Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.Siebendes Buch. re über Meer nach eurer Heimat davon traget; ich verspreche euch hiemit Fürstlich/ daßeuch der Mühe nicht gereuen sol. Seine Leute gaben durch Schwingung ihrer Schwer- ter umb die Köpffe/ ein Zeichen ihrer freidigkeit/ gingen mit ihrem Führer loß/ und liessen sich durch einen gestriges Tages gefangenen/ des nähesten Weges nach dem Dorffe füh- ren. Die daselbst ausgestellete Schildwache sahe ihn herzu eilen/ erkennete bald die feind- lichen Fähnlein/ und rennete dem Dorffe/ zu/ der Besatzung solches anzuzeigen; welche dann nicht anders gedachten/ als daß an ihrer seite das Feld allerdinge würde verlohren seyn/ daher sie ohn langes bedenken auff ihre Pferde fielen/ und nach der Abseite den Fluß hinunter die sicherste flucht vor sich nahmen/ so daß kein einziger bey dem Groß Fürsten blieb/ und der lezte/ so Abscheid von ihm nam/ zu ihm sagete: Eure Hocheit muß bey den Göttern in sonderlichen Gnaden stehen/ als welche derselben eine so schleunige und unver- muhtliche Rettung zugeschikt haben/ welches ausser Zweifel meinem Fürsten das Leben kosten wird. Der Großfürst verwunderte sich ihrer schnellen flucht/ noch mehr dieser ge- führeten Rede/ und kunte vor freuden nicht antworten. Arbianes/ der sich jezt Karl nenne- te/ eilete dem Dorffe zu/ sahe die flüchtigen gar zeitig/ und weil er in furchten stund/ sie möch- ten den Großfürsten mit sich führen/ schickete er ihnen den Halbscheid seiner Völker nach/ welche sie bald ereileten/ umringeten/ und ohn alle Gnade nidersäbelten/ daß kein einziger davon kam; zwar etliche und zwanzig suchten durch die Isel sich zuerretten/ aber am an- dern Ufer kunten sie nicht auskommen/ und ersoffen mit einander. Der Medische Fürst zweifelte anfangs/ ob er nach dem Dorffe gehen/ oder diesen flüchtigen nachsetzen solte/ end- lich wählete er den Dorffweg/ fragete nach des gefangenen Großfürsten Herberge/ und wuste vor freuden kaum zubleiben/ weil er voller Hoffnung wahr/ den so lang gewünsche- ten Schaz seiner Seelen schier anzutreffen; Er stieg mit etlich wenig Teutschen/ die seinen Völkern zugegeben wahren/ im Hofe ab/ ging in das Bauren Hüttlein/ und so bald er den Großfürsten samt dessen Gemahl erblickete/ verwunderte er sich über ihrem treflichen An- sehen/ weil sie kein ander Angesicht sehen liessen/ als ob sie auff ihrem Schlosse gewest wäh- ren. Er trat zu ihnen hin mit sehr tieffer und demühtiger Ehrerbietung/ küssete ihnen die Hände/ und erfreuete sich/ wie er sagete/ des gehabten grossen Glüks/ ihre Großfürstliche Hocheiten aus der schändlichen Räuber Händen zuerlösen. Der Großfürst zweifelte nun- mehr an der Warheit nicht/ nachdem er sahe/ daß dieser weder Wendisch noch Friesisch gewapnet wahr/ auch ihre Sprache nicht führete; hielt sich zwar freundlich gegen ihn/ und erzeigete doch solche Standhafftigkeit/ als währe ihm nichts widriges begegnet/ wiewol ihn groß Wunder nam/ was Rettung diese seyn möchte/ massen ihm weder der Völker Ankunfft/ noch der gehaltenen Schlacht einige Meldung geschehen wahr; unterließ dem- nach nicht/ nachzufragen/ von wannen ihm diese kräfftige Hülffe zukähme/ und durch was mittel er sich getrauete/ ihn nebest seinem Gemahl sicher und ohn feindliche Verfolgung davon zubringen. Arbianes antwortete: Seine Hocheit würde verhoffentlich schon be- richtet seyn/ was massen sein Sohn Fürst Baldrich/ und dessen Geselle/ Fürst Siegward aus Schweden/ mit dem boßhafften Wenden in voller Arbeit der blutigen Feldschlacht währen/ und den Sieg ehist erhalten würden/ weil bey seinem Abzuge so wol die feindliche Reuter-flügel als das Fußvolk schon angefangen hätten/ hinter sich zuweichen/ und deren eine r r r
Siebendes Buch. re über Meer nach eurer Heimat davon traget; ich verſpreche euch hiemit Fuͤrſtlich/ daßeuch der Mühe nicht gereuen ſol. Seine Leute gaben durch Schwingung ihrer Schwer- ter umb die Koͤpffe/ ein Zeichen ihrer freidigkeit/ gingen mit ihrem Fuͤhrer loß/ und lieſſen ſich durch einen geſtriges Tages gefangenen/ des naͤheſten Weges nach dem Dorffe fuͤh- ren. Die daſelbſt ausgeſtellete Schildwache ſahe ihn herzu eilen/ erkennete bald die feind- lichen Faͤhnlein/ und rennete dem Dorffe/ zu/ der Beſatzung ſolches anzuzeigen; welche dann nicht anders gedachten/ als daß an ihrer ſeite das Feld allerdinge wuͤrde verlohren ſeyn/ daher ſie ohn langes bedenken auff ihre Pferde fielen/ und nach der Abſeite den Fluß hinunter die ſicherſte flucht vor ſich nahmen/ ſo daß kein einziger bey dem Groß Fuͤrſten blieb/ und der lezte/ ſo Abſcheid von ihm nam/ zu ihm ſagete: Eure Hocheit muß bey den Goͤttern in ſonderlichen Gnaden ſtehẽ/ als welche derſelben eine ſo ſchleunige und unver- muhtliche Rettung zugeſchikt haben/ welches auſſer Zweifel meinem Fuͤrſten das Leben koſten wird. Der Großfuͤrſt verwunderte ſich ihrer ſchnellen flucht/ noch mehr dieſer ge- führeten Rede/ und kunte vor freuden nicht antworten. Arbianes/ der ſich jezt Karl nenne- te/ eilete dem Dorffe zu/ ſahe die fluͤchtigen gar zeitig/ uñ weil er in furchten ſtund/ ſie moͤch- ten den Großfuͤrſten mit ſich fuͤhren/ ſchickete er ihnen den Halbſcheid ſeiner Voͤlker nach/ welche ſie bald ereileten/ umringeten/ und ohn alle Gnade niderſaͤbelten/ daß kein einziger davon kam; zwar etliche und zwanzig ſuchten durch die Iſel ſich zuerretten/ aber am an- dern Ufer kunten ſie nicht auskommen/ und erſoffen mit einander. Der Mediſche Fuͤrſt zweifelte anfangs/ ob er nach dem Dorffe gehen/ oder dieſen fluͤchtigen nachſetzen ſolte/ end- lich waͤhlete er den Dorffweg/ fragete nach des gefangenen Großfuͤrſten Herberge/ und wuſte vor freuden kaum zubleiben/ weil er voller Hoffnung wahr/ den ſo lang gewuͤnſche- ten Schaz ſeiner Seelen ſchier anzutreffen; Er ſtieg mit etlich wenig Teutſchen/ die ſeinẽ Voͤlkern zugegeben wahren/ im Hofe ab/ ging in das Bauren Huͤttlein/ und ſo bald er den Großfuͤrſten ſamt deſſen Gemahl erblickete/ verwunderte er ſich uͤber ihrem treflichen An- ſehen/ weil ſie kein ander Angeſicht ſehen lieſſen/ als ob ſie auff ihrem Schloſſe geweſt waͤh- ren. Er trat zu ihnen hin mit ſehr tieffer und demuͤhtiger Ehrerbietung/ kuͤſſete ihnen die Haͤnde/ und erfreuete ſich/ wie er ſagete/ des gehabten groſſen Gluͤks/ ihre Großfuͤrſtliche Hocheiten aus der ſchaͤndlichen Raͤuber Haͤnden zuerloͤſen. Der Großfuͤrſt zweifelte nun- mehr an der Warheit nicht/ nachdem er ſahe/ daß dieſer weder Wendiſch noch Frieſiſch gewapnet wahr/ auch ihre Sprache nicht fuͤhrete; hielt ſich zwar freundlich gegen ihn/ und erzeigete doch ſolche Standhafftigkeit/ als waͤhre ihm nichts widriges begegnet/ wiewol ihn groß Wunder nam/ was Rettung dieſe ſeyn moͤchte/ maſſen ihm weder der Voͤlker Ankunfft/ noch der gehaltenen Schlacht einige Meldung geſchehen wahr; unterließ dem- nach nicht/ nachzufragen/ von wannen ihm dieſe kraͤfftige Huͤlffe zukaͤhme/ und durch was mittel er ſich getrauete/ ihn nebeſt ſeinem Gemahl ſicher und ohn feindliche Verfolgung davon zubringen. Arbianes antwortete: Seine Hocheit wuͤrde verhoffentlich ſchon be- richtet ſeyn/ was maſſen ſein Sohn Fuͤrſt Baldrich/ und deſſen Geſelle/ Fuͤrſt Siegward aus Schweden/ mit dem boßhafften Wenden in voller Arbeit der blutigen Feldſchlacht waͤhren/ und den Sieg ehiſt erhalten wuͤrden/ weil bey ſeinem Abzuge ſo wol die feindliche Reuter-flügel als das Fußvolk ſchon angefangen haͤtten/ hinter ſich zuweichen/ und deren eine r r r
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Siebendes Buch.
re über Meer nach eurer Heimat davon traget; ich verſpreche euch hiemit Fuͤrſtlich/ daß
euch der Mühe nicht gereuen ſol. Seine Leute gaben durch Schwingung ihrer Schwer-
ter umb die Koͤpffe/ ein Zeichen ihrer freidigkeit/ gingen mit ihrem Fuͤhrer loß/ und lieſſen
ſich durch einen geſtriges Tages gefangenen/ des naͤheſten Weges nach dem Dorffe fuͤh-
ren. Die daſelbſt ausgeſtellete Schildwache ſahe ihn herzu eilen/ erkennete bald die feind-
lichen Faͤhnlein/ und rennete dem Dorffe/ zu/ der Beſatzung ſolches anzuzeigen; welche
dann nicht anders gedachten/ als daß an ihrer ſeite das Feld allerdinge wuͤrde verlohren
ſeyn/ daher ſie ohn langes bedenken auff ihre Pferde fielen/ und nach der Abſeite den Fluß
hinunter die ſicherſte flucht vor ſich nahmen/ ſo daß kein einziger bey dem Groß Fuͤrſten
blieb/ und der lezte/ ſo Abſcheid von ihm nam/ zu ihm ſagete: Eure Hocheit muß bey den
Goͤttern in ſonderlichen Gnaden ſtehẽ/ als welche derſelben eine ſo ſchleunige und unver-
muhtliche Rettung zugeſchikt haben/ welches auſſer Zweifel meinem Fuͤrſten das Leben
koſten wird. Der Großfuͤrſt verwunderte ſich ihrer ſchnellen flucht/ noch mehr dieſer ge-
führeten Rede/ und kunte vor freuden nicht antworten. Arbianes/ der ſich jezt Karl nenne-
te/ eilete dem Dorffe zu/ ſahe die fluͤchtigen gar zeitig/ uñ weil er in furchten ſtund/ ſie moͤch-
ten den Großfuͤrſten mit ſich fuͤhren/ ſchickete er ihnen den Halbſcheid ſeiner Voͤlker nach/
welche ſie bald ereileten/ umringeten/ und ohn alle Gnade niderſaͤbelten/ daß kein einziger
davon kam; zwar etliche und zwanzig ſuchten durch die Iſel ſich zuerretten/ aber am an-
dern Ufer kunten ſie nicht auskommen/ und erſoffen mit einander. Der Mediſche Fuͤrſt
zweifelte anfangs/ ob er nach dem Dorffe gehen/ oder dieſen fluͤchtigen nachſetzen ſolte/ end-
lich waͤhlete er den Dorffweg/ fragete nach des gefangenen Großfuͤrſten Herberge/ und
wuſte vor freuden kaum zubleiben/ weil er voller Hoffnung wahr/ den ſo lang gewuͤnſche-
ten Schaz ſeiner Seelen ſchier anzutreffen; Er ſtieg mit etlich wenig Teutſchen/ die ſeinẽ
Voͤlkern zugegeben wahren/ im Hofe ab/ ging in das Bauren Huͤttlein/ und ſo bald er den
Großfuͤrſten ſamt deſſen Gemahl erblickete/ verwunderte er ſich uͤber ihrem treflichen An-
ſehen/ weil ſie kein ander Angeſicht ſehen lieſſen/ als ob ſie auff ihrem Schloſſe geweſt waͤh-
ren. Er trat zu ihnen hin mit ſehr tieffer und demuͤhtiger Ehrerbietung/ kuͤſſete ihnen die
Haͤnde/ und erfreuete ſich/ wie er ſagete/ des gehabten groſſen Gluͤks/ ihre Großfuͤrſtliche
Hocheiten aus der ſchaͤndlichen Raͤuber Haͤnden zuerloͤſen. Der Großfuͤrſt zweifelte nun-
mehr an der Warheit nicht/ nachdem er ſahe/ daß dieſer weder Wendiſch noch Frieſiſch
gewapnet wahr/ auch ihre Sprache nicht fuͤhrete; hielt ſich zwar freundlich gegen ihn/ und
erzeigete doch ſolche Standhafftigkeit/ als waͤhre ihm nichts widriges begegnet/ wiewol
ihn groß Wunder nam/ was Rettung dieſe ſeyn moͤchte/ maſſen ihm weder der Voͤlker
Ankunfft/ noch der gehaltenen Schlacht einige Meldung geſchehen wahr; unterließ dem-
nach nicht/ nachzufragen/ von wannen ihm dieſe kraͤfftige Huͤlffe zukaͤhme/ und durch was
mittel er ſich getrauete/ ihn nebeſt ſeinem Gemahl ſicher und ohn feindliche Verfolgung
davon zubringen. Arbianes antwortete: Seine Hocheit wuͤrde verhoffentlich ſchon be-
richtet ſeyn/ was maſſen ſein Sohn Fuͤrſt Baldrich/ und deſſen Geſelle/ Fuͤrſt Siegward
aus Schweden/ mit dem boßhafften Wenden in voller Arbeit der blutigen Feldſchlacht
waͤhren/ und den Sieg ehiſt erhalten wuͤrden/ weil bey ſeinem Abzuge ſo wol die feindliche
Reuter-flügel als das Fußvolk ſchon angefangen haͤtten/ hinter ſich zuweichen/ und deren
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Zitationshilfe: | Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 497. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/503>, abgerufen am 17.06.2024. |