quer hand breite/ uͤber ſchuhe lange/ ablang-runde/ daumens dicke/ mit ei- ner haut uͤberzogene/ unebne/ hin und wider mit ſpitzigen/ weiſſen ſtacheln begabte blaͤt- ter/ welche voll zaͤhen/ ſchleimigen/ unge- ſchmackten ſaffts ſtecken. Dieſe blaͤtter aber ſind alſo beſchaffen/ daß eines auß dem an- deren ohnmittelbar wachſet; und dienet alſo daß underſte in die Erden gehende blatt fuͤr den ſtam̃en. Auf den blaͤttern ſind viel ſtach- lichte anfaͤnge der Fruͤchten/ darauß erſtlich die auß vielen gelben/ finger-nagels-dicken/ ſafftigen/ an geſtallt den Roſenblaͤttern ſich vergleichenden blaͤttlein beſtehende groſſe Blumen wachſen; wenn dieſe verwelcket/ ſo heben die Fruͤchten an ſich zu erzeigen/ und reiff zu werden/ welche den groſſen Feigen aͤhnlich/ und ein blutroth faͤrbendes/ ſuͤß- lichtes fleiſch haben. Das wuͤrtzelein des jungen newen Gewaͤchs iſt einfach/ und weiß. Auß dem Gewaͤchs fließt auch offt/ ein dem gelben Agſtein aͤhnliches Gummi/ welches

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Zitationshilfe: Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zwinger_theatrum_1690/280>, abgerufen am 29.04.2024.