Hälsten der Lufesäule sich abwechselnd gegen einander und von einander stemmen, Fig. 14. a und b. Bey der zweyten Schwingungsart, wo der Ton um eine Octave höher ist, als bey der ersten, sind zwey Schwingungsknoten vorhanden, deren jeder um den vierten Theil der ganzen Länge von den Enden entferat ist; die Theile stemmen sich abwechselnd gegen den einen und den andern Schwingungsknoten Fig. 15. a und b. Bey der dritten Schwingungs- art, wo der Ton um eine Quinte höher ist, als bey der zweyten, sind drey Schwingungs- knoten vorhanden, einer ist in der Mitten, und jeder der beyden übrigen ist um den sechsten Theil der Länge von den Enden entfernt, die Bewegung geschieht so, wie ich Fig. 16. a und b gezeigt habe. Bey der vierten Schwingungsart, wo vier Schwingungskneten sind, ist der Ton um eine Quarte höher, als bey der dritten, und um 2 Octaven höher, als bey der ersten, und so verhalten sich die Töne bey diesen und allen übrigen Schwingungsarten der Luft in einer offenen Pfeife, wie die natürliche Zahlenreihe 1, 2, 3, 4, 5 u. s. f. Will man aber diese Schwingungsarten mit den im nächsten §. zu beschreibenden Schwingungsarten der Luft in einer nur an einem Ende offenen Pfelfe vergleichen, so wird man, weil der tiefste Ton einer an beyden Enden offenen Pfeife um eine Octave höher ist, als der tiefste Ton einer Pfeife, die nur an einem Ende offen ist, die jetzterwähnte Reihe mit 2 multipliciren und in 2, 4, 6, 8, 10 u. s. f. verwandeln müssen.
Ob ein Blasinstrument oder eine Orgelpfeife gerade oder gebogen ist, thut nichts zur Sache, weil die Luft nach allen Richtungen in gleichem Grade elastisch ist. Die jetzterwähnte Folge von Tönen findet nicht nur an cylindrischen oder prismarischen, sondern auch an solchen Blasinstrumenten Statt, welche nach irgend einer geraden oder krummen Richtung conver- giren oder divergiren, wie denn auch bey den meisten Arten der Blasinstrumente das äußere Ende zu Verstärkung des Klanges sich parabolisch erweitert. Wenn eine divergirende, eine überall gleich weite, und eine convergirende offene Pfeife von gleicher Länge sind, so giebt eine divergirende etwas höhere, und eine convergirende etwas tiefere Töne, als eine die überall von gleicher Weite ist. Die schwingende Luftsäule, welche überhaupt ein wenig länger zu seyn scheint, als die Länge der Röhre, worinnen sie enthalten ist, wird allem Ansehen nach durch Divergenz etwas verkürzt, und durch Convergenz etwas verlängert.
1. Anm. Auf jedem Blasinstrumente wird man, wenn alle Seitenlöcher zugehalten werden, durch Verschiedenheit des Blasens einige von den mit der natürlichen Zahlenfolge übereinkommenden Tönen hervorbringen können. Bey dem gewöhnlichen Blasen der Hörner und Trompeten wird nur diese Folge von Tönen hervorgebracht; die Tonart sey übrigens, welche sie weile, so pflegt
Haͤlſten der Lufeſaͤule ſich abwechſelnd gegen einander und von einander ſtemmen, Fig. 14. a und b. Bey der zweyten Schwingungsart, wo der Ton um eine Octave hoͤher iſt, als bey der erſten, ſind zwey Schwingungsknoten vorhanden, deren jeder um den vierten Theil der ganzen Laͤnge von den Enden entferat iſt; die Theile ſtemmen ſich abwechſelnd gegen den einen und den andern Schwingungsknoten Fig. 15. a und b. Bey der dritten Schwingungs- art, wo der Ton um eine Quinte hoͤher iſt, als bey der zweyten, ſind drey Schwingungs- knoten vorhanden, einer iſt in der Mitten, und jeder der beyden uͤbrigen iſt um den ſechsten Theil der Laͤnge von den Enden entfernt, die Bewegung geſchieht ſo, wie ich Fig. 16. a und b gezeigt habe. Bey der vierten Schwingungsart, wo vier Schwingungskneten ſind, iſt der Ton um eine Quarte hoͤher, als bey der dritten, und um 2 Octaven hoͤher, als bey der erſten, und ſo verhalten ſich die Toͤne bey dieſen und allen uͤbrigen Schwingungsarten der Luft in einer offenen Pfeife, wie die natuͤrliche Zahlenreihe 1, 2, 3, 4, 5 u. ſ. f. Will man aber dieſe Schwingungsarten mit den im naͤchſten §. zu beſchreibenden Schwingungsarten der Luft in einer nur an einem Ende offenen Pfelfe vergleichen, ſo wird man, weil der tiefſte Ton einer an beyden Enden offenen Pfeife um eine Octave hoͤher iſt, als der tiefſte Ton einer Pfeife, die nur an einem Ende offen iſt, die jetzterwaͤhnte Reihe mit 2 multipliciren und in 2, 4, 6, 8, 10 u. ſ. f. verwandeln muͤſſen.
Ob ein Blasinſtrument oder eine Orgelpfeife gerade oder gebogen iſt, thut nichts zur Sache, weil die Luft nach allen Richtungen in gleichem Grade elaſtiſch iſt. Die jetzterwaͤhnte Folge von Toͤnen findet nicht nur an cylindriſchen oder priſmariſchen, ſondern auch an ſolchen Blasinſtrumenten Statt, welche nach irgend einer geraden oder krummen Richtung conver- giren oder divergiren, wie denn auch bey den meiſten Arten der Blasinſtrumente das aͤußere Ende zu Verſtaͤrkung des Klanges ſich paraboliſch erweitert. Wenn eine divergirende, eine uͤberall gleich weite, und eine convergirende offene Pfeife von gleicher Laͤnge ſind, ſo giebt eine divergirende etwas hoͤhere, und eine convergirende etwas tiefere Toͤne, als eine die uͤberall von gleicher Weite iſt. Die ſchwingende Luftſaͤule, welche uͤberhaupt ein wenig laͤnger zu ſeyn ſcheint, als die Laͤnge der Roͤhre, worinnen ſie enthalten iſt, wird allem Anſehen nach durch Divergenz etwas verkuͤrzt, und durch Convergenz etwas verlaͤngert.
1. Anm. Auf jedem Blasinſtrumente wird man, wenn alle Seitenloͤcher zugehalten werden, durch Verſchiedenheit des Blaſens einige von den mit der natuͤrlichen Zahlenfolge uͤbereinkommenden Toͤnen hervorbringen koͤnnen. Bey dem gewoͤhnlichen Blaſen der Hoͤrner und Trompeten wird nur dieſe Folge von Toͤnen hervorgebracht; die Tonart ſey uͤbrigens, welche ſie weile, ſo pflegt
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Haͤlſten der Lufeſaͤule ſich abwechſelnd gegen einander und von einander ſtemmen, Fig. 14.
a und b. Bey der zweyten Schwingungsart, wo der Ton um eine Octave hoͤher iſt, als
bey der erſten, ſind zwey Schwingungsknoten vorhanden, deren jeder um den vierten Theil
der ganzen Laͤnge von den Enden entferat iſt; die Theile ſtemmen ſich abwechſelnd gegen den
einen und den andern Schwingungsknoten Fig. 15. a und b. Bey der dritten Schwingungs-
art, wo der Ton um eine Quinte hoͤher iſt, als bey der zweyten, ſind drey Schwingungs-
knoten vorhanden, einer iſt in der Mitten, und jeder der beyden uͤbrigen iſt um den ſechsten
Theil der Laͤnge von den Enden entfernt, die Bewegung geſchieht ſo, wie ich Fig. 16. a und b
gezeigt habe. Bey der vierten Schwingungsart, wo vier Schwingungskneten ſind, iſt der
Ton um eine Quarte hoͤher, als bey der dritten, und um 2 Octaven hoͤher, als bey der erſten,
und ſo verhalten ſich die Toͤne bey dieſen und allen uͤbrigen Schwingungsarten der Luft in einer
offenen Pfeife, wie die natuͤrliche Zahlenreihe 1, 2, 3, 4, 5 u. ſ. f. Will man aber dieſe
Schwingungsarten mit den im naͤchſten §. zu beſchreibenden Schwingungsarten der Luft in
einer nur an einem Ende offenen Pfelfe vergleichen, ſo wird man, weil der tiefſte Ton einer
an beyden Enden offenen Pfeife um eine Octave hoͤher iſt, als der tiefſte Ton einer Pfeife, die
nur an einem Ende offen iſt, die jetzterwaͤhnte Reihe mit 2 multipliciren und in 2, 4, 6, 8,
10 u. ſ. f. verwandeln muͤſſen.
Ob ein Blasinſtrument oder eine Orgelpfeife gerade oder gebogen iſt, thut nichts zur
Sache, weil die Luft nach allen Richtungen in gleichem Grade elaſtiſch iſt. Die jetzterwaͤhnte
Folge von Toͤnen findet nicht nur an cylindriſchen oder priſmariſchen, ſondern auch an ſolchen
Blasinſtrumenten Statt, welche nach irgend einer geraden oder krummen Richtung conver-
giren oder divergiren, wie denn auch bey den meiſten Arten der Blasinſtrumente das aͤußere
Ende zu Verſtaͤrkung des Klanges ſich paraboliſch erweitert. Wenn eine divergirende, eine
uͤberall gleich weite, und eine convergirende offene Pfeife von gleicher Laͤnge ſind, ſo giebt
eine divergirende etwas hoͤhere, und eine convergirende etwas tiefere Toͤne, als eine die
uͤberall von gleicher Weite iſt. Die ſchwingende Luftſaͤule, welche uͤberhaupt ein wenig laͤnger
zu ſeyn ſcheint, als die Laͤnge der Roͤhre, worinnen ſie enthalten iſt, wird allem Anſehen nach
durch Divergenz etwas verkuͤrzt, und durch Convergenz etwas verlaͤngert.
1. Anm. Auf jedem Blasinſtrumente wird man, wenn alle Seitenloͤcher zugehalten werden, durch
Verſchiedenheit des Blaſens einige von den mit der natuͤrlichen Zahlenfolge uͤbereinkommenden
Toͤnen hervorbringen koͤnnen. Bey dem gewoͤhnlichen Blaſen der Hoͤrner und Trompeten wird
nur dieſe Folge von Toͤnen hervorgebracht; die Tonart ſey uͤbrigens, welche ſie weile, ſo pflegt
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Chladni, Ernst Florens Friedrich: Die Akustik. Leipzig, 1802, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_akustik_1802/121>, abgerufen am 18.06.2024.
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