Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860.der glitzernden Wasserfläche zwischen den Laubwänden und nun, durch den grünen Rahmen des Felsenthors hindurch, dem eigentlichen Loch Katrine zu. Gleich zu Anfang des Sees, dem rechten Ufer sich nähernd, liegt Ellen-Eiland. Jeder müht sich die Stelle zu erkennen, wo das mit so viel dichterischem Aufwand geschilderte Haus des alten Douglas gestanden haben soll, aber nur Birken und junge Tannen überragen die unwirthbare Fläche. Mit dem Moment, wo wir Ellen-Eiland passirt haben, ist das Interesse an Loch Katrine so ziemlich dahin. Die Fahrt über diesen vielbesungenen See ist wie ein Diner, das mit Champagner beginnt und nach längerem Verweilen bei schlichtem Rothwein endlich mit Zuckerwasser schließt. Glücklicherweise verhielt es sich, wenn wir von der Metapher absehen und statt dessen die alleräußerlichsten Fakten befragen, gerade umgekehrt, denn am reizlosen Nordufer des Sees harrte unser im "Gasthaus von Stronachlachar" ein wohlbesetzter Tisch, dessen große Taubenpastete nur noch in kümmerlichen Resten auf unsere Nachfolger kam. Hier, vom Nordufer des Sees aus, führt ein vielbenutzter Weg zum Ostufer des Loch Lomond hinüber, und jeder Tourist, der sich, wie viele thun, auf den Besuch der schottischen Seen zu beschränken vorhat, thut am besten, die Stage-Coach zu besteigen, die, ähnlich bepackt wie unser Stirlinger Wagen, eben jetzt Miene macht, über Inversnaid u. s. w. hinaus, die der glitzernden Wasserfläche zwischen den Laubwänden und nun, durch den grünen Rahmen des Felsenthors hindurch, dem eigentlichen Loch Katrine zu. Gleich zu Anfang des Sees, dem rechten Ufer sich nähernd, liegt Ellen-Eiland. Jeder müht sich die Stelle zu erkennen, wo das mit so viel dichterischem Aufwand geschilderte Haus des alten Douglas gestanden haben soll, aber nur Birken und junge Tannen überragen die unwirthbare Fläche. Mit dem Moment, wo wir Ellen-Eiland passirt haben, ist das Interesse an Loch Katrine so ziemlich dahin. Die Fahrt über diesen vielbesungenen See ist wie ein Diner, das mit Champagner beginnt und nach längerem Verweilen bei schlichtem Rothwein endlich mit Zuckerwasser schließt. Glücklicherweise verhielt es sich, wenn wir von der Metapher absehen und statt dessen die alleräußerlichsten Fakten befragen, gerade umgekehrt, denn am reizlosen Nordufer des Sees harrte unser im „Gasthaus von Stronachlachar“ ein wohlbesetzter Tisch, dessen große Taubenpastete nur noch in kümmerlichen Resten auf unsere Nachfolger kam. Hier, vom Nordufer des Sees aus, führt ein vielbenutzter Weg zum Ostufer des Loch Lomond hinüber, und jeder Tourist, der sich, wie viele thun, auf den Besuch der schottischen Seen zu beschränken vorhat, thut am besten, die Stage-Coach zu besteigen, die, ähnlich bepackt wie unser Stirlinger Wagen, eben jetzt Miene macht, über Inversnaid u. s. w. hinaus, die <TEI> <text> <body> <div> <div> <div> <p><pb facs="#f0207" n="193"/> der glitzernden Wasserfläche zwischen den Laubwänden und nun, durch den grünen Rahmen des Felsenthors hindurch, dem eigentlichen Loch Katrine zu. Gleich zu Anfang des Sees, dem rechten Ufer sich nähernd, liegt <hi rendition="#g">Ellen-Eiland.</hi> Jeder müht sich die Stelle zu erkennen, wo das mit so viel dichterischem Aufwand geschilderte Haus des alten Douglas gestanden haben soll, aber nur Birken und junge Tannen überragen die unwirthbare Fläche. </p><lb/> <p>Mit dem Moment, wo wir Ellen-Eiland passirt haben, ist das Interesse an Loch Katrine so ziemlich dahin. Die Fahrt über diesen vielbesungenen See ist wie ein Diner, das mit Champagner beginnt und nach längerem Verweilen bei schlichtem Rothwein endlich mit Zuckerwasser schließt. Glücklicherweise verhielt es sich, wenn wir von der Metapher absehen und statt dessen die alleräußerlichsten Fakten befragen, gerade umgekehrt, denn am reizlosen Nordufer des Sees harrte unser im „Gasthaus von Stronachlachar“ ein wohlbesetzter Tisch, dessen große Taubenpastete nur noch in kümmerlichen Resten auf unsere Nachfolger kam. Hier, vom Nordufer des Sees aus, führt ein vielbenutzter Weg zum Ostufer des Loch Lomond hinüber, und jeder Tourist, der sich, wie viele thun, auf den Besuch der schottischen Seen zu beschränken vorhat, thut am besten, die Stage-Coach zu besteigen, die, ähnlich bepackt wie unser Stirlinger Wagen, eben jetzt Miene macht, über Inversnaid u. s. w. hinaus, die<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [193/0207]
der glitzernden Wasserfläche zwischen den Laubwänden und nun, durch den grünen Rahmen des Felsenthors hindurch, dem eigentlichen Loch Katrine zu. Gleich zu Anfang des Sees, dem rechten Ufer sich nähernd, liegt Ellen-Eiland. Jeder müht sich die Stelle zu erkennen, wo das mit so viel dichterischem Aufwand geschilderte Haus des alten Douglas gestanden haben soll, aber nur Birken und junge Tannen überragen die unwirthbare Fläche.
Mit dem Moment, wo wir Ellen-Eiland passirt haben, ist das Interesse an Loch Katrine so ziemlich dahin. Die Fahrt über diesen vielbesungenen See ist wie ein Diner, das mit Champagner beginnt und nach längerem Verweilen bei schlichtem Rothwein endlich mit Zuckerwasser schließt. Glücklicherweise verhielt es sich, wenn wir von der Metapher absehen und statt dessen die alleräußerlichsten Fakten befragen, gerade umgekehrt, denn am reizlosen Nordufer des Sees harrte unser im „Gasthaus von Stronachlachar“ ein wohlbesetzter Tisch, dessen große Taubenpastete nur noch in kümmerlichen Resten auf unsere Nachfolger kam. Hier, vom Nordufer des Sees aus, führt ein vielbenutzter Weg zum Ostufer des Loch Lomond hinüber, und jeder Tourist, der sich, wie viele thun, auf den Besuch der schottischen Seen zu beschränken vorhat, thut am besten, die Stage-Coach zu besteigen, die, ähnlich bepackt wie unser Stirlinger Wagen, eben jetzt Miene macht, über Inversnaid u. s. w. hinaus, die
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Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860/207>, abgerufen am 14.06.2024. |