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Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690.

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Das Dritte Buch/
[Spaltenumbruch] beyderseits zerschnitten. Mitten durch die
Blätter gehet ein runder und holkelichter
stengel wie ein stecken. Jn der höhe trägt
er schöne/ grosse/ sehr scharffe/ purpur- oder
veyelbraune Distelköpff/ schier als die za-
pffen an den Kifferbäumen/ darinnen ligt
ein weißgrawer samen in weicher Wollen/
wie wilder Saffran-samen. Die Wurtzel
ist starck/ zweyer daumen dick/ und zweyer
spannen lang/ eines lieblichen und süßlich-
ten geschmacks. Etliche essen sie gekocht oder
rohe mit Saltz und Pfeffer wie einen Ret-
tich: deßgleichen das fleischichte untertheil
des Distelkopffs essen die Jtaliäner/ Fran-
tzosen und Spanier im Sommer/ ehe ge-
melte köpfflein blühen und hart werden.

[Abbildung] Strobildorn ohne stachlichte Blätter.
Scolymus non aculeatus.

Das ander Geschlecht ohne stachlichte
Blätter/ Scolymus sativus non aculeatus, ist
dem vorigen nicht ungleich/ außgenommen
daß es keinen dorn und stachel hat/ wird
mehr denn das vorige gebraucht/ daher die
Frantzosen sich solches fast bey allen mahl-
zeiten bedienen/ denn sie können es über den
gantzen Winter behalten/ so sie es im Som-
mer/ wenn es noch jung ist/ mit Sand oder
Erden überschütten/ weilen es also weiß/
zart und weich verbleibet.

Diesem ist der grosse allhier abgemahlte
Strobildorn oder Artischock ähnlich/ allein
daß er in allen stucken grösser wächßt/ ist
erstlich auß Engelland zu uns gebracht wor-
den. Der Fürstliche Eystättische Lustgarten
stellet uns auch den grossen Polnischen/ und
Genuesischen Artischock vor/ welche jedoch
keine sehr stachlichte Blätter herfür bringen.

Der Strobildorn/ nach dem er erstlich
auß Jtalien und Franckreich zu uns kom-
men/ ist nunmehr in Teutschland wol be-
kant/ denn er bald in allen Gärten gepflan-
tzet wird. Er bluhet etwas langsam im
[Spaltenumbruch] Sommer/ und muß man ihne wol thün-
gen/ so kommet er desto grösser herfür. Man
bringet ihne leichtlich vom samen auff/ wel-
chen man nicht umbgekehrt setzen soll/ denn
sonsten die Artischock hart/ krum und unge-
schlacht wachsen/ auch muß dieses im zuneh-
menden Mond geschehen. Wenn heiß wet-
ter darauff erfolget/ sollen sie offt mit was-
ser begossen werden. Unter allen Garten-
gewächsen aber ist in Teutschland keines
schwerer durch den Winter zubringen/ als
eben der Artischock/ zumahlen er so wol von
der nässe als von der kälte schaden leidet/
und in eine fäulung gerathet. Der ort/ all-
wo man diese Gewächs zu pflantzen geden-
cket/ muß dem Nordwind ab- und hingegen
der Sonnen nach wol gelegen seyn. Der
Grund muß dabeneben auch recht zuberei-
tet seyn/ zu welchem ende man denselben ei-
nes knies tieff/ weilen das gewächs tieff
wächßt/ auffhacken/ demnach recht säubern/
und zugleich mit gutem altem mist oder tüng
wol vermischen soll. Will man denn ge-
schwind zu Artischocken kommen/ so muß
man nicht den samen/ sondern die schossen
pflantzen: diese aber kan man zuvor wol
erstarcken und etwas wurtzlen lassen/ ehe man
sie abbricht/ so nehmen sie in kurtzem besser
zu/ und gerathen fein bald zu verlangter
vollkommenheit. Jn dem setzen bedeuteter
schossen muß das obere kraut weggeschnit-
ten/ und mehr nicht/ als einer hand breit
dabey gelassen werden. Jn dem übrigen/ soll
man die schoß auffs wenigste eines guten
schuhes weit von einandern/ auch nicht all-
zu tieff in die Erden setzen/ dabey aber in acht
nehmen/ daß allwegen noch ein wenig alter
mist mit hinzu gethan werde. Und dafern
gleich anfangs der pflantzung trocken wetter
einfällt/ so muß man die pflantzen des tags
vor der Sonnen hitz bewahren/ und mithin
mit wasser begiessen. Die zeit der pflantzung
ist im Frühling im nidsich gehenden und zu-
nehmenden Mond. Wenn denn nun die
schoß also in ein gut erdreich gepflantzet wor-
den/ und beneben gute abwart bekommen/
so mögen sie wol gegen dem Herbst zur
frucht kommen. So bald aber die frucht
von dem stengel abgeschnitten worden/ so
muß man zugleich denstengel dem grund e-
ben abschneiden/ damit das gewächs an des-
sen statt andere frische schoß bekomme.

Zu bewahrung der Artischocken vor der
Winters-kälte und nässe/ bedecken etliche die
biß auff ein halben schuh hoch zuvor abge-
schnittenen gewächs mit Eychen- oder Nuß-
laub; andere mit wol außgedörrtem Säg-
mehl; andere mit trocknen sprewern/ und
strohenen deckeln oder hüten/ worüber man
zugleich endlich auch Roßmist leget. Aber
alles muß dergestalten angestellet werden/
daß die Artischocken under solcher bedeckung
etwas luffts haben/ damit sie nicht ersticken.
Nach überstandenem Winter/ da man den
äusserlichen lufft zuläßt/ ist wol in acht zu
nehmen/ daß sie nicht wider von einsmah-
liger frischer kälte überfallen/ und zu grund
gerichtet werden. Wenn denn endlich keine
gefahr mehr zu besorgen/ so muß man denjeni-
gen gewächsen/ welche viel schoß haben/ et-
welche/ und zwar die schlechtern hinweg

schneiden/

Das Dritte Buch/
[Spaltenumbruch] beyderſeits zerſchnitten. Mitten durch die
Blaͤtter gehet ein runder und holkelichter
ſtengel wie ein ſtecken. Jn der hoͤhe traͤgt
er ſchoͤne/ groſſe/ ſehr ſcharffe/ purpur- oder
veyelbraune Diſtelkoͤpff/ ſchier als die za-
pffen an den Kifferbaͤumen/ darinnen ligt
ein weißgrawer ſamen in weicher Wollen/
wie wilder Saffran-ſamen. Die Wurtzel
iſt ſtarck/ zweyer daumen dick/ und zweyer
ſpannen lang/ eines lieblichen und ſuͤßlich-
ten geſchmacks. Etliche eſſen ſie gekocht oder
rohe mit Saltz und Pfeffer wie einen Ret-
tich: deßgleichen das fleiſchichte untertheil
des Diſtelkopffs eſſen die Jtaliaͤner/ Fran-
tzoſen und Spanier im Sommer/ ehe ge-
melte koͤpfflein bluͤhen und hart werden.

[Abbildung] Strobildorn ohne ſtachlichte Blaͤtter.
Scolymus non aculeatus.

Das ander Geſchlecht ohne ſtachlichte
Blaͤtter/ Scolymus ſativus non aculeatus, iſt
dem vorigen nicht ungleich/ außgenommen
daß es keinen dorn und ſtachel hat/ wird
mehr denn das vorige gebraucht/ daher die
Frantzoſen ſich ſolches faſt bey allen mahl-
zeiten bedienen/ denn ſie koͤnnen es uͤber den
gantzen Winter behalten/ ſo ſie es im Som-
mer/ wenn es noch jung iſt/ mit Sand oder
Erden uͤberſchuͤtten/ weilen es alſo weiß/
zart und weich verbleibet.

Dieſem iſt der groſſe allhier abgemahlte
Strobildorn oder Artiſchock aͤhnlich/ allein
daß er in allen ſtucken groͤſſer waͤchßt/ iſt
erſtlich auß Engelland zu uns gebracht wor-
den. Der Fuͤrſtliche Eyſtaͤttiſche Luſtgarten
ſtellet uns auch den groſſen Polniſchen/ und
Genueſiſchen Artiſchock vor/ welche jedoch
keine ſehr ſtachlichte Blaͤtter herfuͤr bringen.

Der Strobildorn/ nach dem er erſtlich
auß Jtalien und Franckreich zu uns kom-
men/ iſt nunmehr in Teutſchland wol be-
kant/ denn er bald in allen Gaͤrten gepflan-
tzet wird. Er blůhet etwas langſam im
[Spaltenumbruch] Sommer/ und muß man ihne wol thuͤn-
gen/ ſo kommet er deſto groͤſſer herfuͤr. Man
bringet ihne leichtlich vom ſamen auff/ wel-
chen man nicht umbgekehrt ſetzen ſoll/ denn
ſonſten die Artiſchock hart/ krum und unge-
ſchlacht wachſen/ auch muß dieſes im zuneh-
menden Mond geſchehen. Wenn heiß wet-
ter darauff erfolget/ ſollen ſie offt mit waſ-
ſer begoſſen werden. Unter allen Garten-
gewaͤchſen aber iſt in Teutſchland keines
ſchwerer durch den Winter zubringen/ als
eben der Artiſchock/ zumahlen er ſo wol von
der naͤſſe als von der kaͤlte ſchaden leidet/
und in eine faͤulung gerathet. Der ort/ all-
wo man dieſe Gewaͤchs zu pflantzen geden-
cket/ muß dem Nordwind ab- und hingegen
der Sonnen nach wol gelegen ſeyn. Der
Grund muß dabeneben auch recht zuberei-
tet ſeyn/ zu welchem ende man denſelben ei-
nes knies tieff/ weilen das gewaͤchs tieff
waͤchßt/ auffhacken/ demnach recht ſaͤubern/
und zugleich mit gutem altem miſt oder tuͤng
wol vermiſchen ſoll. Will man denn ge-
ſchwind zu Artiſchocken kommen/ ſo muß
man nicht den ſamen/ ſondern die ſchoſſen
pflantzen: dieſe aber kan man zuvor wol
erſtarcken und etwas wurtzlen laſſen/ ehe man
ſie abbricht/ ſo nehmen ſie in kurtzem beſſer
zu/ und gerathen fein bald zu verlangter
vollkommenheit. Jn dem ſetzen bedeuteter
ſchoſſen muß das obere kraut weggeſchnit-
ten/ und mehr nicht/ als einer hand breit
dabey gelaſſen werden. Jn dem uͤbrigen/ ſoll
man die ſchoß auffs wenigſte eines guten
ſchuhes weit von einandern/ auch nicht all-
zu tieff in die Erden ſetzen/ dabey aber in acht
nehmen/ daß allwegen noch ein wenig alter
miſt mit hinzu gethan werde. Und dafern
gleich anfangs der pflantzung trocken wetter
einfaͤllt/ ſo muß man die pflantzen des tags
vor der Sonnen hitz bewahren/ und mithin
mit waſſer begieſſen. Die zeit der pflantzung
iſt im Fruͤhling im nidſich gehenden und zu-
nehmenden Mond. Wenn denn nun die
ſchoß alſo in ein gut erdreich gepflantzet wor-
den/ und beneben gute abwart bekommen/
ſo moͤgen ſie wol gegen dem Herbſt zur
frucht kommen. So bald aber die frucht
von dem ſtengel abgeſchnitten worden/ ſo
muß man zugleich denſtengel dem grund e-
ben abſchneiden/ damit das gewaͤchs an deſ-
ſen ſtatt andere friſche ſchoß bekomme.

Zu bewahrung der Artiſchocken vor der
Winters-kaͤlte und naͤſſe/ bedecken etliche die
biß auff ein halben ſchuh hoch zuvor abge-
ſchnittenen gewaͤchs mit Eychen- oder Nuß-
laub; andere mit wol außgedoͤrꝛtem Saͤg-
mehl; andere mit trocknen ſprewern/ und
ſtrohenen deckeln oder huͤten/ woruͤber man
zugleich endlich auch Roßmiſt leget. Aber
alles muß dergeſtalten angeſtellet werden/
daß die Artiſchocken under ſolcher bedeckung
etwas luffts haben/ damit ſie nicht erſticken.
Nach uͤberſtandenem Winter/ da man den
aͤuſſerlichen lufft zulaͤßt/ iſt wol in acht zu
nehmen/ daß ſie nicht wider von einsmah-
liger friſcher kaͤlte uͤberfallen/ und zu grund
gerichtet werden. Wenn denn endlich keine
gefahr mehr zu beſorgẽ/ ſo muß man denjeni-
gen gewaͤchſen/ welche viel ſchoß haben/ et-
welche/ und zwar die ſchlechtern hinweg

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[644/0660] Das Dritte Buch/ beyderſeits zerſchnitten. Mitten durch die Blaͤtter gehet ein runder und holkelichter ſtengel wie ein ſtecken. Jn der hoͤhe traͤgt er ſchoͤne/ groſſe/ ſehr ſcharffe/ purpur- oder veyelbraune Diſtelkoͤpff/ ſchier als die za- pffen an den Kifferbaͤumen/ darinnen ligt ein weißgrawer ſamen in weicher Wollen/ wie wilder Saffran-ſamen. Die Wurtzel iſt ſtarck/ zweyer daumen dick/ und zweyer ſpannen lang/ eines lieblichen und ſuͤßlich- ten geſchmacks. Etliche eſſen ſie gekocht oder rohe mit Saltz und Pfeffer wie einen Ret- tich: deßgleichen das fleiſchichte untertheil des Diſtelkopffs eſſen die Jtaliaͤner/ Fran- tzoſen und Spanier im Sommer/ ehe ge- melte koͤpfflein bluͤhen und hart werden. [Abbildung Strobildorn ohne ſtachlichte Blaͤtter. Scolymus non aculeatus. ] Das ander Geſchlecht ohne ſtachlichte Blaͤtter/ Scolymus ſativus non aculeatus, iſt dem vorigen nicht ungleich/ außgenommen daß es keinen dorn und ſtachel hat/ wird mehr denn das vorige gebraucht/ daher die Frantzoſen ſich ſolches faſt bey allen mahl- zeiten bedienen/ denn ſie koͤnnen es uͤber den gantzen Winter behalten/ ſo ſie es im Som- mer/ wenn es noch jung iſt/ mit Sand oder Erden uͤberſchuͤtten/ weilen es alſo weiß/ zart und weich verbleibet. Dieſem iſt der groſſe allhier abgemahlte Strobildorn oder Artiſchock aͤhnlich/ allein daß er in allen ſtucken groͤſſer waͤchßt/ iſt erſtlich auß Engelland zu uns gebracht wor- den. Der Fuͤrſtliche Eyſtaͤttiſche Luſtgarten ſtellet uns auch den groſſen Polniſchen/ und Genueſiſchen Artiſchock vor/ welche jedoch keine ſehr ſtachlichte Blaͤtter herfuͤr bringen. Der Strobildorn/ nach dem er erſtlich auß Jtalien und Franckreich zu uns kom- men/ iſt nunmehr in Teutſchland wol be- kant/ denn er bald in allen Gaͤrten gepflan- tzet wird. Er blůhet etwas langſam im Sommer/ und muß man ihne wol thuͤn- gen/ ſo kommet er deſto groͤſſer herfuͤr. Man bringet ihne leichtlich vom ſamen auff/ wel- chen man nicht umbgekehrt ſetzen ſoll/ denn ſonſten die Artiſchock hart/ krum und unge- ſchlacht wachſen/ auch muß dieſes im zuneh- menden Mond geſchehen. Wenn heiß wet- ter darauff erfolget/ ſollen ſie offt mit waſ- ſer begoſſen werden. Unter allen Garten- gewaͤchſen aber iſt in Teutſchland keines ſchwerer durch den Winter zubringen/ als eben der Artiſchock/ zumahlen er ſo wol von der naͤſſe als von der kaͤlte ſchaden leidet/ und in eine faͤulung gerathet. Der ort/ all- wo man dieſe Gewaͤchs zu pflantzen geden- cket/ muß dem Nordwind ab- und hingegen der Sonnen nach wol gelegen ſeyn. Der Grund muß dabeneben auch recht zuberei- tet ſeyn/ zu welchem ende man denſelben ei- nes knies tieff/ weilen das gewaͤchs tieff waͤchßt/ auffhacken/ demnach recht ſaͤubern/ und zugleich mit gutem altem miſt oder tuͤng wol vermiſchen ſoll. Will man denn ge- ſchwind zu Artiſchocken kommen/ ſo muß man nicht den ſamen/ ſondern die ſchoſſen pflantzen: dieſe aber kan man zuvor wol erſtarcken und etwas wurtzlen laſſen/ ehe man ſie abbricht/ ſo nehmen ſie in kurtzem beſſer zu/ und gerathen fein bald zu verlangter vollkommenheit. Jn dem ſetzen bedeuteter ſchoſſen muß das obere kraut weggeſchnit- ten/ und mehr nicht/ als einer hand breit dabey gelaſſen werden. Jn dem uͤbrigen/ ſoll man die ſchoß auffs wenigſte eines guten ſchuhes weit von einandern/ auch nicht all- zu tieff in die Erden ſetzen/ dabey aber in acht nehmen/ daß allwegen noch ein wenig alter miſt mit hinzu gethan werde. Und dafern gleich anfangs der pflantzung trocken wetter einfaͤllt/ ſo muß man die pflantzen des tags vor der Sonnen hitz bewahren/ und mithin mit waſſer begieſſen. Die zeit der pflantzung iſt im Fruͤhling im nidſich gehenden und zu- nehmenden Mond. Wenn denn nun die ſchoß alſo in ein gut erdreich gepflantzet wor- den/ und beneben gute abwart bekommen/ ſo moͤgen ſie wol gegen dem Herbſt zur frucht kommen. So bald aber die frucht von dem ſtengel abgeſchnitten worden/ ſo muß man zugleich denſtengel dem grund e- ben abſchneiden/ damit das gewaͤchs an deſ- ſen ſtatt andere friſche ſchoß bekomme. Zu bewahrung der Artiſchocken vor der Winters-kaͤlte und naͤſſe/ bedecken etliche die biß auff ein halben ſchuh hoch zuvor abge- ſchnittenen gewaͤchs mit Eychen- oder Nuß- laub; andere mit wol außgedoͤrꝛtem Saͤg- mehl; andere mit trocknen ſprewern/ und ſtrohenen deckeln oder huͤten/ woruͤber man zugleich endlich auch Roßmiſt leget. Aber alles muß dergeſtalten angeſtellet werden/ daß die Artiſchocken under ſolcher bedeckung etwas luffts haben/ damit ſie nicht erſticken. Nach uͤberſtandenem Winter/ da man den aͤuſſerlichen lufft zulaͤßt/ iſt wol in acht zu nehmen/ daß ſie nicht wider von einsmah- liger friſcher kaͤlte uͤberfallen/ und zu grund gerichtet werden. Wenn denn endlich keine gefahr mehr zu beſorgẽ/ ſo muß man denjeni- gen gewaͤchſen/ welche viel ſchoß haben/ et- welche/ und zwar die ſchlechtern hinweg ſchneiden/

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Zitationshilfe: Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690, S. 644. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zwinger_theatrum_1690/660>, abgerufen am 28.04.2024.