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Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845.

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Wünsche zu Papier, ernennt dann abermals aus eigener
Mitte Einen Mann von deren Hundert zum engeren Aus-
schusse, welcher dann zu seiner Zeit gleichzeitig mit den
beiden anderen Ständen die Deputirtenwahl vollbringt.
So in kleineren Amtsbezirken. Wo aber Oberämter sind,
zu denen mehrere Unterämter gehören, da findet noch
eine dritte Verminderung der Theilnehmer statt, indem in
jedem Bezirk drei Viertel des engeren Ausschusses zurück-
treten, die übrig bleibende Viertheile dann aber am Haupt-
orte des Oberamts sich versammeln, ihre verschiedenen
Instructionen zu einer Gesammtschrift vereinigen und die
Wahl der Abgeordneten durch verschlossene Zettel vollbrin-
gen. Keine Stadt aber wählt als solche für sich, sondern
stets in Verbindung mit ihrem Amte, mit einziger Aus-
nahme der Hauptstadt des Reiches.

Durch diese Anordnung, deren Hauptgliederung hier
angegeben ist, ward ein nützlicher Zweck erreicht: man
beugte tumultuarisch wählenden Volksversammlungen vor;
allein bei weitem wichtigere Aufgaben wurden verfehlt,
indem man so gut wie gar keine Bedingungen an die
Wähl- und Wahlfähigkeit knüpfte, ganz besonders aber
dadurch daß man, statt durch einen verständig belehrenden
Erlaß die Cahiers abzuschneiden, oder ihre Abfassung
mindestens der Willkür zu überlassen, sie geradezu vor-
schrieb. Auf früheren Reichstagen spielten dergleichen Be-
schwerdeschriften allerdings eine Rolle, aber damals ward
dergleichen was den dritten Stand betrifft von Behörden

Wünſche zu Papier, ernennt dann abermals aus eigener
Mitte Einen Mann von deren Hundert zum engeren Aus-
ſchuſſe, welcher dann zu ſeiner Zeit gleichzeitig mit den
beiden anderen Ständen die Deputirtenwahl vollbringt.
So in kleineren Amtsbezirken. Wo aber Oberämter ſind,
zu denen mehrere Unterämter gehören, da findet noch
eine dritte Verminderung der Theilnehmer ſtatt, indem in
jedem Bezirk drei Viertel des engeren Ausſchuſſes zurück-
treten, die übrig bleibende Viertheile dann aber am Haupt-
orte des Oberamts ſich verſammeln, ihre verſchiedenen
Inſtructionen zu einer Geſammtſchrift vereinigen und die
Wahl der Abgeordneten durch verſchloſſene Zettel vollbrin-
gen. Keine Stadt aber wählt als ſolche für ſich, ſondern
ſtets in Verbindung mit ihrem Amte, mit einziger Aus-
nahme der Hauptſtadt des Reiches.

Durch dieſe Anordnung, deren Hauptgliederung hier
angegeben iſt, ward ein nützlicher Zweck erreicht: man
beugte tumultuariſch wählenden Volksverſammlungen vor;
allein bei weitem wichtigere Aufgaben wurden verfehlt,
indem man ſo gut wie gar keine Bedingungen an die
Wähl- und Wahlfähigkeit knüpfte, ganz beſonders aber
dadurch daß man, ſtatt durch einen verſtändig belehrenden
Erlaß die Cahiers abzuſchneiden, oder ihre Abfaſſung
mindeſtens der Willkür zu überlaſſen, ſie geradezu vor-
ſchrieb. Auf früheren Reichstagen ſpielten dergleichen Be-
ſchwerdeſchriften allerdings eine Rolle, aber damals ward
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[157/0167] Wünſche zu Papier, ernennt dann abermals aus eigener Mitte Einen Mann von deren Hundert zum engeren Aus- ſchuſſe, welcher dann zu ſeiner Zeit gleichzeitig mit den beiden anderen Ständen die Deputirtenwahl vollbringt. So in kleineren Amtsbezirken. Wo aber Oberämter ſind, zu denen mehrere Unterämter gehören, da findet noch eine dritte Verminderung der Theilnehmer ſtatt, indem in jedem Bezirk drei Viertel des engeren Ausſchuſſes zurück- treten, die übrig bleibende Viertheile dann aber am Haupt- orte des Oberamts ſich verſammeln, ihre verſchiedenen Inſtructionen zu einer Geſammtſchrift vereinigen und die Wahl der Abgeordneten durch verſchloſſene Zettel vollbrin- gen. Keine Stadt aber wählt als ſolche für ſich, ſondern ſtets in Verbindung mit ihrem Amte, mit einziger Aus- nahme der Hauptſtadt des Reiches. Durch dieſe Anordnung, deren Hauptgliederung hier angegeben iſt, ward ein nützlicher Zweck erreicht: man beugte tumultuariſch wählenden Volksverſammlungen vor; allein bei weitem wichtigere Aufgaben wurden verfehlt, indem man ſo gut wie gar keine Bedingungen an die Wähl- und Wahlfähigkeit knüpfte, ganz beſonders aber dadurch daß man, ſtatt durch einen verſtändig belehrenden Erlaß die Cahiers abzuſchneiden, oder ihre Abfaſſung mindeſtens der Willkür zu überlaſſen, ſie geradezu vor- ſchrieb. Auf früheren Reichstagen ſpielten dergleichen Be- ſchwerdeſchriften allerdings eine Rolle, aber damals ward dergleichen was den dritten Stand betrifft von Behörden

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Zitationshilfe: Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/167>, abgerufen am 26.04.2024.