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Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690.

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Das Dritte Buch/
[Spaltenumbruch]


CAPUT CX.
[Abbildung] Cretischer Dictam. Dictamnus
Creticus.

Namen.

CRetischer oder edler Dictam heißt Grie-
chisch/ [fremdsprachliches Material - 3 Wörter fehlen],
[fremdsprachliches Material - 3 Wörter fehlen]. Lateinisch/
Dictamnus Creticus, Dictamnum Creticum,
Dictamnus, Dictamnum, Dictamnum verum,

Jtaliänisch/ Dittanno diCandia. Frantzösisch/
Dictame. Spanisch/ Ditamo. Englisch/ Dit-
tainder/ Dittany/ Garden ginger/ Frensch
Diptammer.

Gestalt.

Der Cretische Dictam stoßt von einer
Wurtzel viel harte/ runde Gertlein oder
Stengelein über sich/ daran stehen die run-
den blätter/ je zwey gegen einander gesetzt/
sind viel grösser und dicker als der Poley. Er
bringt oben seine purpurfarbe schüppichte
Blumen/ fast in der Gestalt wie Hopffen.
Die Wurtzel ist vielfältig. Das gantze Ge-
wächs gibt einen geruch fast wie Poley. Man
bringet ihn auß Creta/ jetzunder Candia ge-
nannt/ über Venedig zu uns. Er gehet
wol auff von dem Samen/ wil aber gute
wartung haben/ daß er in dem Winter nicht
verderbe. Welcher Camerario auß Jtalien
ist zugeschickt worden/ hat sich wol gemeh-
ret/ und starck geblühet/ aber dieweil er im
Herbst nicht in viel Stöcklein zertheilt wa-
re/ ist er gegen dem Frühling verdorben.

Der Cretische Dictam/ so in Candia
wächßt/ hat dickere und haarigere Blätter/
welcher aber in den Jtaliänischen Gärten
gepflantzet wird/ überkomt grössere blätter/
die nicht gar graw sind. Jn Sardinia
bringt er kleine/ weisse und sehr wolriechen-
de Blätter.

[Spaltenumbruch]

Damit die Apothecker in einkauffung des
Dictams nicht betrogen werden/ so dienet
ihnen zur nachricht/ daß zweyerley Dictam
feil getragen werden/ ein wahrer guter/ und
ein falscher vermeinter. Der wahre Di-
ctam/ welcher allein in den Apothecken soll
gebraucht werden/ hat schwartze Stengel/
der falsche aber hat weisse/ an den Blätte-
ren aber lassen sie sich nicht unterscheiden.

Eigenschafft.

Der Cretische Dictam/ dessen Blätter al-
lein im gebrauch sind/ ist warm und trocken
im dritten grad; hat auch ein scharffes/
flüchtiges/ etwas ölichtes saltz bey sich/ und
daher gantz gleiche Eigenschafft mit dem
Poley.

Gebrauch.

Der Cretische Dictam hat gleiche Tugen-Gifft/ zu-
ruckblei-
bende mo-
natliche
reinigung/
Geburt und
Nachge-
burt/ abge-
storbene
Frucht/
schwere ni-
derkunfft.

den wie der Poley/ sind doch kräfftiger. Er
widerstehet allem Gifft/ daher er auch zum
Theriac und Mithridat gebraucht wird. Er
befürderet die monatliche Reinigung/ Ge-
burt und Nachgeburt/ treibet auß die abge-
storbene Frucht/ und erleichteret die Nider-
kunfften der Weibern.

Nach dem bericht Dioscoridis und Plinii,
sollen in der Jnsul Creta oder Candien die
Gembsen oder wilde Geissen/ wenn sie ge-
schossen werden/ dieses Kraut essen/ und
darauff ihnen nach und nach die Pfeil und
Spitzen auß dem Leib fallen/ dannenher
auch Virgilius in seinem zwölfften Buch/
wenn er von dem verwundten AEnea redet/
nach der Ubersetzung Herren Filip von Ze-
sen/ also schreibet:

Da Jda sich der See mit stoltzem Gipffel
zeiget/
Und sein begrüntes Haupt zu spiegeln her-
werts neiget/
Da kam die Venus hin/ und fand ein ed-
les Kraut/
Daß diesem Berge wächßt auß seiner stei-
nern Haut.
Es ist sehr schön gefärbt/ wenn seine
Stengel blühen/
Das hohe purpur-roth scheint drinnen
selbst zu glüen:
Sein Laub ist lieblich grün/ kan nicht als
heilsam seyn/
Und lindert kräfftiglich die gröste Schmer-
tzens-Pein.
Die Böcke dieses Orts/ die in der Wild-
nuß leben/
Die auff der Felsen Höh und steilen Klip-
pen schweben/
Die kennen dieß Gewächs/ wenn sie ein
Schuß geritzt/
Und noch der scharffe Pfeil in ihren Glie-
dern sitzt.
Denn wenn sein grünes Blatt die Wund-
geschoßnen essen/
So wird das Eisen loß/ wie fest es ist ge-
sessen/
Und gibt sich auß dem Fleisch/ so daß der
Schmertz verschwind/
Und sich in kurtzer Zeit der Bock geheilt
befind.

Dictam-blätter zu reinstem Pulver ge-
stossen/ und darvon 20. gran täglich früh

und
Das Dritte Buch/
[Spaltenumbruch]


CAPUT CX.
[Abbildung] Cretiſcher Dictam. Dictamnus
Creticus.

Namen.

CRetiſcher oder edler Dictam heißt Grie-
chiſch/ [fremdsprachliches Material – 3 Wörter fehlen],
[fremdsprachliches Material – 3 Wörter fehlen]. Lateiniſch/
Dictamnus Creticus, Dictamnum Creticum,
Dictamnus, Dictamnum, Dictamnum verum,

Jtaliaͤniſch/ Dittanno diCandia. Frantzoͤſiſch/
Dictame. Spaniſch/ Ditamo. Engliſch/ Dit-
tainder/ Dittany/ Garden ginger/ Frenſch
Diptammer.

Geſtalt.

Der Cretiſche Dictam ſtoßt von einer
Wurtzel viel harte/ runde Gertlein oder
Stengelein uͤber ſich/ daran ſtehen die run-
den blaͤtter/ je zwey gegen einander geſetzt/
ſind viel groͤſſer und dicker als der Poley. Er
bringt oben ſeine purpurfarbe ſchuͤppichte
Blumen/ faſt in der Geſtalt wie Hopffen.
Die Wurtzel iſt vielfaͤltig. Das gantze Ge-
waͤchs gibt einen geruch faſt wie Poley. Man
bringet ihn auß Creta/ jetzunder Candia ge-
nannt/ uͤber Venedig zu uns. Er gehet
wol auff von dem Samen/ wil aber gute
wartung haben/ daß er in dem Winter nicht
verderbe. Welcher Camerario auß Jtalien
iſt zugeſchickt worden/ hat ſich wol gemeh-
ret/ und ſtarck gebluͤhet/ aber dieweil er im
Herbſt nicht in viel Stoͤcklein zertheilt wa-
re/ iſt er gegen dem Fruͤhling verdorben.

Der Cretiſche Dictam/ ſo in Candia
waͤchßt/ hat dickere und haarigere Blaͤtter/
welcher aber in den Jtaliaͤniſchen Gaͤrten
gepflantzet wird/ uͤberkomt groͤſſere blaͤtter/
die nicht gar graw ſind. Jn Sardinia
bringt er kleine/ weiſſe und ſehr wolriechen-
de Blaͤtter.

[Spaltenumbruch]

Damit die Apothecker in einkauffung des
Dictams nicht betrogen werden/ ſo dienet
ihnen zur nachricht/ daß zweyerley Dictam
feil getragen werden/ ein wahrer guter/ und
ein falſcher vermeinter. Der wahre Di-
ctam/ welcher allein in den Apothecken ſoll
gebraucht werden/ hat ſchwartze Stengel/
der falſche aber hat weiſſe/ an den Blaͤtte-
ren aber laſſen ſie ſich nicht unterſcheiden.

Eigenſchafft.

Der Cretiſche Dictam/ deſſen Blaͤtter al-
lein im gebrauch ſind/ iſt warm und trocken
im dritten grad; hat auch ein ſcharffes/
fluͤchtiges/ etwas oͤlichtes ſaltz bey ſich/ und
daher gantz gleiche Eigenſchafft mit dem
Poley.

Gebrauch.

Der Cretiſche Dictam hat gleiche Tugen-Gifft/ zu-
ruckblei-
bende mo-
natliche
reinigung/
Geburt uñ
Nachge-
burt/ abge-
ſtorbene
Frucht/
ſchwere ni-
derkunfft.

den wie der Poley/ ſind doch kraͤfftiger. Er
widerſtehet allem Gifft/ daher er auch zum
Theriac und Mithridat gebraucht wird. Er
befuͤrderet die monatliche Reinigung/ Ge-
burt und Nachgeburt/ treibet auß die abge-
ſtorbene Frucht/ und erleichteret die Nider-
kunfften der Weibern.

Nach dem bericht Dioſcoridis und Plinii,
ſollen in der Jnſul Creta oder Candien die
Gembſen oder wilde Geiſſen/ wenn ſie ge-
ſchoſſen werden/ dieſes Kraut eſſen/ und
darauff ihnen nach und nach die Pfeil und
Spitzen auß dem Leib fallen/ dannenher
auch Virgilius in ſeinem zwoͤlfften Buch/
wenn er von dem verwundten Ænea redet/
nach der Uberſetzung Herꝛen Filip von Ze-
ſen/ alſo ſchreibet:

Da Jda ſich der See mit ſtoltzem Gipffel
zeiget/
Und ſein begruͤntes Haupt zu ſpiegeln her-
werts neiget/
Da kam die Venus hin/ und fand ein ed-
les Kraut/
Daß dieſem Berge waͤchßt auß ſeiner ſtei-
nern Haut.
Es iſt ſehr ſchoͤn gefaͤrbt/ wenn ſeine
Stengel bluͤhen/
Das hohe purpur-roth ſcheint drinnen
ſelbſt zu gluͤen:
Sein Laub iſt lieblich gruͤn/ kan nicht als
heilſam ſeyn/
Und lindert kraͤfftiglich die groͤſte Schmer-
tzens-Pein.
Die Boͤcke dieſes Orts/ die in der Wild-
nuß leben/
Die auff der Felſen Hoͤh und ſteilen Klip-
pen ſchweben/
Die kennen dieß Gewaͤchs/ wenn ſie ein
Schuß geritzt/
Und noch der ſcharffe Pfeil in ihren Glie-
dern ſitzt.
Denn wenn ſein gruͤnes Blatt die Wund-
geſchoßnen eſſen/
So wird das Eiſen loß/ wie feſt es iſt ge-
ſeſſen/
Und gibt ſich auß dem Fleiſch/ ſo daß der
Schmertz verſchwind/
Und ſich in kurtzer Zeit der Bock geheilt
befind.

Dictam-blaͤtter zu reinſtem Pulver ge-
ſtoſſen/ und darvon 20. gran taͤglich fruͤh

und
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[672/0688] Das Dritte Buch/ CAPUT CX. [Abbildung Cretiſcher Dictam. Dictamnus Creticus. ] Namen. CRetiſcher oder edler Dictam heißt Grie- chiſch/ ___, ___. Lateiniſch/ Dictamnus Creticus, Dictamnum Creticum, Dictamnus, Dictamnum, Dictamnum verum, Jtaliaͤniſch/ Dittanno diCandia. Frantzoͤſiſch/ Dictame. Spaniſch/ Ditamo. Engliſch/ Dit- tainder/ Dittany/ Garden ginger/ Frenſch Diptammer. Geſtalt. Der Cretiſche Dictam ſtoßt von einer Wurtzel viel harte/ runde Gertlein oder Stengelein uͤber ſich/ daran ſtehen die run- den blaͤtter/ je zwey gegen einander geſetzt/ ſind viel groͤſſer und dicker als der Poley. Er bringt oben ſeine purpurfarbe ſchuͤppichte Blumen/ faſt in der Geſtalt wie Hopffen. Die Wurtzel iſt vielfaͤltig. Das gantze Ge- waͤchs gibt einen geruch faſt wie Poley. Man bringet ihn auß Creta/ jetzunder Candia ge- nannt/ uͤber Venedig zu uns. Er gehet wol auff von dem Samen/ wil aber gute wartung haben/ daß er in dem Winter nicht verderbe. Welcher Camerario auß Jtalien iſt zugeſchickt worden/ hat ſich wol gemeh- ret/ und ſtarck gebluͤhet/ aber dieweil er im Herbſt nicht in viel Stoͤcklein zertheilt wa- re/ iſt er gegen dem Fruͤhling verdorben. Der Cretiſche Dictam/ ſo in Candia waͤchßt/ hat dickere und haarigere Blaͤtter/ welcher aber in den Jtaliaͤniſchen Gaͤrten gepflantzet wird/ uͤberkomt groͤſſere blaͤtter/ die nicht gar graw ſind. Jn Sardinia bringt er kleine/ weiſſe und ſehr wolriechen- de Blaͤtter. Damit die Apothecker in einkauffung des Dictams nicht betrogen werden/ ſo dienet ihnen zur nachricht/ daß zweyerley Dictam feil getragen werden/ ein wahrer guter/ und ein falſcher vermeinter. Der wahre Di- ctam/ welcher allein in den Apothecken ſoll gebraucht werden/ hat ſchwartze Stengel/ der falſche aber hat weiſſe/ an den Blaͤtte- ren aber laſſen ſie ſich nicht unterſcheiden. Eigenſchafft. Der Cretiſche Dictam/ deſſen Blaͤtter al- lein im gebrauch ſind/ iſt warm und trocken im dritten grad; hat auch ein ſcharffes/ fluͤchtiges/ etwas oͤlichtes ſaltz bey ſich/ und daher gantz gleiche Eigenſchafft mit dem Poley. Gebrauch. Der Cretiſche Dictam hat gleiche Tugen- den wie der Poley/ ſind doch kraͤfftiger. Er widerſtehet allem Gifft/ daher er auch zum Theriac und Mithridat gebraucht wird. Er befuͤrderet die monatliche Reinigung/ Ge- burt und Nachgeburt/ treibet auß die abge- ſtorbene Frucht/ und erleichteret die Nider- kunfften der Weibern. Gifft/ zu- ruckblei- bende mo- natliche reinigung/ Geburt uñ Nachge- burt/ abge- ſtorbene Frucht/ ſchwere ni- derkunfft. Nach dem bericht Dioſcoridis und Plinii, ſollen in der Jnſul Creta oder Candien die Gembſen oder wilde Geiſſen/ wenn ſie ge- ſchoſſen werden/ dieſes Kraut eſſen/ und darauff ihnen nach und nach die Pfeil und Spitzen auß dem Leib fallen/ dannenher auch Virgilius in ſeinem zwoͤlfften Buch/ wenn er von dem verwundten Ænea redet/ nach der Uberſetzung Herꝛen Filip von Ze- ſen/ alſo ſchreibet: Da Jda ſich der See mit ſtoltzem Gipffel zeiget/ Und ſein begruͤntes Haupt zu ſpiegeln her- werts neiget/ Da kam die Venus hin/ und fand ein ed- les Kraut/ Daß dieſem Berge waͤchßt auß ſeiner ſtei- nern Haut. Es iſt ſehr ſchoͤn gefaͤrbt/ wenn ſeine Stengel bluͤhen/ Das hohe purpur-roth ſcheint drinnen ſelbſt zu gluͤen: Sein Laub iſt lieblich gruͤn/ kan nicht als heilſam ſeyn/ Und lindert kraͤfftiglich die groͤſte Schmer- tzens-Pein. Die Boͤcke dieſes Orts/ die in der Wild- nuß leben/ Die auff der Felſen Hoͤh und ſteilen Klip- pen ſchweben/ Die kennen dieß Gewaͤchs/ wenn ſie ein Schuß geritzt/ Und noch der ſcharffe Pfeil in ihren Glie- dern ſitzt. Denn wenn ſein gruͤnes Blatt die Wund- geſchoßnen eſſen/ So wird das Eiſen loß/ wie feſt es iſt ge- ſeſſen/ Und gibt ſich auß dem Fleiſch/ ſo daß der Schmertz verſchwind/ Und ſich in kurtzer Zeit der Bock geheilt befind. Dictam-blaͤtter zu reinſtem Pulver ge- ſtoſſen/ und darvon 20. gran taͤglich fruͤh und

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Zitationshilfe: Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690, S. 672. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zwinger_theatrum_1690/688>, abgerufen am 29.04.2024.