und führt den Vogel oft in so große Höhe, daß nur der Schwalbenweih es ihm gleich thut. Oft schwebt jener ohne alle Bewegung in der Luft und zieht regelrechte Kreise, oft wieder jagt er mit plötzlich zusammengelegten Flügeln wie ein Pfeil schief nach unten und stößt dabei bis zum Berühren an Baumzweigen vorüber, auf denen er eine kleine Eidechse oder ein Kerbthier wahrnahm; zuweilen sieht man ihn auch rund um den Wipfel oder Stamm eines Baumes fliegen mit bewunderungs- würdiger Gewandtheit, in der Absicht, eine Beute aufzunehmen; dann und wann bewegt er sich im Zickzack, als ob er von einem gefährlichen Feind verfolgt würde, und manchmal scheint er sich zu überstürzen, wie eine Tümmlertaube. Wenn er auf Reisen ist, fliegt er unstet dahin und zieht gewöhnlich ein Gefolge von Schwalben nach sich; zu andern Zeiten sieht man ihn in großer Höhe unter den Flügen von Krähen und Aasgeiern schweben, manchmal auch in Gesellschaft des Schwalbenweihs. Den Aasgeier neckt er gern, bis der Feigling niederfliegt, um dem behenden Weih das ihm unangenehme Spiel zu verleiden. Bei Verfolgung eines großen Kerbthieres oder kleinen Lurches dreht er seinen Leib zur Seite, streckt die Füße mit geöffneten Fängen aus und packt seine Beute gewöhnlich augenblicklich. Er frißt im Fliegen anscheinend mit ebensoviel Behagen und Bequemlichkeit, als wenn er gebäumt hätte. Den Boden betritt er nie, so lange er gesund ist. Er greift nicht einmal Säugethiere an, obwohl es ihm Vergnügen macht, einen Fuchs unter lautem Geschrei und wiederholtem Herabstoßen zu verfolgen; auch Vögel läßt er unbehelligt."
Der Horst des Schwebeweihs wird stets auf den obersten Zweigen des höchsten Baumes angelegt, vorzugsweise auf den prachtvollen Mangolien und Weißeichen, welche ein Schmuck aller südlichen Staaten sind. Er ist ein einfacher Bau, welcher dem der gemeinen Krähe ähnelt und aus leicht über einander geworfenen Zweigen besteht, welche oben mit spanischem Mos, Rebenrinden und trockenen Blättern belegt sind. Die zwei oder drei Eier sind rundlich und auf grünlichem Grunde über und über mit tiefschokoladenbraunen und schwarzen Flecken gezeichnet. Beide Alten brüten und lieben die Jungen so warm, daß sie dieselben gegen jeden Feind und auch gegen den Menschen mit Muth vertheidigen. Audubon erfuhr, daß ein Paar, dessen Horst er stören ließ, wiederholt hart am Kopf des emporkletternden Negers vorüberstieß. Die Jungen ähneln schon nach dem Ausfliegen den Eltern und erhalten ihr volles Kleid bereits vor ihrer Abreise nach der Winterherberge.
Der Schwebeweih ist durchaus nicht scheu und läßt sich, wenn er aufgebäumt hat, bequem unterlaufen; demungeachtet ist die Jagd nicht leicht, weil der Vogel gewöhnlich fliegend gesehen wird und im Fluge sich fast regelmäßig außer Schußweite hält. Auch wenn er aufgebäumt, wählt er stets die höchsten Wipfel im Walde, sodaß nur ein Schuß mit der Büchse ihn mit Sicherheit in die Gewalt des Jägers bringt. Verwundet sucht er sich nach Art aller Falken zu vertheidigen.
Ueber sein Gefangenleben fehlen Berichte. Es mag schwierig sein, ihn an geeignete Nahrung zu gewöhnen.
Jn Südamerika leben einige Falken, welche wir Bussardweihen (Cymindis) nennen wollen, weil sie dem Wespenbussard fast ebenso nahe verwandt sind, als den bisher genannten Mitgliedern unserer Familie. Sie sind gestreckt gebaut; ihre Flügel sind ungemein lang und spitz, in ihnen die vierte Schwinge länger, als die übrigen; der Schwanz ist lang, breitfedrig und sanft gerundet; die Füße sind kurz und schwach, die Läufe dünn, und auf der Oberseite ein Stück befiedert, die Zehen schwach, mittellang mit dünnen, feinen, wenig gebogenen, aber langgestreckten Krallen bewehrt; der Schnabel ist hoch, seitlich stark zusammengedrückt, schmalfirstig, an der Schneide gerade, ohne Bucht oder Zahn; der Haken des Oberschnabels ist weit über den untern herabgebogen. Das Gefieder ist reich, großfedrig und habichtsartig gezeichnet.
Der Bussardweih (Cymindis uncinatus) ist 16 Zoll lang und 33 Zoll breit; der Fittig mißt 11 Zoll, der Schwanz 7 Zoll. Das Gefieder des alten männlichen Vogels ist einfarbig hellgrau mit bläulichem Anflug, auf der Unterseite etwas heller; die Schwung- und Schwanzfedern sind auf lichtem
Schwebeweih.
und führt den Vogel oft in ſo große Höhe, daß nur der Schwalbenweih es ihm gleich thut. Oft ſchwebt jener ohne alle Bewegung in der Luft und zieht regelrechte Kreiſe, oft wieder jagt er mit plötzlich zuſammengelegten Flügeln wie ein Pfeil ſchief nach unten und ſtößt dabei bis zum Berühren an Baumzweigen vorüber, auf denen er eine kleine Eidechſe oder ein Kerbthier wahrnahm; zuweilen ſieht man ihn auch rund um den Wipfel oder Stamm eines Baumes fliegen mit bewunderungs- würdiger Gewandtheit, in der Abſicht, eine Beute aufzunehmen; dann und wann bewegt er ſich im Zickzack, als ob er von einem gefährlichen Feind verfolgt würde, und manchmal ſcheint er ſich zu überſtürzen, wie eine Tümmlertaube. Wenn er auf Reiſen iſt, fliegt er unſtet dahin und zieht gewöhnlich ein Gefolge von Schwalben nach ſich; zu andern Zeiten ſieht man ihn in großer Höhe unter den Flügen von Krähen und Aasgeiern ſchweben, manchmal auch in Geſellſchaft des Schwalbenweihs. Den Aasgeier neckt er gern, bis der Feigling niederfliegt, um dem behenden Weih das ihm unangenehme Spiel zu verleiden. Bei Verfolgung eines großen Kerbthieres oder kleinen Lurches dreht er ſeinen Leib zur Seite, ſtreckt die Füße mit geöffneten Fängen aus und packt ſeine Beute gewöhnlich augenblicklich. Er frißt im Fliegen anſcheinend mit ebenſoviel Behagen und Bequemlichkeit, als wenn er gebäumt hätte. Den Boden betritt er nie, ſo lange er geſund iſt. Er greift nicht einmal Säugethiere an, obwohl es ihm Vergnügen macht, einen Fuchs unter lautem Geſchrei und wiederholtem Herabſtoßen zu verfolgen; auch Vögel läßt er unbehelligt.‟
Der Horſt des Schwebeweihs wird ſtets auf den oberſten Zweigen des höchſten Baumes angelegt, vorzugsweiſe auf den prachtvollen Mangolien und Weißeichen, welche ein Schmuck aller ſüdlichen Staaten ſind. Er iſt ein einfacher Bau, welcher dem der gemeinen Krähe ähnelt und aus leicht über einander geworfenen Zweigen beſteht, welche oben mit ſpaniſchem Mos, Rebenrinden und trockenen Blättern belegt ſind. Die zwei oder drei Eier ſind rundlich und auf grünlichem Grunde über und über mit tiefſchokoladenbraunen und ſchwarzen Flecken gezeichnet. Beide Alten brüten und lieben die Jungen ſo warm, daß ſie dieſelben gegen jeden Feind und auch gegen den Menſchen mit Muth vertheidigen. Audubon erfuhr, daß ein Paar, deſſen Horſt er ſtören ließ, wiederholt hart am Kopf des emporkletternden Negers vorüberſtieß. Die Jungen ähneln ſchon nach dem Ausfliegen den Eltern und erhalten ihr volles Kleid bereits vor ihrer Abreiſe nach der Winterherberge.
Der Schwebeweih iſt durchaus nicht ſcheu und läßt ſich, wenn er aufgebäumt hat, bequem unterlaufen; demungeachtet iſt die Jagd nicht leicht, weil der Vogel gewöhnlich fliegend geſehen wird und im Fluge ſich faſt regelmäßig außer Schußweite hält. Auch wenn er aufgebäumt, wählt er ſtets die höchſten Wipfel im Walde, ſodaß nur ein Schuß mit der Büchſe ihn mit Sicherheit in die Gewalt des Jägers bringt. Verwundet ſucht er ſich nach Art aller Falken zu vertheidigen.
Ueber ſein Gefangenleben fehlen Berichte. Es mag ſchwierig ſein, ihn an geeignete Nahrung zu gewöhnen.
Jn Südamerika leben einige Falken, welche wir Buſſardweihen (Cymindis) nennen wollen, weil ſie dem Weſpenbuſſard faſt ebenſo nahe verwandt ſind, als den bisher genannten Mitgliedern unſerer Familie. Sie ſind geſtreckt gebaut; ihre Flügel ſind ungemein lang und ſpitz, in ihnen die vierte Schwinge länger, als die übrigen; der Schwanz iſt lang, breitfedrig und ſanft gerundet; die Füße ſind kurz und ſchwach, die Läufe dünn, und auf der Oberſeite ein Stück befiedert, die Zehen ſchwach, mittellang mit dünnen, feinen, wenig gebogenen, aber langgeſtreckten Krallen bewehrt; der Schnabel iſt hoch, ſeitlich ſtark zuſammengedrückt, ſchmalfirſtig, an der Schneide gerade, ohne Bucht oder Zahn; der Haken des Oberſchnabels iſt weit über den untern herabgebogen. Das Gefieder iſt reich, großfedrig und habichtsartig gezeichnet.
Der Buſſardweih (Cymindis uncinatus) iſt 16 Zoll lang und 33 Zoll breit; der Fittig mißt 11 Zoll, der Schwanz 7 Zoll. Das Gefieder des alten männlichen Vogels iſt einfarbig hellgrau mit bläulichem Anflug, auf der Unterſeite etwas heller; die Schwung- und Schwanzfedern ſind auf lichtem
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0521"n="489"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Schwebeweih.</hi></fw><lb/>
und führt den Vogel oft in ſo große Höhe, daß nur der <hirendition="#g">Schwalbenweih</hi> es ihm gleich thut. Oft<lb/>ſchwebt jener ohne alle Bewegung in der Luft und zieht regelrechte Kreiſe, oft wieder jagt er mit<lb/>
plötzlich zuſammengelegten Flügeln wie ein Pfeil ſchief nach unten und ſtößt dabei bis zum Berühren<lb/>
an Baumzweigen vorüber, auf denen er eine kleine Eidechſe oder ein Kerbthier wahrnahm; zuweilen<lb/>ſieht man ihn auch rund um den Wipfel oder Stamm eines Baumes fliegen mit bewunderungs-<lb/>
würdiger Gewandtheit, in der Abſicht, eine Beute aufzunehmen; dann und wann bewegt er ſich im<lb/>
Zickzack, als ob er von einem gefährlichen Feind verfolgt würde, und manchmal ſcheint er ſich zu<lb/>
überſtürzen, wie eine Tümmlertaube. Wenn er auf Reiſen iſt, fliegt er unſtet dahin und zieht<lb/>
gewöhnlich ein Gefolge von <hirendition="#g">Schwalben</hi> nach ſich; zu andern Zeiten ſieht man ihn in großer Höhe<lb/>
unter den Flügen von <hirendition="#g">Krähen</hi> und <hirendition="#g">Aasgeiern</hi>ſchweben, manchmal auch in Geſellſchaft des<lb/><hirendition="#g">Schwalbenweihs.</hi> Den Aasgeier neckt er gern, bis der Feigling niederfliegt, um dem behenden<lb/>
Weih das ihm unangenehme Spiel zu verleiden. Bei Verfolgung eines großen Kerbthieres oder<lb/>
kleinen Lurches dreht er ſeinen Leib zur Seite, ſtreckt die Füße mit geöffneten Fängen aus und packt<lb/>ſeine Beute gewöhnlich augenblicklich. Er frißt im Fliegen anſcheinend mit ebenſoviel Behagen und<lb/>
Bequemlichkeit, als wenn er gebäumt hätte. Den Boden betritt er nie, ſo lange er geſund iſt. Er<lb/>
greift nicht einmal Säugethiere an, obwohl es ihm Vergnügen macht, einen Fuchs unter lautem<lb/>
Geſchrei und wiederholtem Herabſtoßen zu verfolgen; auch Vögel läßt er unbehelligt.‟</p><lb/><p>Der Horſt des Schwebeweihs wird ſtets auf den oberſten Zweigen des höchſten Baumes<lb/>
angelegt, vorzugsweiſe auf den prachtvollen Mangolien und Weißeichen, welche ein Schmuck aller<lb/>ſüdlichen Staaten ſind. Er iſt ein einfacher Bau, welcher dem der gemeinen Krähe ähnelt und aus<lb/>
leicht über einander geworfenen Zweigen beſteht, welche oben mit ſpaniſchem Mos, Rebenrinden und<lb/>
trockenen Blättern belegt ſind. Die zwei oder drei Eier ſind rundlich und auf grünlichem Grunde<lb/>
über und über mit tiefſchokoladenbraunen und ſchwarzen Flecken gezeichnet. Beide Alten brüten und<lb/>
lieben die Jungen ſo warm, daß ſie dieſelben gegen jeden Feind und auch gegen den Menſchen mit<lb/>
Muth vertheidigen. <hirendition="#g">Audubon</hi> erfuhr, daß ein Paar, deſſen Horſt er ſtören ließ, wiederholt hart am<lb/>
Kopf des emporkletternden Negers vorüberſtieß. Die Jungen ähneln ſchon nach dem Ausfliegen den<lb/>
Eltern und erhalten ihr volles Kleid bereits vor ihrer Abreiſe nach der Winterherberge.</p><lb/><p>Der Schwebeweih iſt durchaus nicht ſcheu und läßt ſich, wenn er aufgebäumt hat, bequem<lb/>
unterlaufen; demungeachtet iſt die Jagd nicht leicht, weil der Vogel gewöhnlich fliegend geſehen wird<lb/>
und im Fluge ſich faſt regelmäßig außer Schußweite hält. Auch wenn er aufgebäumt, wählt er ſtets<lb/>
die höchſten Wipfel im Walde, ſodaß nur ein Schuß mit der Büchſe ihn mit Sicherheit in die Gewalt<lb/>
des Jägers bringt. Verwundet ſucht er ſich nach Art aller Falken zu vertheidigen.</p><lb/><p>Ueber ſein Gefangenleben fehlen Berichte. Es mag ſchwierig ſein, ihn an geeignete Nahrung<lb/>
zu gewöhnen.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><p>Jn Südamerika leben einige Falken, welche wir <hirendition="#g">Buſſardweihen</hi> (<hirendition="#aq">Cymindis</hi>) nennen wollen,<lb/>
weil ſie dem Weſpenbuſſard faſt ebenſo nahe verwandt ſind, als den bisher genannten Mitgliedern<lb/>
unſerer Familie. Sie ſind geſtreckt gebaut; ihre Flügel ſind ungemein lang und ſpitz, in ihnen die<lb/>
vierte Schwinge länger, als die übrigen; der Schwanz iſt lang, breitfedrig und ſanft gerundet; die<lb/>
Füße ſind kurz und ſchwach, die Läufe dünn, und auf der Oberſeite ein Stück befiedert, die Zehen<lb/>ſchwach, mittellang mit dünnen, feinen, wenig gebogenen, aber langgeſtreckten Krallen bewehrt; der<lb/>
Schnabel iſt hoch, ſeitlich ſtark zuſammengedrückt, ſchmalfirſtig, an der Schneide gerade, ohne Bucht<lb/>
oder Zahn; der Haken des Oberſchnabels iſt weit über den untern herabgebogen. Das Gefieder iſt<lb/>
reich, großfedrig und habichtsartig gezeichnet.</p><lb/><p>Der <hirendition="#g">Buſſardweih</hi> (<hirendition="#aq">Cymindis uncinatus</hi>) iſt 16 Zoll lang und 33 Zoll breit; der Fittig mißt<lb/>
11 Zoll, der Schwanz 7 Zoll. Das Gefieder des alten männlichen Vogels iſt einfarbig hellgrau mit<lb/>
bläulichem Anflug, auf der Unterſeite etwas heller; die Schwung- und Schwanzfedern ſind auf lichtem<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[489/0521]
Schwebeweih.
und führt den Vogel oft in ſo große Höhe, daß nur der Schwalbenweih es ihm gleich thut. Oft
ſchwebt jener ohne alle Bewegung in der Luft und zieht regelrechte Kreiſe, oft wieder jagt er mit
plötzlich zuſammengelegten Flügeln wie ein Pfeil ſchief nach unten und ſtößt dabei bis zum Berühren
an Baumzweigen vorüber, auf denen er eine kleine Eidechſe oder ein Kerbthier wahrnahm; zuweilen
ſieht man ihn auch rund um den Wipfel oder Stamm eines Baumes fliegen mit bewunderungs-
würdiger Gewandtheit, in der Abſicht, eine Beute aufzunehmen; dann und wann bewegt er ſich im
Zickzack, als ob er von einem gefährlichen Feind verfolgt würde, und manchmal ſcheint er ſich zu
überſtürzen, wie eine Tümmlertaube. Wenn er auf Reiſen iſt, fliegt er unſtet dahin und zieht
gewöhnlich ein Gefolge von Schwalben nach ſich; zu andern Zeiten ſieht man ihn in großer Höhe
unter den Flügen von Krähen und Aasgeiern ſchweben, manchmal auch in Geſellſchaft des
Schwalbenweihs. Den Aasgeier neckt er gern, bis der Feigling niederfliegt, um dem behenden
Weih das ihm unangenehme Spiel zu verleiden. Bei Verfolgung eines großen Kerbthieres oder
kleinen Lurches dreht er ſeinen Leib zur Seite, ſtreckt die Füße mit geöffneten Fängen aus und packt
ſeine Beute gewöhnlich augenblicklich. Er frißt im Fliegen anſcheinend mit ebenſoviel Behagen und
Bequemlichkeit, als wenn er gebäumt hätte. Den Boden betritt er nie, ſo lange er geſund iſt. Er
greift nicht einmal Säugethiere an, obwohl es ihm Vergnügen macht, einen Fuchs unter lautem
Geſchrei und wiederholtem Herabſtoßen zu verfolgen; auch Vögel läßt er unbehelligt.‟
Der Horſt des Schwebeweihs wird ſtets auf den oberſten Zweigen des höchſten Baumes
angelegt, vorzugsweiſe auf den prachtvollen Mangolien und Weißeichen, welche ein Schmuck aller
ſüdlichen Staaten ſind. Er iſt ein einfacher Bau, welcher dem der gemeinen Krähe ähnelt und aus
leicht über einander geworfenen Zweigen beſteht, welche oben mit ſpaniſchem Mos, Rebenrinden und
trockenen Blättern belegt ſind. Die zwei oder drei Eier ſind rundlich und auf grünlichem Grunde
über und über mit tiefſchokoladenbraunen und ſchwarzen Flecken gezeichnet. Beide Alten brüten und
lieben die Jungen ſo warm, daß ſie dieſelben gegen jeden Feind und auch gegen den Menſchen mit
Muth vertheidigen. Audubon erfuhr, daß ein Paar, deſſen Horſt er ſtören ließ, wiederholt hart am
Kopf des emporkletternden Negers vorüberſtieß. Die Jungen ähneln ſchon nach dem Ausfliegen den
Eltern und erhalten ihr volles Kleid bereits vor ihrer Abreiſe nach der Winterherberge.
Der Schwebeweih iſt durchaus nicht ſcheu und läßt ſich, wenn er aufgebäumt hat, bequem
unterlaufen; demungeachtet iſt die Jagd nicht leicht, weil der Vogel gewöhnlich fliegend geſehen wird
und im Fluge ſich faſt regelmäßig außer Schußweite hält. Auch wenn er aufgebäumt, wählt er ſtets
die höchſten Wipfel im Walde, ſodaß nur ein Schuß mit der Büchſe ihn mit Sicherheit in die Gewalt
des Jägers bringt. Verwundet ſucht er ſich nach Art aller Falken zu vertheidigen.
Ueber ſein Gefangenleben fehlen Berichte. Es mag ſchwierig ſein, ihn an geeignete Nahrung
zu gewöhnen.
Jn Südamerika leben einige Falken, welche wir Buſſardweihen (Cymindis) nennen wollen,
weil ſie dem Weſpenbuſſard faſt ebenſo nahe verwandt ſind, als den bisher genannten Mitgliedern
unſerer Familie. Sie ſind geſtreckt gebaut; ihre Flügel ſind ungemein lang und ſpitz, in ihnen die
vierte Schwinge länger, als die übrigen; der Schwanz iſt lang, breitfedrig und ſanft gerundet; die
Füße ſind kurz und ſchwach, die Läufe dünn, und auf der Oberſeite ein Stück befiedert, die Zehen
ſchwach, mittellang mit dünnen, feinen, wenig gebogenen, aber langgeſtreckten Krallen bewehrt; der
Schnabel iſt hoch, ſeitlich ſtark zuſammengedrückt, ſchmalfirſtig, an der Schneide gerade, ohne Bucht
oder Zahn; der Haken des Oberſchnabels iſt weit über den untern herabgebogen. Das Gefieder iſt
reich, großfedrig und habichtsartig gezeichnet.
Der Buſſardweih (Cymindis uncinatus) iſt 16 Zoll lang und 33 Zoll breit; der Fittig mißt
11 Zoll, der Schwanz 7 Zoll. Das Gefieder des alten männlichen Vogels iſt einfarbig hellgrau mit
bläulichem Anflug, auf der Unterſeite etwas heller; die Schwung- und Schwanzfedern ſind auf lichtem
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 489. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/521>, abgerufen am 13.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.