Ich will es vergessen, dass der Gegen¬ stand dieses Gemäldes offenbar ausserhalb der Sphäre des Malers liegt. Die sinnliche Vorstellung dessen, was allen Begrif über¬ steigt, kann nicht anders als verkleinerlich ausfallen. Wie mag es also der Künstler mit dem Zwecke seiner Kunst zusammen reimen, dass er Dinge abzubilden wagt, die in sei¬ nem Bilde nicht an Grösse und Erhabenheit gewinnen, sondern augenscheinlich verlieren? Doch dieser Fehler ist bei modernen Künst¬ lern so gewöhnlich, und so tief gewurzelt in der oft nicht von ihnen selbst abhangen¬ den Anwendung ihres Talents auf die Ge¬ heimnisse des Christenthums, dass Rubens darum nicht mehr zu tadeln scheint als Michel Angelo. Ich will es ebenfalls nur im Vorbeigehen berühren, dass schon gesell¬ schaftliche Verhältnisse dem Maler verbieten sollten, einen Gegenstand der allgemeinen
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Ich will es vergessen, daſs der Gegen¬ stand dieses Gemäldes offenbar auſserhalb der Sphäre des Malers liegt. Die sinnliche Vorstellung dessen, was allen Begrif über¬ steigt, kann nicht anders als verkleinerlich ausfallen. Wie mag es also der Künstler mit dem Zwecke seiner Kunst zusammen reimen, daſs er Dinge abzubilden wagt, die in sei¬ nem Bilde nicht an Gröſse und Erhabenheit gewinnen, sondern augenscheinlich verlieren? Doch dieser Fehler ist bei modernen Künst¬ lern so gewöhnlich, und so tief gewurzelt in der oft nicht von ihnen selbst abhangen¬ den Anwendung ihres Talents auf die Ge¬ heimnisse des Christenthums, daſs Rubens darum nicht mehr zu tadeln scheint als Michel Angelo. Ich will es ebenfalls nur im Vorbeigehen berühren, daſs schon gesell¬ schaftliche Verhältnisse dem Maler verbieten sollten, einen Gegenstand der allgemeinen
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Ich will es vergessen, daſs der Gegen¬
stand dieses Gemäldes offenbar auſserhalb
der Sphäre des Malers liegt. Die sinnliche
Vorstellung dessen, was allen Begrif über¬
steigt, kann nicht anders als verkleinerlich
ausfallen. Wie mag es also der Künstler mit
dem Zwecke seiner Kunst zusammen reimen,
daſs er Dinge abzubilden wagt, die in sei¬
nem Bilde nicht an Gröſse und Erhabenheit
gewinnen, sondern augenscheinlich verlieren?
Doch dieser Fehler ist bei modernen Künst¬
lern so gewöhnlich, und so tief gewurzelt
in der oft nicht von ihnen selbst abhangen¬
den Anwendung ihres Talents auf die Ge¬
heimnisse des Christenthums, daſs Rubens
darum nicht mehr zu tadeln scheint als
Michel Angelo. Ich will es ebenfalls nur
im Vorbeigehen berühren, daſs schon gesell¬
schaftliche Verhältnisse dem Maler verbieten
sollten, einen Gegenstand der allgemeinen
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Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 1. Berlin, 1791, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein01_1791/145>, abgerufen am 19.05.2024.
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