Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844.

Bild:
<< vorherige Seite

Es schlimmer ward, als er gedacht,
Daß öfters die verschwiegne Nacht
Manch schweren Seufzer sah entgleiten,
Wenn zuckend hellt der Lampe Strahl
Auf seiner Stirn das Runenmahl,
Obschon es ihm wie Labsal war,
Sah er aus einem Kloster klar
Die Funken wie Raketen ziehen.
Und "Gottes Freund, der Pfaffen Feind!"8
Von Herzen war der Spruch gemeint.
Auf seinen Münzen liest man dies.
Ja, seine Brust war ein Verließ,
Drin tief wie ein Gefangner lag
Der Groll um längst vergangnen Tag.
Und ach! das wüste Leben brach
Zuletzt auch jeder Tugend Blühen,
Daß nur die Treue blieb allein
Wie weinenden Gestirnes Schein,
Wie Palmeninsel in der Wüste,
Korallenglanz an öder Küste.
Und nicht die Amnestie er nahm,
So ihm von Kaisers Hulden kam,
-- Zu Regensburg am Fürstentag, --
Doch seinem Heere ließ die Schmach:
Laut war das "Nein," so er da sprach:
Und um die Seinen ist es nur,
Daß sich die fürstliche Natur
Zu neuem Dienste kann bequemen
Und Sachsens Fahne wieder nehmen;
Viel lieber würd' er fallen kühn,

Es ſchlimmer ward, als er gedacht,
Daß öfters die verſchwiegne Nacht
Manch ſchweren Seufzer ſah entgleiten,
Wenn zuckend hellt der Lampe Strahl
Auf ſeiner Stirn das Runenmahl,
Obſchon es ihm wie Labſal war,
Sah er aus einem Kloſter klar
Die Funken wie Raketen ziehen.
Und „Gottes Freund, der Pfaffen Feind!“8
Von Herzen war der Spruch gemeint.
Auf ſeinen Münzen lieſt man dies.
Ja, ſeine Bruſt war ein Verließ,
Drin tief wie ein Gefangner lag
Der Groll um längſt vergangnen Tag.
Und ach! das wüſte Leben brach
Zuletzt auch jeder Tugend Blühen,
Daß nur die Treue blieb allein
Wie weinenden Geſtirnes Schein,
Wie Palmeninſel in der Wüſte,
Korallenglanz an öder Küſte.
Und nicht die Amneſtie er nahm,
So ihm von Kaiſers Hulden kam,
— Zu Regensburg am Fürſtentag, —
Doch ſeinem Heere ließ die Schmach:
Laut war das „Nein,“ ſo er da ſprach:
Und um die Seinen iſt es nur,
Daß ſich die fürſtliche Natur
Zu neuem Dienſte kann bequemen
Und Sachſens Fahne wieder nehmen;
Viel lieber würd' er fallen kühn,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <lg n="9">
                <pb facs="#f0519" n="505"/>
                <l>Es &#x017F;chlimmer ward, als er gedacht,</l><lb/>
                <l>Daß öfters die ver&#x017F;chwiegne Nacht</l><lb/>
                <l>Manch &#x017F;chweren Seufzer &#x017F;ah entgleiten,</l><lb/>
                <l>Wenn zuckend hellt der Lampe Strahl</l><lb/>
                <l>Auf &#x017F;einer Stirn das Runenmahl,</l><lb/>
                <l>Ob&#x017F;chon es ihm wie Lab&#x017F;al war,</l><lb/>
                <l>Sah er aus einem Klo&#x017F;ter klar</l><lb/>
                <l>Die Funken wie Raketen ziehen.</l><lb/>
                <l>Und &#x201E;Gottes Freund, der Pfaffen Feind!&#x201C;8</l><lb/>
                <l>Von Herzen war der Spruch gemeint.</l><lb/>
                <l>Auf &#x017F;einen Münzen lie&#x017F;t man dies.</l><lb/>
                <l>Ja, &#x017F;eine Bru&#x017F;t war ein Verließ,</l><lb/>
                <l>Drin tief wie ein Gefangner lag</l><lb/>
                <l>Der Groll um läng&#x017F;t vergangnen Tag.</l><lb/>
                <l>Und ach! das wü&#x017F;te Leben brach</l><lb/>
                <l>Zuletzt auch jeder Tugend Blühen,</l><lb/>
                <l>Daß nur die Treue blieb allein</l><lb/>
                <l>Wie weinenden Ge&#x017F;tirnes Schein,</l><lb/>
                <l>Wie Palmenin&#x017F;el in der Wü&#x017F;te,</l><lb/>
                <l>Korallenglanz an öder Kü&#x017F;te.</l><lb/>
                <l>Und nicht die Amne&#x017F;tie er nahm,</l><lb/>
                <l>So ihm von Kai&#x017F;ers Hulden kam,</l><lb/>
                <l>&#x2014; Zu Regensburg am Für&#x017F;tentag, &#x2014;</l><lb/>
                <l>Doch &#x017F;einem Heere ließ die Schmach:</l><lb/>
                <l>Laut war das &#x201E;Nein,&#x201C; &#x017F;o er da &#x017F;prach:</l><lb/>
                <l>Und um die Seinen i&#x017F;t es nur,</l><lb/>
                <l>Daß &#x017F;ich die für&#x017F;tliche Natur</l><lb/>
                <l>Zu neuem Dien&#x017F;te kann bequemen</l><lb/>
                <l>Und Sach&#x017F;ens Fahne wieder nehmen;</l><lb/>
                <l>Viel lieber würd' er fallen kühn,</l><lb/>
              </lg>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[505/0519] Es ſchlimmer ward, als er gedacht, Daß öfters die verſchwiegne Nacht Manch ſchweren Seufzer ſah entgleiten, Wenn zuckend hellt der Lampe Strahl Auf ſeiner Stirn das Runenmahl, Obſchon es ihm wie Labſal war, Sah er aus einem Kloſter klar Die Funken wie Raketen ziehen. Und „Gottes Freund, der Pfaffen Feind!“8 Von Herzen war der Spruch gemeint. Auf ſeinen Münzen lieſt man dies. Ja, ſeine Bruſt war ein Verließ, Drin tief wie ein Gefangner lag Der Groll um längſt vergangnen Tag. Und ach! das wüſte Leben brach Zuletzt auch jeder Tugend Blühen, Daß nur die Treue blieb allein Wie weinenden Geſtirnes Schein, Wie Palmeninſel in der Wüſte, Korallenglanz an öder Küſte. Und nicht die Amneſtie er nahm, So ihm von Kaiſers Hulden kam, — Zu Regensburg am Fürſtentag, — Doch ſeinem Heere ließ die Schmach: Laut war das „Nein,“ ſo er da ſprach: Und um die Seinen iſt es nur, Daß ſich die fürſtliche Natur Zu neuem Dienſte kann bequemen Und Sachſens Fahne wieder nehmen; Viel lieber würd' er fallen kühn,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/519
Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 505. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/519>, abgerufen am 30.04.2024.