dies entweder daher komen, weil dieser Stern mit der Ekliptik EL parallel um 30° weiter von g bis g gerückt ist, indem
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unverändert in o blieb; oder es kan daher rühren, weil sich der Punkt
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in der Ekliptik selbst 30° weit von o bis r verschoben hat, indem der Stern unbewegt in g geblieben ist.
Es kan in der neuern Astronomie Niemand mehr einfallen, das Erste anzunehmen, da man hiebey unzählbaren unermeßlich weit entfernten Sonnen eine gemeinschaftliche Bewegung, mit Beziehung auf die gegen sie ganz unbedeutende Erdkugel, beylegen müßte. Hingegen wird alles äußerst einfach, wenn man die ganze Erscheinung als eine bloße Verrückung des Punktes
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von o gegen r betrachtet. So muß man sie nach dem System des Copernikus (De revol. orb. coelest. III. 1.) nothwendig ansehen. Nun ist zwar die Richtung von o nach r, welche nach der rechten Hand geht, der Ordnung der Zeichen entgegen, mithin diese Bewegung des
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, und des gegenüberstehenden Punkts der Ekliptik (oder der beyden Nachtgleichen) eigentlich ein Rückwärtsgehen; man ist aber einmal gewohnt, ihr den Namen des Vorrückens der Nachtgleichen zu geben.
Hipparch fand schon 128 Jahr vor Christi Geb. die Längen der Sterne in Ansehung der Aequinoctialpunkte über 2 Grad größer, als sie Timocharis und Aristyllus 294 Jahr v. C. G. bestimmt hatten. Eben dieses Zunehmen der Längen zeigte sich aus Vergleichung seiner Beobachtungen mit des Eudoxus Beschreibung der Sphäre, die sich auf noch ältere Zeiten bezog. Seit diesen Zeiten bis jetzt (in einem Zeitraume von 2200 Jahren) haben die Längen der Sterne um mehr als 30 Grad zugenommen. Sehr sinnlich wird dieses an den Sternbildern des Thierkreises, welche itzt nicht mehr in den Zeichen oder Theilen der Ekliptik stehen, wo sie sich ehedem befanden, sondern in die nächstfolgenden übergegangen sind, wie z. B. die Sterne des Widders h. z. t. in dem Zeichen des Stiers stehen. Daher hat man die wirklichen oder ungebildeten Zeichen des Thierkreises (dodecatemoria) von den gebildeten (asterismi) d. i. von den Sternbildern, deren Namen sie führen, zu unterscheiden.
dies entweder daher komen, weil dieſer Stern mit der Ekliptik EL parallel um 30° weiter von γ bis g geruͤckt iſt, indem
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unveraͤndert in o blieb; oder es kan daher ruͤhren, weil ſich der Punkt
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in der Ekliptik ſelbſt 30° weit von o bis r verſchoben hat, indem der Stern unbewegt in γ geblieben iſt.
Es kan in der neuern Aſtronomie Niemand mehr einfallen, das Erſte anzunehmen, da man hiebey unzaͤhlbaren unermeßlich weit entfernten Sonnen eine gemeinſchaftliche Bewegung, mit Beziehung auf die gegen ſie ganz unbedeutende Erdkugel, beylegen muͤßte. Hingegen wird alles aͤußerſt einfach, wenn man die ganze Erſcheinung als eine bloße Verruͤckung des Punktes
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von o gegen r betrachtet. So muß man ſie nach dem Syſtem des Copernikus (De revol. orb. coeleſt. III. 1.) nothwendig anſehen. Nun iſt zwar die Richtung von o nach r, welche nach der rechten Hand geht, der Ordnung der Zeichen entgegen, mithin dieſe Bewegung des
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, und des gegenuͤberſtehenden Punkts der Ekliptik (oder der beyden Nachtgleichen) eigentlich ein Ruͤckwaͤrtsgehen; man iſt aber einmal gewohnt, ihr den Namen des Vorruͤckens der Nachtgleichen zu geben.
Hipparch fand ſchon 128 Jahr vor Chriſti Geb. die Laͤngen der Sterne in Anſehung der Aequinoctialpunkte uͤber 2 Grad groͤßer, als ſie Timocharis und Ariſtyllus 294 Jahr v. C. G. beſtimmt hatten. Eben dieſes Zunehmen der Laͤngen zeigte ſich aus Vergleichung ſeiner Beobachtungen mit des Eudoxus Beſchreibung der Sphaͤre, die ſich auf noch aͤltere Zeiten bezog. Seit dieſen Zeiten bis jetzt (in einem Zeitraume von 2200 Jahren) haben die Laͤngen der Sterne um mehr als 30 Grad zugenommen. Sehr ſinnlich wird dieſes an den Sternbildern des Thierkreiſes, welche itzt nicht mehr in den Zeichen oder Theilen der Ekliptik ſtehen, wo ſie ſich ehedem befanden, ſondern in die naͤchſtfolgenden uͤbergegangen ſind, wie z. B. die Sterne des Widders h. z. t. in dem Zeichen des Stiers ſtehen. Daher hat man die wirklichen oder ungebildeten Zeichen des Thierkreiſes (dodecatemoria) von den gebildeten (aſteriſmi) d. i. von den Sternbildern, deren Namen ſie fuͤhren, zu unterſcheiden.
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dies entweder daher komen, weil dieſer Stern mit der Ekliptik EL parallel um 30° weiter von γ bis g geruͤckt iſt, indem
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unveraͤndert in o blieb; oder es kan daher ruͤhren, weil ſich der Punkt
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in der Ekliptik ſelbſt 30° weit von o bis r verſchoben hat, indem der Stern unbewegt in γ geblieben iſt.
Es kan in der neuern Aſtronomie Niemand mehr einfallen, das Erſte anzunehmen, da man hiebey unzaͤhlbaren unermeßlich weit entfernten Sonnen eine gemeinſchaftliche Bewegung, mit Beziehung auf die gegen ſie ganz unbedeutende Erdkugel, beylegen muͤßte. Hingegen wird alles aͤußerſt einfach, wenn man die ganze Erſcheinung als eine bloße Verruͤckung des Punktes
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von o gegen r betrachtet. So muß man ſie nach dem Syſtem des Copernikus (De revol. orb. coeleſt. III. 1.) nothwendig anſehen. Nun iſt zwar die Richtung von o nach r, welche nach der rechten Hand geht, der Ordnung der Zeichen entgegen, mithin dieſe Bewegung des
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, und des gegenuͤberſtehenden Punkts der Ekliptik (oder der beyden Nachtgleichen) eigentlich ein Ruͤckwaͤrtsgehen; man iſt aber einmal gewohnt, ihr den Namen des Vorruͤckens der Nachtgleichen zu geben.
Hipparch fand ſchon 128 Jahr vor Chriſti Geb. die Laͤngen der Sterne in Anſehung der Aequinoctialpunkte uͤber 2 Grad groͤßer, als ſie Timocharis und Ariſtyllus 294 Jahr v. C. G. beſtimmt hatten. Eben dieſes Zunehmen der Laͤngen zeigte ſich aus Vergleichung ſeiner Beobachtungen mit des Eudoxus Beſchreibung der Sphaͤre, die ſich auf noch aͤltere Zeiten bezog. Seit dieſen Zeiten bis jetzt (in einem Zeitraume von 2200 Jahren) haben die Laͤngen der Sterne um mehr als 30 Grad zugenommen. Sehr ſinnlich wird dieſes an den Sternbildern des Thierkreiſes, welche itzt nicht mehr in den Zeichen oder Theilen der Ekliptik ſtehen, wo ſie ſich ehedem befanden, ſondern in die naͤchſtfolgenden uͤbergegangen ſind, wie z. B. die Sterne des Widders h. z. t. in dem Zeichen des Stiers ſtehen. Daher hat man die wirklichen oder ungebildeten Zeichen des Thierkreiſes (dodecatemoria) von den gebildeten (aſteriſmi) d. i. von den Sternbildern, deren Namen ſie fuͤhren, zu unterſcheiden.
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 497. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/507>, abgerufen am 17.06.2024.
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