oder Dolche, von etwa zwei Fuß Länge. So ausgerüstet, sucht er mit zwei oder drei Hunden den Jaguar auf. Dieser bietet wenigen Hunden sogleich die Spitze; der Jäger naht sich ihm und reizt ihn gewöhnlich mit Worten und Geberden. Plötzlich springt der Jaguar mit einem oder zwei Sätzen auf den Jäger zu, richtet sich aber zum Angriffe, wie unser Bär, in die Höhe, und öffnet brüllend den Rachen. Jn diesem Augenblicke hält der Jäger den beiden vorderen Tatzen des Thieres den um- wundenen Arm dar, und, mit dem Körper in etwas nach rechts ausweichend, stößt er ihm den Dolch in die linke Seite. Der getroffene Jaguar fällt durch den Stoß um so eher zu Boden, da es ihm schwer fällt, in aufrechter Stellung das Gleichgewicht zu bewahren, und die Hunde werfen sich über ihn her. War die erste Wunde nicht tödlich, so steht er mit Blitzesschnelle wieder auf, macht sich von den Hunden los und stürzt sich von neuem auf seinen Gegner, der ihm alsdann einen zweiten Stich versetzt. Rengger kannte einen Jndiauer aus der Stadt Bajada, welcher über hundert Jaguare auf diese Weise erlegt hatte. Er war ein leidenschaftlicher Jäger, büßte aber im Jahr 1821 auf einer solchen Jagd das Leben ein. -- Göring hörte von einem Gaucho erzählen, welcher wegen seiner Jagden den Namen "Matador de Tigres" (Tigertödter) erhalten hatte. Dieser kühne Mann hatte sehr viele Jaguare ebenfalls mit dem Messer erlegt.
Wie man Rengger versicherte, giebt es sogar Menschen, die tollkühn genug sind, blos mit einer Keule bewaffnet den Jaguar anzugreifen. Auch diese sollen sich den linken Arm mit einem Schaffell umwinden und ihrem Feinde im Augenblicke, wo er gegen sie aufsteht, einen Schlag auf die Lenden- wirbel versetzen, so daß er zusammensinkt und des gebrochenen Rückgrates wegen nicht mehr aufstehen kann. Einige Schläge auf die Nasenwurzel vollenden dann seine Niederlage. "Diese zweite Art, den Jaguar zu jagen, habe ich," sagt Rengger, "nie selbst gesehen; jedoch scheinen mir die darüber erhaltenen Nachrichten nicht unglaubwürdig, da ich bei mehreren zahmen Jaguaren beobachtet habe, daß man sie durch einen nicht sehr starken Schlag auf die Lendenwirbel, wenigstens für einige Tage, an den hinteren Gliedern lähmen kann." Nach demselben Beobachter wird der Jaguar in Paraguay auf folgende Art gejagt: Ein guter Schütze, in Begleitung von zwei Männern, von denen der eine mit einer Lanze, der andere mit einer fünf Fuß langen, zweizackigen Gabel bewaffnet ist, sucht mit sechs bis zehn Hunden den Jaguar auf. Jst dieser schon öfter gejagt worden, so reißt er auf das erste Anschlagen der Hunde aus; sonst aber stellt er sich zur Gegenwehr oder klettert auf einen Baum. Widersetzt er sich den Hunden, so schließen diese einen Kreis um ihn und bellen ihn an. Sie müssen schon sehr beherzt und geübt sein, um ihn anzugreifen, und werden dennoch gewöhnlich das Opfer ihres Muthes. Ohne Mühe bricht ihnen der Jaguar mit einem Schlage den Rücken oder reißt ihnen den Bauch auf; denn nicht einmal zwanzig der besten Doggen können einen ausgewachsenen Jaguar überwältigen. Sowie nun die Jäger das Raubthier ansichtig werden, stellen sie sich neben einander, den Schützen in der Mitte. Dieser sucht ihm einen Schuß in den Kopf oder in die Brust beizubringen. Gelingt der Schuß, so fallen die Hunde über das Thier her und drücken es zu Boden, wo seine Niederlage leicht vollendet wird. Fehlt aber der Schuß oder wird der Jaguar nur leicht verwundet, so springt er unter fürchterlichem Gebrüll auf den Schützen los. Sobald er sich aber auf die hinteren Beine stellt, hält ihm der mit der Gabel bewaffnete Jäger diese vor, und der Lanzen- träger giebt ihm von der Seite einen Stich in die Brust, zieht aber die Lanze sogleich wieder zurück und macht sich auf einen zweiten Stoß gefaßt, denn der niedergeworfene Jaguar steht mit der größten Schnelligkeit wieder auf und stürzt sich auf seine Gegner, die ihn mit neuen Stößen empfangen, bis er seine Kraft verliert und endlich von den anspringenden Hunden auf dem Boden festgehalten wird. Während dem Kampfe suchen die letzteren den Jaguar niederzureißen, indem sie ihn beim Schwanze fassen; nur sehr starke Hunde greifen ihn auch von der Seite an. Der Lanzenstich darf ja nicht von vorn gegeben werden, sondern muß von der Seite erfolgen, indem die Brust des Jaguars beinahe keilförmig und seine Haut durch lockeres Zellgewebe mit den Muskeln verbunden, also sehr beweglich ist; es könnte demnach das Eisen leicht zwischen der Haut und den Rippen durchglitschen. Auch muß man sich hüten, das umgeworfene Thier mit der Lanze an den Boden festnageln zu wollen; denn
Jagd mit Büchſe, Keule, Gift und Dolch.
oder Dolche, von etwa zwei Fuß Länge. So ausgerüſtet, ſucht er mit zwei oder drei Hunden den Jaguar auf. Dieſer bietet wenigen Hunden ſogleich die Spitze; der Jäger naht ſich ihm und reizt ihn gewöhnlich mit Worten und Geberden. Plötzlich ſpringt der Jaguar mit einem oder zwei Sätzen auf den Jäger zu, richtet ſich aber zum Angriffe, wie unſer Bär, in die Höhe, und öffnet brüllend den Rachen. Jn dieſem Augenblicke hält der Jäger den beiden vorderen Tatzen des Thieres den um- wundenen Arm dar, und, mit dem Körper in etwas nach rechts ausweichend, ſtößt er ihm den Dolch in die linke Seite. Der getroffene Jaguar fällt durch den Stoß um ſo eher zu Boden, da es ihm ſchwer fällt, in aufrechter Stellung das Gleichgewicht zu bewahren, und die Hunde werfen ſich über ihn her. War die erſte Wunde nicht tödlich, ſo ſteht er mit Blitzesſchnelle wieder auf, macht ſich von den Hunden los und ſtürzt ſich von neuem auf ſeinen Gegner, der ihm alsdann einen zweiten Stich verſetzt. Rengger kannte einen Jndiauer aus der Stadt Bajada, welcher über hundert Jaguare auf dieſe Weiſe erlegt hatte. Er war ein leidenſchaftlicher Jäger, büßte aber im Jahr 1821 auf einer ſolchen Jagd das Leben ein. — Göring hörte von einem Gaucho erzählen, welcher wegen ſeiner Jagden den Namen „Matador de Tigres‟ (Tigertödter) erhalten hatte. Dieſer kühne Mann hatte ſehr viele Jaguare ebenfalls mit dem Meſſer erlegt.
Wie man Rengger verſicherte, giebt es ſogar Menſchen, die tollkühn genug ſind, blos mit einer Keule bewaffnet den Jaguar anzugreifen. Auch dieſe ſollen ſich den linken Arm mit einem Schaffell umwinden und ihrem Feinde im Augenblicke, wo er gegen ſie aufſteht, einen Schlag auf die Lenden- wirbel verſetzen, ſo daß er zuſammenſinkt und des gebrochenen Rückgrates wegen nicht mehr aufſtehen kann. Einige Schläge auf die Naſenwurzel vollenden dann ſeine Niederlage. „Dieſe zweite Art, den Jaguar zu jagen, habe ich,‟ ſagt Rengger, „nie ſelbſt geſehen; jedoch ſcheinen mir die darüber erhaltenen Nachrichten nicht unglaubwürdig, da ich bei mehreren zahmen Jaguaren beobachtet habe, daß man ſie durch einen nicht ſehr ſtarken Schlag auf die Lendenwirbel, wenigſtens für einige Tage, an den hinteren Gliedern lähmen kann.‟ Nach demſelben Beobachter wird der Jaguar in Paraguay auf folgende Art gejagt: Ein guter Schütze, in Begleitung von zwei Männern, von denen der eine mit einer Lanze, der andere mit einer fünf Fuß langen, zweizackigen Gabel bewaffnet iſt, ſucht mit ſechs bis zehn Hunden den Jaguar auf. Jſt dieſer ſchon öfter gejagt worden, ſo reißt er auf das erſte Anſchlagen der Hunde aus; ſonſt aber ſtellt er ſich zur Gegenwehr oder klettert auf einen Baum. Widerſetzt er ſich den Hunden, ſo ſchließen dieſe einen Kreis um ihn und bellen ihn an. Sie müſſen ſchon ſehr beherzt und geübt ſein, um ihn anzugreifen, und werden dennoch gewöhnlich das Opfer ihres Muthes. Ohne Mühe bricht ihnen der Jaguar mit einem Schlage den Rücken oder reißt ihnen den Bauch auf; denn nicht einmal zwanzig der beſten Doggen können einen ausgewachſenen Jaguar überwältigen. Sowie nun die Jäger das Raubthier anſichtig werden, ſtellen ſie ſich neben einander, den Schützen in der Mitte. Dieſer ſucht ihm einen Schuß in den Kopf oder in die Bruſt beizubringen. Gelingt der Schuß, ſo fallen die Hunde über das Thier her und drücken es zu Boden, wo ſeine Niederlage leicht vollendet wird. Fehlt aber der Schuß oder wird der Jaguar nur leicht verwundet, ſo ſpringt er unter fürchterlichem Gebrüll auf den Schützen los. Sobald er ſich aber auf die hinteren Beine ſtellt, hält ihm der mit der Gabel bewaffnete Jäger dieſe vor, und der Lanzen- träger giebt ihm von der Seite einen Stich in die Bruſt, zieht aber die Lanze ſogleich wieder zurück und macht ſich auf einen zweiten Stoß gefaßt, denn der niedergeworfene Jaguar ſteht mit der größten Schnelligkeit wieder auf und ſtürzt ſich auf ſeine Gegner, die ihn mit neuen Stößen empfangen, bis er ſeine Kraft verliert und endlich von den anſpringenden Hunden auf dem Boden feſtgehalten wird. Während dem Kampfe ſuchen die letzteren den Jaguar niederzureißen, indem ſie ihn beim Schwanze faſſen; nur ſehr ſtarke Hunde greifen ihn auch von der Seite an. Der Lanzenſtich darf ja nicht von vorn gegeben werden, ſondern muß von der Seite erfolgen, indem die Bruſt des Jaguars beinahe keilförmig und ſeine Haut durch lockeres Zellgewebe mit den Muskeln verbunden, alſo ſehr beweglich iſt; es könnte demnach das Eiſen leicht zwiſchen der Haut und den Rippen durchglitſchen. Auch muß man ſich hüten, das umgeworfene Thier mit der Lanze an den Boden feſtnageln zu wollen; denn
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[247/0311]
Jagd mit Büchſe, Keule, Gift und Dolch.
oder Dolche, von etwa zwei Fuß Länge. So ausgerüſtet, ſucht er mit zwei oder drei Hunden den
Jaguar auf. Dieſer bietet wenigen Hunden ſogleich die Spitze; der Jäger naht ſich ihm und reizt
ihn gewöhnlich mit Worten und Geberden. Plötzlich ſpringt der Jaguar mit einem oder zwei Sätzen
auf den Jäger zu, richtet ſich aber zum Angriffe, wie unſer Bär, in die Höhe, und öffnet brüllend
den Rachen. Jn dieſem Augenblicke hält der Jäger den beiden vorderen Tatzen des Thieres den um-
wundenen Arm dar, und, mit dem Körper in etwas nach rechts ausweichend, ſtößt er ihm den Dolch
in die linke Seite. Der getroffene Jaguar fällt durch den Stoß um ſo eher zu Boden, da es ihm
ſchwer fällt, in aufrechter Stellung das Gleichgewicht zu bewahren, und die Hunde werfen ſich über
ihn her. War die erſte Wunde nicht tödlich, ſo ſteht er mit Blitzesſchnelle wieder auf, macht ſich von
den Hunden los und ſtürzt ſich von neuem auf ſeinen Gegner, der ihm alsdann einen zweiten Stich
verſetzt. Rengger kannte einen Jndiauer aus der Stadt Bajada, welcher über hundert Jaguare
auf dieſe Weiſe erlegt hatte. Er war ein leidenſchaftlicher Jäger, büßte aber im Jahr 1821 auf einer
ſolchen Jagd das Leben ein. — Göring hörte von einem Gaucho erzählen, welcher wegen ſeiner
Jagden den Namen „Matador de Tigres‟ (Tigertödter) erhalten hatte. Dieſer kühne Mann hatte
ſehr viele Jaguare ebenfalls mit dem Meſſer erlegt.
Wie man Rengger verſicherte, giebt es ſogar Menſchen, die tollkühn genug ſind, blos mit einer
Keule bewaffnet den Jaguar anzugreifen. Auch dieſe ſollen ſich den linken Arm mit einem Schaffell
umwinden und ihrem Feinde im Augenblicke, wo er gegen ſie aufſteht, einen Schlag auf die Lenden-
wirbel verſetzen, ſo daß er zuſammenſinkt und des gebrochenen Rückgrates wegen nicht mehr aufſtehen
kann. Einige Schläge auf die Naſenwurzel vollenden dann ſeine Niederlage. „Dieſe zweite Art, den
Jaguar zu jagen, habe ich,‟ ſagt Rengger, „nie ſelbſt geſehen; jedoch ſcheinen mir die darüber
erhaltenen Nachrichten nicht unglaubwürdig, da ich bei mehreren zahmen Jaguaren beobachtet habe,
daß man ſie durch einen nicht ſehr ſtarken Schlag auf die Lendenwirbel, wenigſtens für einige Tage,
an den hinteren Gliedern lähmen kann.‟ Nach demſelben Beobachter wird der Jaguar in Paraguay
auf folgende Art gejagt: Ein guter Schütze, in Begleitung von zwei Männern, von denen der eine
mit einer Lanze, der andere mit einer fünf Fuß langen, zweizackigen Gabel bewaffnet iſt, ſucht mit
ſechs bis zehn Hunden den Jaguar auf. Jſt dieſer ſchon öfter gejagt worden, ſo reißt er auf das
erſte Anſchlagen der Hunde aus; ſonſt aber ſtellt er ſich zur Gegenwehr oder klettert auf einen Baum.
Widerſetzt er ſich den Hunden, ſo ſchließen dieſe einen Kreis um ihn und bellen ihn an. Sie müſſen
ſchon ſehr beherzt und geübt ſein, um ihn anzugreifen, und werden dennoch gewöhnlich das Opfer
ihres Muthes. Ohne Mühe bricht ihnen der Jaguar mit einem Schlage den Rücken oder reißt
ihnen den Bauch auf; denn nicht einmal zwanzig der beſten Doggen können einen ausgewachſenen
Jaguar überwältigen. Sowie nun die Jäger das Raubthier anſichtig werden, ſtellen ſie ſich neben
einander, den Schützen in der Mitte. Dieſer ſucht ihm einen Schuß in den Kopf oder in die Bruſt
beizubringen. Gelingt der Schuß, ſo fallen die Hunde über das Thier her und drücken es zu Boden,
wo ſeine Niederlage leicht vollendet wird. Fehlt aber der Schuß oder wird der Jaguar nur leicht
verwundet, ſo ſpringt er unter fürchterlichem Gebrüll auf den Schützen los. Sobald er ſich aber auf
die hinteren Beine ſtellt, hält ihm der mit der Gabel bewaffnete Jäger dieſe vor, und der Lanzen-
träger giebt ihm von der Seite einen Stich in die Bruſt, zieht aber die Lanze ſogleich wieder zurück
und macht ſich auf einen zweiten Stoß gefaßt, denn der niedergeworfene Jaguar ſteht mit der größten
Schnelligkeit wieder auf und ſtürzt ſich auf ſeine Gegner, die ihn mit neuen Stößen empfangen, bis
er ſeine Kraft verliert und endlich von den anſpringenden Hunden auf dem Boden feſtgehalten wird.
Während dem Kampfe ſuchen die letzteren den Jaguar niederzureißen, indem ſie ihn beim Schwanze
faſſen; nur ſehr ſtarke Hunde greifen ihn auch von der Seite an. Der Lanzenſtich darf ja nicht von
vorn gegeben werden, ſondern muß von der Seite erfolgen, indem die Bruſt des Jaguars beinahe
keilförmig und ſeine Haut durch lockeres Zellgewebe mit den Muskeln verbunden, alſo ſehr beweglich
iſt; es könnte demnach das Eiſen leicht zwiſchen der Haut und den Rippen durchglitſchen. Auch muß
man ſich hüten, das umgeworfene Thier mit der Lanze an den Boden feſtnageln zu wollen; denn
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/311>, abgerufen am 15.06.2024.
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