und wollte mich zu seinem Pförtner machen. Aber" -- er schüttelte den Kopf -- "ich bettelte mich lieber durch bis hieher." -- "Das war dumm ge- nug," sagte der Gutsherr. Johannes seufzte tief: "O Herr, ich habe mein Leben zwischen Türken und Ketzern zubringen müssen, soll ich nicht wenigstens auf einem katholischen Kirchhofe liegen?" Der Gutsherr hatte seine Börse gezogen: "Da Johannes, nun geh und komm bald wieder. Du mußt mir das Alles noch ausführlicher erzählen; heute ging es etwas konfus durch einander."
"Du bist wohl noch sehr müde?" -- "Sehr müde," versetzte Johannes; "und," er deutete auf seine Stirn, "meine Gedanken sind zuweilen so kurios, ich kann nicht recht sagen, wie es so ist." -- "Ich weiß schon," sagte der Baron, "von alter Zeit her. Jetzt geh. Hülsmeyers behalten dich wohl noch die Nacht über, morgen komm wieder."
Herr von S. hatte das innigste Mitleiden mit dem armen Schelm; bis zum folgenden Tage war überlegt worden, wo man ihn einmiethen könne; essen sollte er täglich im Schlosse, und für Kleidung fand sich auch wohl Rath. -- "Herr," sagte Jo- hannes, "ich kann auch noch wohl etwas thun; ich kann hölzerne Löffel machen, und Ihr könnt mich auch als Boten schicken."
Herr von S. schüttelte mitleidig den Kopf:
und wollte mich zu ſeinem Pförtner machen. Aber“ — er ſchüttelte den Kopf — „ich bettelte mich lieber durch bis hieher.“ — „Das war dumm ge- nug,“ ſagte der Gutsherr. Johannes ſeufzte tief: „O Herr, ich habe mein Leben zwiſchen Türken und Ketzern zubringen müſſen, ſoll ich nicht wenigſtens auf einem katholiſchen Kirchhofe liegen?“ Der Gutsherr hatte ſeine Börſe gezogen: „Da Johannes, nun geh und komm bald wieder. Du mußt mir das Alles noch ausführlicher erzählen; heute ging es etwas konfus durch einander.“
„Du biſt wohl noch ſehr müde?“ — „Sehr müde,“ verſetzte Johannes; „und,“ er deutete auf ſeine Stirn, „meine Gedanken ſind zuweilen ſo kurios, ich kann nicht recht ſagen, wie es ſo iſt.“ — „Ich weiß ſchon,“ ſagte der Baron, „von alter Zeit her. Jetzt geh. Hülsmeyers behalten dich wohl noch die Nacht über, morgen komm wieder.“
Herr von S. hatte das innigſte Mitleiden mit dem armen Schelm; bis zum folgenden Tage war überlegt worden, wo man ihn einmiethen könne; eſſen ſollte er täglich im Schloſſe, und für Kleidung fand ſich auch wohl Rath. — „Herr,“ ſagte Jo- hannes, „ich kann auch noch wohl etwas thun; ich kann hölzerne Löffel machen, und Ihr könnt mich auch als Boten ſchicken.“
Herr von S. ſchüttelte mitleidig den Kopf:
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und wollte mich zu ſeinem Pförtner machen. Aber“
— er ſchüttelte den Kopf — „ich bettelte mich
lieber durch bis hieher.“ — „Das war dumm ge-
nug,“ ſagte der Gutsherr. Johannes ſeufzte tief:
„O Herr, ich habe mein Leben zwiſchen Türken
und Ketzern zubringen müſſen, ſoll ich nicht wenigſtens
auf einem katholiſchen Kirchhofe liegen?“ Der
Gutsherr hatte ſeine Börſe gezogen: „Da Johannes,
nun geh und komm bald wieder. Du mußt mir
das Alles noch ausführlicher erzählen; heute ging
es etwas konfus durch einander.“
„Du biſt wohl noch ſehr müde?“ — „Sehr
müde,“ verſetzte Johannes; „und,“ er deutete auf
ſeine Stirn, „meine Gedanken ſind zuweilen ſo
kurios, ich kann nicht recht ſagen, wie es ſo iſt.“ —
„Ich weiß ſchon,“ ſagte der Baron, „von alter
Zeit her. Jetzt geh. Hülsmeyers behalten dich
wohl noch die Nacht über, morgen komm wieder.“
Herr von S. hatte das innigſte Mitleiden mit
dem armen Schelm; bis zum folgenden Tage war
überlegt worden, wo man ihn einmiethen könne;
eſſen ſollte er täglich im Schloſſe, und für Kleidung
fand ſich auch wohl Rath. — „Herr,“ ſagte Jo-
hannes, „ich kann auch noch wohl etwas thun;
ich kann hölzerne Löffel machen, und Ihr könnt
mich auch als Boten ſchicken.“
Herr von S. ſchüttelte mitleidig den Kopf:
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Die "Letzten Gaben" (1860), postum von Levin Schü… [mehr]
Die "Letzten Gaben" (1860), postum von Levin Schücking aus dem Nachlass Annette von Droste-Hülshoffs herausgegeben, enthalten mehrere Texte, die zum Teil zu Lebzeiten der Autorin bereits andernorts veröffentlicht worden waren. Beispielsweise erschien Droste-Hülshoffs Novelle "Die Judenbuche" zuerst 1842 im "Morgenblatt für gebildete Leser"; die "Westfälischen Schilderungen" erschienen 1845 in den "Historisch-politischen Blättern für das katholische Deutschland". Einzelne Gedichte sind in Journalen und Jahrbüchern erschienen, andere wurden aus dem Nachlass erstmals in der hier digitalisierten Edition von Levin Schücking veröffentlicht (z.B. die Gedichte "Der Nachtwanderer", "Doppeltgänger" und "Halt fest!"). In den meisten Fällen handelt es sich somit nicht um Erstveröffentlichungen der Texte, wohl aber um die erste Publikation in Buchform, weshalb die Nachlassedition für das DTA herangezogen wurde.
Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_letzte_1860/236>, abgerufen am 16.06.2024.
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