neuerten das Votum von 1891; eine andere Partei, diese nur aus Architekten bestehend, trat auf die Seite Schäfers, der, wie be- hauptet wird, mit Zuversicht darauf rechnet, an höchster Stelle mit seinem Plane durchzudringen.
An einem Denkmal von der Art und Bedeutung des Heidel- berger Schlosses ist, wie man sich wohl ausdrücken darf, das ganze deutsche Volk ideeller Mitbesitzer. Es ist nicht anzunehmen, daß die letzte Entscheidung im Widerspruch mit der öffentlichen Meinung erfolgen könnte. Pflicht der öffentlichen Meinung ist es um so mehr, sich über die geplante Maßregel ein Urteil zu bilden. Sie kann es. Denn in allen wichtigen Punkten kommt es hier nicht auf eine Geheimwissenschaft an; sie sind allgemein verständlich.
Wie zu erwarten war, wird nun allerdings das Recht auf eine Meinung von einem sehr kleinen Kreise für sich allein in Anspruch genommen. Es sind die Architekten, wenigstens die um Schäfer gruppierten, die als die einzigen wahren Sachverständigen gelten wollen. Der Gegensatz zwischen Architekten und Kunstgelehrten pflegt bedauerlicherweise bei ähnlichen Anlässen immer wieder auf- zutauchen. Es ist deshalb keine müßige Abschweifung, zu unter- suchen, wie weit er innerlich berechtigt sei. Was ist denn ein Archi- tekt? und in welchem Verhältnis steht er qua Architekt zu den Denkmälern der Vergangenheit? Ein Architekt ist teils Techniker, ein Mann der angewandten Mathematik und Physik, teils Künstler, Organ der schaffenden Phantasie. Zu den Kunstwerken der Ver- gangenheit kann er sich aber nur als Forschender, Nachfühlender, nicht als Schaffender verhalten. Von dem Augenblick, in dem er in dieses Verhältnis eintritt, wird er -- mag er es anerkennen oder nicht -- seiner Aufgabe nach zum Kunstgelehrten, und was er auf diesem Boden denkt, spricht oder tut, kann nur nach dem allgemeinen Maße der Kunstwissenschaft gemessen werden. Der so oft behauptete Gegensatz ist also theoretisch gar nicht vor- handen. Praktisch tritt er dennoch hervor in dem andern Augen- blicke, wo der Architekt berufen wird, an ein historisches Kunst- denkmal irgendwie die Hand zu legen, um zu erhalten oder zu er-
Was wird aus dem Heidelberger Schloß werden?
neuerten das Votum von 1891; eine andere Partei, diese nur aus Architekten bestehend, trat auf die Seite Schäfers, der, wie be- hauptet wird, mit Zuversicht darauf rechnet, an höchster Stelle mit seinem Plane durchzudringen.
An einem Denkmal von der Art und Bedeutung des Heidel- berger Schlosses ist, wie man sich wohl ausdrücken darf, das ganze deutsche Volk ideeller Mitbesitzer. Es ist nicht anzunehmen, daß die letzte Entscheidung im Widerspruch mit der öffentlichen Meinung erfolgen könnte. Pflicht der öffentlichen Meinung ist es um so mehr, sich über die geplante Maßregel ein Urteil zu bilden. Sie kann es. Denn in allen wichtigen Punkten kommt es hier nicht auf eine Geheimwissenschaft an; sie sind allgemein verständlich.
Wie zu erwarten war, wird nun allerdings das Recht auf eine Meinung von einem sehr kleinen Kreise für sich allein in Anspruch genommen. Es sind die Architekten, wenigstens die um Schäfer gruppierten, die als die einzigen wahren Sachverständigen gelten wollen. Der Gegensatz zwischen Architekten und Kunstgelehrten pflegt bedauerlicherweise bei ähnlichen Anlässen immer wieder auf- zutauchen. Es ist deshalb keine müßige Abschweifung, zu unter- suchen, wie weit er innerlich berechtigt sei. Was ist denn ein Archi- tekt? und in welchem Verhältnis steht er qua Architekt zu den Denkmälern der Vergangenheit? Ein Architekt ist teils Techniker, ein Mann der angewandten Mathematik und Physik, teils Künstler, Organ der schaffenden Phantasie. Zu den Kunstwerken der Ver- gangenheit kann er sich aber nur als Forschender, Nachfühlender, nicht als Schaffender verhalten. Von dem Augenblick, in dem er in dieses Verhältnis eintritt, wird er — mag er es anerkennen oder nicht — seiner Aufgabe nach zum Kunstgelehrten, und was er auf diesem Boden denkt, spricht oder tut, kann nur nach dem allgemeinen Maße der Kunstwissenschaft gemessen werden. Der so oft behauptete Gegensatz ist also theoretisch gar nicht vor- handen. Praktisch tritt er dennoch hervor in dem andern Augen- blicke, wo der Architekt berufen wird, an ein historisches Kunst- denkmal irgendwie die Hand zu legen, um zu erhalten oder zu er-
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Was wird aus dem Heidelberger Schloß werden?
neuerten das Votum von 1891; eine andere Partei, diese nur aus
Architekten bestehend, trat auf die Seite Schäfers, der, wie be-
hauptet wird, mit Zuversicht darauf rechnet, an höchster Stelle
mit seinem Plane durchzudringen.
An einem Denkmal von der Art und Bedeutung des Heidel-
berger Schlosses ist, wie man sich wohl ausdrücken darf, das ganze
deutsche Volk ideeller Mitbesitzer. Es ist nicht anzunehmen, daß
die letzte Entscheidung im Widerspruch mit der öffentlichen
Meinung erfolgen könnte. Pflicht der öffentlichen Meinung ist es
um so mehr, sich über die geplante Maßregel ein Urteil zu bilden.
Sie kann es. Denn in allen wichtigen Punkten kommt es hier nicht
auf eine Geheimwissenschaft an; sie sind allgemein verständlich.
Wie zu erwarten war, wird nun allerdings das Recht auf eine
Meinung von einem sehr kleinen Kreise für sich allein in Anspruch
genommen. Es sind die Architekten, wenigstens die um Schäfer
gruppierten, die als die einzigen wahren Sachverständigen gelten
wollen. Der Gegensatz zwischen Architekten und Kunstgelehrten
pflegt bedauerlicherweise bei ähnlichen Anlässen immer wieder auf-
zutauchen. Es ist deshalb keine müßige Abschweifung, zu unter-
suchen, wie weit er innerlich berechtigt sei. Was ist denn ein Archi-
tekt? und in welchem Verhältnis steht er qua Architekt zu den
Denkmälern der Vergangenheit? Ein Architekt ist teils Techniker,
ein Mann der angewandten Mathematik und Physik, teils Künstler,
Organ der schaffenden Phantasie. Zu den Kunstwerken der Ver-
gangenheit kann er sich aber nur als Forschender, Nachfühlender,
nicht als Schaffender verhalten. Von dem Augenblick, in dem er
in dieses Verhältnis eintritt, wird er — mag er es anerkennen oder
nicht — seiner Aufgabe nach zum Kunstgelehrten, und
was er auf diesem Boden denkt, spricht oder tut, kann nur nach
dem allgemeinen Maße der Kunstwissenschaft gemessen werden.
Der so oft behauptete Gegensatz ist also theoretisch gar nicht vor-
handen. Praktisch tritt er dennoch hervor in dem andern Augen-
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Dehio, Georg: Kunsthistorische Aufsätze. München u. a., 1914, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dehio_aufsaetze_1914/313>, abgerufen am 15.06.2024.
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