Totalement Nix! Das ist ja Alles so gleichgültig. Aber das Volk -- hm! das Volk -- das ,Volk'! .. Man könnte mit seiner Hülfe unter Umständen eine vorzügliche Carriere machen! Socialdemokra- tischer Reichstagsabgeordneter! Donnerwetter! das wäre 'was? Nicht? Hm! Nur die Glacehandschuhe müßte man sich abgewöhnen .. und .. und sich nicht mehr darüber wundern, daß es die Menschen für eminent überflüssig halten, ihren geliebten Mit- menschen eine Lüge nachzurechnen und demonstrativ vorzuwerfen! .. Doch .. die Zukunftsidee des Proletariats -- sie wird und wächst -- und sie siegt auch zweifellos einmal -- aber ich -- declamirte sich Adam mit sonorem Pathos vor -- ich ruhe mich doch von den Strapazen, Dummheiten und Narrenspossen des Lebens wahrhaftig viel lieber a la Hamlet zwischen den Beinen eines Weibes aus, als innerhalb der vier Wände einer monströsen Gefäng- nißzelle ... Und so kommt man denn allmählich da- hinter, daß man zu Allem und noch Verschiedenem außerdem verflucht untauglich ist! ..
Aber -- hielt sich Adam plötzlich selber auf -- wie oft schon habe ich dieses dumme, triste, oberfaule Zeug durchgewürgt! Es ist ja leider Alles so scandalös richtig, doch sollte man sich das Blech nicht zu oft vorkauen. Lassen wir wieder einmal die Zukunft eben -- Zukunft und die Gegenwart eben -- Gegenwart sein! Das Andere ,findet sich' schon von ,janz alleene' .. Trinken wir lieber noch 'n Glas Absynth! Den ersten Schluck auf
Totalement Nix! Das iſt ja Alles ſo gleichgültig. Aber das Volk — hm! das Volk — das ‚Volk‘! .. Man könnte mit ſeiner Hülfe unter Umſtänden eine vorzügliche Carrière machen! Socialdemokra- tiſcher Reichstagsabgeordneter! Donnerwetter! das wäre 'was? Nicht? Hm! Nur die Glacéhandſchuhe müßte man ſich abgewöhnen .. und .. und ſich nicht mehr darüber wundern, daß es die Menſchen für eminent überflüſſig halten, ihren geliebten Mit- menſchen eine Lüge nachzurechnen und demonſtrativ vorzuwerfen! .. Doch .. die Zukunftsidee des Proletariats — ſie wird und wächſt — und ſie ſiegt auch zweifellos einmal — aber ich — declamirte ſich Adam mit ſonorem Pathos vor — ich ruhe mich doch von den Strapazen, Dummheiten und Narrenspoſſen des Lebens wahrhaftig viel lieber à la Hamlet zwiſchen den Beinen eines Weibes aus, als innerhalb der vier Wände einer monſtröſen Gefäng- nißzelle ... Und ſo kommt man denn allmählich da- hinter, daß man zu Allem und noch Verſchiedenem außerdem verflucht untauglich iſt! ..
Aber — hielt ſich Adam plötzlich ſelber auf — wie oft ſchon habe ich dieſes dumme, triſte, oberfaule Zeug durchgewürgt! Es iſt ja leider Alles ſo ſcandalös richtig, doch ſollte man ſich das Blech nicht zu oft vorkauen. Laſſen wir wieder einmal die Zukunft eben — Zukunft und die Gegenwart eben — Gegenwart ſein! Das Andere ‚findet ſich‘ ſchon von ‚janz alleene‘ .. Trinken wir lieber noch 'n Glas Abſynth! Den erſten Schluck auf
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Totalement Nix! Das iſt ja Alles ſo gleichgültig.
Aber das Volk — hm! das Volk — das ‚Volk‘! ..
Man könnte mit ſeiner Hülfe unter Umſtänden
eine vorzügliche Carrière machen! Socialdemokra-
tiſcher Reichstagsabgeordneter! Donnerwetter! das
wäre 'was? Nicht? Hm! Nur die Glacéhandſchuhe
müßte man ſich abgewöhnen .. und .. und ſich
nicht mehr darüber wundern, daß es die Menſchen
für eminent überflüſſig halten, ihren geliebten Mit-
menſchen eine Lüge nachzurechnen und demonſtrativ
vorzuwerfen! .. Doch .. die Zukunftsidee des
Proletariats — ſie wird und wächſt — und
ſie ſiegt auch zweifellos einmal — aber ich —
declamirte ſich Adam mit ſonorem Pathos vor — ich
ruhe mich doch von den Strapazen, Dummheiten und
Narrenspoſſen des Lebens wahrhaftig viel lieber à la
Hamlet zwiſchen den Beinen eines Weibes aus, als
innerhalb der vier Wände einer monſtröſen Gefäng-
nißzelle ... Und ſo kommt man denn allmählich da-
hinter, daß man zu Allem und noch Verſchiedenem
außerdem verflucht untauglich iſt! ..
Aber — hielt ſich Adam plötzlich ſelber auf —
wie oft ſchon habe ich dieſes dumme, triſte, oberfaule
Zeug durchgewürgt! Es iſt ja leider Alles ſo
ſcandalös richtig, doch ſollte man ſich das Blech
nicht zu oft vorkauen. Laſſen wir wieder einmal
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ſchon von ‚janz alleene‘ .. Trinken wir lieber
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Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/173>, abgerufen am 21.05.2024.
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