Läuten kaum die Mayenglocken Leise durch den lauen Wind, Hebt ein Knabe froh erschrocken Aus dem Grase sich geschwind, Schüttelt in den Blüthenflocken Seine feinen blonden Locken, Schelmisch sinnend wie ein Kind.
Und nun wehen Lerchenlieder Und es schlägt die Nachtigall, Rauschend von den Bergen nieder Kommt der kühle Wasserfall, Rings im Walde bunt Gefieder: -- Frühling, Frühling ist es wieder Und ein Jauchzen überall.
Und den Knaben hört man schwirren, Gold'ne Fäden zart und lind Durch die Lüfte künstlich wirren -- Und ein süßer Krieg beginnt: Suchen, Fliehen, schmachtend Irren, Bis sich alle hold verwirren. -- O beglücktes Labyrinth!
Der Schalk.
Laͤuten kaum die Mayenglocken Leiſe durch den lauen Wind, Hebt ein Knabe froh erſchrocken Aus dem Graſe ſich geſchwind, Schuͤttelt in den Bluͤthenflocken Seine feinen blonden Locken, Schelmiſch ſinnend wie ein Kind.
Und nun wehen Lerchenlieder Und es ſchlaͤgt die Nachtigall, Rauſchend von den Bergen nieder Kommt der kuͤhle Waſſerfall, Rings im Walde bunt Gefieder: — Fruͤhling, Fruͤhling iſt es wieder Und ein Jauchzen uͤberall.
Und den Knaben hoͤrt man ſchwirren, Gold'ne Faͤden zart und lind Durch die Luͤfte kuͤnſtlich wirren — Und ein ſuͤßer Krieg beginnt: Suchen, Fliehen, ſchmachtend Irren, Bis ſich alle hold verwirren. — O begluͤcktes Labyrinth!
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0240"n="222"/></div><divn="2"><head><hirendition="#b #g">Der Schalk</hi><hirendition="#b">.</hi><lb/></head><lgtype="poem"><l><hirendition="#in">L</hi>aͤuten kaum die Mayenglocken</l><lb/><l>Leiſe durch den lauen Wind,</l><lb/><l>Hebt ein Knabe froh erſchrocken</l><lb/><l>Aus dem Graſe ſich geſchwind,</l><lb/><l>Schuͤttelt in den Bluͤthenflocken</l><lb/><l>Seine feinen blonden Locken,</l><lb/><l>Schelmiſch ſinnend wie ein Kind.</l><lb/></lg><lgtype="poem"><l>Und nun wehen Lerchenlieder</l><lb/><l>Und es ſchlaͤgt die Nachtigall,</l><lb/><l>Rauſchend von den Bergen nieder</l><lb/><l>Kommt der kuͤhle Waſſerfall,</l><lb/><l>Rings im Walde bunt Gefieder: —</l><lb/><l>Fruͤhling, Fruͤhling iſt es wieder</l><lb/><l>Und ein Jauchzen uͤberall.</l><lb/></lg><lgtype="poem"><l>Und den Knaben hoͤrt man ſchwirren,</l><lb/><l>Gold'ne Faͤden zart und lind</l><lb/><l>Durch die Luͤfte kuͤnſtlich wirren —</l><lb/><l>Und ein ſuͤßer Krieg beginnt:</l><lb/><l>Suchen, Fliehen, ſchmachtend Irren,</l><lb/><l>Bis ſich alle hold verwirren. —</l><lb/><l>O begluͤcktes Labyrinth!</l><lb/></lg><milestonerendition="#hr"unit="section"/></div></div></body></text></TEI>
[222/0240]
Der Schalk.
Laͤuten kaum die Mayenglocken
Leiſe durch den lauen Wind,
Hebt ein Knabe froh erſchrocken
Aus dem Graſe ſich geſchwind,
Schuͤttelt in den Bluͤthenflocken
Seine feinen blonden Locken,
Schelmiſch ſinnend wie ein Kind.
Und nun wehen Lerchenlieder
Und es ſchlaͤgt die Nachtigall,
Rauſchend von den Bergen nieder
Kommt der kuͤhle Waſſerfall,
Rings im Walde bunt Gefieder: —
Fruͤhling, Fruͤhling iſt es wieder
Und ein Jauchzen uͤberall.
Und den Knaben hoͤrt man ſchwirren,
Gold'ne Faͤden zart und lind
Durch die Luͤfte kuͤnſtlich wirren —
Und ein ſuͤßer Krieg beginnt:
Suchen, Fliehen, ſchmachtend Irren,
Bis ſich alle hold verwirren. —
O begluͤcktes Labyrinth!
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gedichte_1837/240>, abgerufen am 18.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.