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Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844.

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Dort der Anger, -- und dort am Hang
Die einsam weidende Stute,
Langsam schnaubt sie den Rain entlang;
Aus andalusischem Blute,
Hoch, schneeschimmernd, zum Grund gebeugt
Den mähnumflutheten Nacken,
Nah sie, näher dem Hagen steigt.
Nun wird der Corse sie packen!
Schon erfaßt er der Schneide Griff,
Er reckt sich über dem Kraute,
Da -- ein Geknister und -- still! ein Pfiff,
Und wieder -- summende Laute!
Und es schreitet dem Hage zu,
Grad wo Geronimo knieet,
Nieder gleitet der Cors' im Nu,
Ha, wie er keuchet und glühet!
Dicht an ihm, -- der Mantel streift,
Die Ferse könnt' er ihm fassen, --
Steht der hagre Podest' und pfeift;
"Sorella! ruft er gelassen,
Und "Sorella, mein kluges Thier!"
Der Lauscher höret es stampfen,
Ueber ihm, mit hellem Gewieh'r,
Zwei schnaubende Nüstern dampfen.
Freundlich klatscht Luigi den Bug,
Liebkosend streicht er die Mähnen,
Hat nicht zärtlicher Worte genug,
Er spricht wie zu seiner Schönen.
Dort der Anger, — und dort am Hang
Die einſam weidende Stute,
Langſam ſchnaubt ſie den Rain entlang;
Aus andaluſiſchem Blute,
Hoch, ſchneeſchimmernd, zum Grund gebeugt
Den mähnumflutheten Nacken,
Nah ſie, näher dem Hagen ſteigt.
Nun wird der Corſe ſie packen!
Schon erfaßt er der Schneide Griff,
Er reckt ſich über dem Kraute,
Da — ein Gekniſter und — ſtill! ein Pfiff,
Und wieder — ſummende Laute!
Und es ſchreitet dem Hage zu,
Grad wo Geronimo knieet,
Nieder gleitet der Corſ' im Nu,
Ha, wie er keuchet und glühet!
Dicht an ihm, — der Mantel ſtreift,
Die Ferſe könnt' er ihm faſſen, —
Steht der hagre Podeſt' und pfeift;
„Sorella! ruft er gelaſſen,
Und „Sorella, mein kluges Thier!“
Der Lauſcher höret es ſtampfen,
Ueber ihm, mit hellem Gewieh'r,
Zwei ſchnaubende Nüſtern dampfen.
Freundlich klatſcht Luigi den Bug,
Liebkoſend ſtreicht er die Mähnen,
Hat nicht zärtlicher Worte genug,
Er ſpricht wie zu ſeiner Schönen.
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[308/0322] Dort der Anger, — und dort am Hang Die einſam weidende Stute, Langſam ſchnaubt ſie den Rain entlang; Aus andaluſiſchem Blute, Hoch, ſchneeſchimmernd, zum Grund gebeugt Den mähnumflutheten Nacken, Nah ſie, näher dem Hagen ſteigt. Nun wird der Corſe ſie packen! Schon erfaßt er der Schneide Griff, Er reckt ſich über dem Kraute, Da — ein Gekniſter und — ſtill! ein Pfiff, Und wieder — ſummende Laute! Und es ſchreitet dem Hage zu, Grad wo Geronimo knieet, Nieder gleitet der Corſ' im Nu, Ha, wie er keuchet und glühet! Dicht an ihm, — der Mantel ſtreift, Die Ferſe könnt' er ihm faſſen, — Steht der hagre Podeſt' und pfeift; „Sorella! ruft er gelaſſen, Und „Sorella, mein kluges Thier!“ Der Lauſcher höret es ſtampfen, Ueber ihm, mit hellem Gewieh'r, Zwei ſchnaubende Nüſtern dampfen. Freundlich klatſcht Luigi den Bug, Liebkoſend ſtreicht er die Mähnen, Hat nicht zärtlicher Worte genug, Er ſpricht wie zu ſeiner Schönen.

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Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/322>, abgerufen am 30.04.2024.