Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Finen, Eberhard: Helmstädtsche Denk- und Dank-Reden. Helmstedt, 1702.

Bild:
<< vorherige Seite

denselben lebte / ist nun durch der Sensen und Sichel Schärffe gleichsam ermordet / und in Scheuer und Boden zu seinem Grabe gebracht; Jetzt müssen auch die Garben herhalten / Bäume und Bette verlieren das / womit sie vorhin unsere Augen weideten: Man gräbet und reisset solches aus / man bricht und schüttelt es ab / und samlet es zu künfftiger Benutzung ein. Doch siehet ein jeder bey dieser Arbeit billig zu / daß alles zu seiner vollen Reiffe komme / und nichts unreiffes abgebrochen werde. O daß denn auch der Tod so discret und vorsichtig handelte / und da er seiner Gewohnheit nach in gegenwärtigen Herbst-Tagen zu schütteln und abzubrechen beginnet / nur das Reiffe und nicht das Unreiffe nehmen möchte; Ich wil sagen / daß er den Jungen das Leben gönnete / und wenn er ja seine Lese haben müste / die Alten / welche des Lebens überdrüßig / zur Ruhe beforderte: Allein von solchen Unterscheid wil dieser unbescheidene Greiffzu nicht wissen / er bricht so bald und noch wol eher das Unreiffe als das Reiffe ab. Eine traurige Probe hat davon in diesen Tagen die vornehme Haspelmachersche Freundschafft bey dem Sehl. Absterben eines aus ihren Mitteln leyder erleben müssen. In Warheit unsern Gedancken nach war der Sehl. Herr Haspelmacher noch gar nicht reiff zum Tode / denn 42. Jahr und 6. Monat sind noch kaum die Helffte von der Lebens-Zeit / die ein Mensch nach dem heutigen stylo erreichen kan; Doch hat der Tod diß nicht geachtet / sondern auch die unreiffe Frucht / doch auf GOttes Verhängniß / abgebrochen; Hier sind dieselbige noch gegenwärtig / welche den erblaßten Cörper ausgetragen und in seiner Mutter Schooß die Erde unter M. H. A. Gefolge und Zuschauen eingesencket. Ich gedencke an das wunderbahre Spiel der gütigsten Providence GOttes mit uus Menschen / wie dieselbe so

denselben lebte / ist nun durch der Sensen und Sichel Schärffe gleichsam ermordet / und in Scheuer und Boden zu seinem Grabe gebracht; Jetzt müssen auch die Garben herhalten / Bäume und Bette verlieren das / womit sie vorhin unsere Augen weideten: Man gräbet und reisset solches aus / man bricht und schüttelt es ab / und samlet es zu künfftiger Benutzung ein. Doch siehet ein jeder bey dieser Arbeit billig zu / daß alles zu seiner vollen Reiffe komme / und nichts unreiffes abgebrochen werde. O daß denn auch der Tod so discret und vorsichtig handelte / und da er seiner Gewohnheit nach in gegenwärtigen Herbst-Tagen zu schütteln und abzubrechen beginnet / nur das Reiffe und nicht das Unreiffe nehmen möchte; Ich wil sagen / daß er den Jungen das Leben gönnete / und wenn er ja seine Lese haben müste / die Alten / welche des Lebens überdrüßig / zur Ruhe beforderte: Allein von solchen Unterscheid wil dieser unbescheidene Greiffzu nicht wissen / er bricht so bald und noch wol eher das Unreiffe als das Reiffe ab. Eine traurige Probe hat davon in diesen Tagen die vornehme Haspelmachersche Freundschafft bey dem Sehl. Absterben eines aus ihren Mitteln leyder erleben müssen. In Warheit unsern Gedancken nach war der Sehl. Herr Haspelmacher noch gar nicht reiff zum Tode / denn 42. Jahr und 6. Monat sind noch kaum die Helffte von der Lebens-Zeit / die ein Mensch nach dem heutigen stylo erreichen kan; Doch hat der Tod diß nicht geachtet / sondern auch die unreiffe Frucht / doch auf GOttes Verhängniß / abgebrochen; Hier sind dieselbige noch gegenwärtig / welche den erblaßten Cörper ausgetragen und in seiner Mutter Schooß die Erde unter M. H. A. Gefolge und Zuschauen eingesencket. Ich gedencke an das wunderbahre Spiel der gütigsten Providence GOttes mit uus Menschen / wie dieselbe so

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0094" n="88"/>
denselben
                     lebte / ist nun durch der Sensen und Sichel Schärffe gleichsam ermordet / und in
                     Scheuer und Boden zu seinem Grabe gebracht; Jetzt müssen auch die Garben
                     herhalten / Bäume und Bette verlieren das / womit sie vorhin unsere Augen
                     weideten: Man gräbet und reisset solches aus / man bricht und schüttelt es ab /
                     und samlet es zu künfftiger Benutzung ein. Doch siehet ein jeder bey dieser
                     Arbeit billig zu / daß alles zu seiner vollen Reiffe komme / und nichts
                     unreiffes abgebrochen werde. O daß denn auch der Tod so discret und vorsichtig
                     handelte / und da er seiner Gewohnheit nach in gegenwärtigen Herbst-Tagen zu
                     schütteln und abzubrechen beginnet / nur das Reiffe und nicht das Unreiffe
                     nehmen möchte; Ich wil sagen / daß er den Jungen das Leben gönnete / und wenn er
                     ja seine Lese haben müste / die Alten / welche des Lebens überdrüßig / zur Ruhe
                     beforderte: Allein von solchen Unterscheid wil dieser unbescheidene Greiffzu
                     nicht wissen / er bricht so bald und noch wol eher das Unreiffe als das Reiffe
                     ab. Eine traurige Probe hat davon in diesen Tagen die vornehme Haspelmachersche
                     Freundschafft bey dem Sehl. Absterben eines aus ihren Mitteln leyder erleben
                     müssen. In Warheit unsern Gedancken nach war der Sehl. Herr Haspelmacher noch
                     gar nicht reiff zum Tode / denn 42. Jahr und 6. Monat sind noch kaum die Helffte
                     von der Lebens-Zeit / die ein Mensch nach dem heutigen stylo erreichen kan; Doch
                     hat der Tod diß nicht geachtet / sondern auch die unreiffe Frucht / doch auf
                     GOttes Verhängniß / abgebrochen; Hier sind dieselbige noch gegenwärtig / welche
                     den erblaßten Cörper ausgetragen und in seiner Mutter Schooß die Erde unter M.
                     H. A. Gefolge und Zuschauen eingesencket. Ich gedencke an das wunderbahre Spiel
                     der gütigsten Providence GOttes mit uus Menschen / wie dieselbe so
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[88/0094] denselben lebte / ist nun durch der Sensen und Sichel Schärffe gleichsam ermordet / und in Scheuer und Boden zu seinem Grabe gebracht; Jetzt müssen auch die Garben herhalten / Bäume und Bette verlieren das / womit sie vorhin unsere Augen weideten: Man gräbet und reisset solches aus / man bricht und schüttelt es ab / und samlet es zu künfftiger Benutzung ein. Doch siehet ein jeder bey dieser Arbeit billig zu / daß alles zu seiner vollen Reiffe komme / und nichts unreiffes abgebrochen werde. O daß denn auch der Tod so discret und vorsichtig handelte / und da er seiner Gewohnheit nach in gegenwärtigen Herbst-Tagen zu schütteln und abzubrechen beginnet / nur das Reiffe und nicht das Unreiffe nehmen möchte; Ich wil sagen / daß er den Jungen das Leben gönnete / und wenn er ja seine Lese haben müste / die Alten / welche des Lebens überdrüßig / zur Ruhe beforderte: Allein von solchen Unterscheid wil dieser unbescheidene Greiffzu nicht wissen / er bricht so bald und noch wol eher das Unreiffe als das Reiffe ab. Eine traurige Probe hat davon in diesen Tagen die vornehme Haspelmachersche Freundschafft bey dem Sehl. Absterben eines aus ihren Mitteln leyder erleben müssen. In Warheit unsern Gedancken nach war der Sehl. Herr Haspelmacher noch gar nicht reiff zum Tode / denn 42. Jahr und 6. Monat sind noch kaum die Helffte von der Lebens-Zeit / die ein Mensch nach dem heutigen stylo erreichen kan; Doch hat der Tod diß nicht geachtet / sondern auch die unreiffe Frucht / doch auf GOttes Verhängniß / abgebrochen; Hier sind dieselbige noch gegenwärtig / welche den erblaßten Cörper ausgetragen und in seiner Mutter Schooß die Erde unter M. H. A. Gefolge und Zuschauen eingesencket. Ich gedencke an das wunderbahre Spiel der gütigsten Providence GOttes mit uus Menschen / wie dieselbe so

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/finen_dankreden_1702
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/finen_dankreden_1702/94
Zitationshilfe: Finen, Eberhard: Helmstädtsche Denk- und Dank-Reden. Helmstedt, 1702, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/finen_dankreden_1702/94>, abgerufen am 26.04.2024.