sichtbar wird (weil sie nemlich schon auf die Materien, mit denen der Stof verbunden ist, verwendet wird, also natürlich nicht so viel auf andere Körper wirken kan, als im freyen verbindungslosen Zustande), so kan man in dieser Bedeutung des Worts schon bey der gewöhnlichen Mittheilung der Wärme Bindung derselben finden, und richtig sagen, daß 1 Pfund Wasser 21 mal mehr Wärme binde und unwirksam mache, als 1 Pfund Quecksilber.
In diesem Sinne findet eine ganz freye Wärme fast gar nicht statt; denn die Verwandtschaften des Wärmestofs gegen die Körper sind so allgemein verbreitet, daß er überall ein Medium antrift, auf das er durch Ausdehnung wirkt und mit dem er sich verbindet. Was wir also freyen Zustand der Wärme nennen, ist nur geringere Stufe ihrer Bindung, welche das Bestreben nach Gleichgewicht nicht aufhebt, vielmehr durch die bloße Berührung eines kältern, zu wenig enthaltenden Körpers getrennt werden kan. Nur allein die stralende Hitze kömmt dem nahe, was in dieser Bedeutung freye Wärme heißen könnte.
Stoffe von einerley Art halten bey gleichen Massen und Temperaturen gleiche Mengen von Wärmestof. Dies sieht man als Grundsatz an, da nicht die mindeste Ursache da ist, das Gegentheil anzunehmen. Doch gilt dieser Grundsatz nur, so lang sich die Form der Aggregation dieser Stoffe nicht ändert. Eben derselbe Stof nemlich kan nach den verschiedenen Graden seiner Verbindung mit der Wärme in fester, flüßiger, dampfförmiger oder luftförmiger Gestalt erscheinen, wie sich z. B. das Wasser als Eis, tropfbarre Wasser, Wasserdampf und Luftgattung zeigen kan. Bey Stoffen, die solcher Uebergänge fähig sind, gilt der angeführte Grundsatz nur, so lange sie die vorige Form behalten; in jeder neuen Form halten sie bey gleichen Massen und Temperaturen mehr oder weniger Wärme, als in der vorigen. In dem angenommenen Sinne kan man also sagen, daß sie beym Uebergange aus einer Form in die andere freye Wärme binden oder gebundene freylassen. Diese Ausdrücke sind sehr bequem, und ich will jetzt in denselben die Gesetze dieser Veränderungen anzeigen. Wem sie nicht
ſichtbar wird (weil ſie nemlich ſchon auf die Materien, mit denen der Stof verbunden iſt, verwendet wird, alſo natuͤrlich nicht ſo viel auf andere Koͤrper wirken kan, als im freyen verbindungsloſen Zuſtande), ſo kan man in dieſer Bedeutung des Worts ſchon bey der gewoͤhnlichen Mittheilung der Waͤrme Bindung derſelben finden, und richtig ſagen, daß 1 Pfund Waſſer 21 mal mehr Waͤrme binde und unwirkſam mache, als 1 Pfund Queckſilber.
In dieſem Sinne findet eine ganz freye Waͤrme faſt gar nicht ſtatt; denn die Verwandtſchaften des Waͤrmeſtofs gegen die Koͤrper ſind ſo allgemein verbreitet, daß er uͤberall ein Medium antrift, auf das er durch Ausdehnung wirkt und mit dem er ſich verbindet. Was wir alſo freyen Zuſtand der Waͤrme nennen, iſt nur geringere Stufe ihrer Bindung, welche das Beſtreben nach Gleichgewicht nicht aufhebt, vielmehr durch die bloße Beruͤhrung eines kaͤltern, zu wenig enthaltenden Koͤrpers getrennt werden kan. Nur allein die ſtralende Hitze koͤmmt dem nahe, was in dieſer Bedeutung freye Waͤrme heißen koͤnnte.
Stoffe von einerley Art halten bey gleichen Maſſen und Temperaturen gleiche Mengen von Waͤrmeſtof. Dies ſieht man als Grundſatz an, da nicht die mindeſte Urſache da iſt, das Gegentheil anzunehmen. Doch gilt dieſer Grundſatz nur, ſo lang ſich die Form der Aggregation dieſer Stoffe nicht aͤndert. Eben derſelbe Stof nemlich kan nach den verſchiedenen Graden ſeiner Verbindung mit der Waͤrme in feſter, fluͤßiger, dampffoͤrmiger oder luftfoͤrmiger Geſtalt erſcheinen, wie ſich z. B. das Waſſer als Eis, tropfbarre Waſſer, Waſſerdampf und Luftgattung zeigen kan. Bey Stoffen, die ſolcher Uebergaͤnge faͤhig ſind, gilt der angefuͤhrte Grundſatz nur, ſo lange ſie die vorige Form behalten; in jeder neuen Form halten ſie bey gleichen Maſſen und Temperaturen mehr oder weniger Waͤrme, als in der vorigen. In dem angenommenen Sinne kan man alſo ſagen, daß ſie beym Uebergange aus einer Form in die andere freye Waͤrme binden oder gebundene freylaſſen. Dieſe Ausdruͤcke ſind ſehr bequem, und ich will jetzt in denſelben die Geſetze dieſer Veraͤnderungen anzeigen. Wem ſie nicht
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ſichtbar wird (weil ſie nemlich ſchon auf die Materien, mit denen der Stof verbunden iſt, verwendet wird, alſo natuͤrlich nicht ſo viel auf andere Koͤrper wirken kan, als im freyen verbindungsloſen Zuſtande), ſo kan man in dieſer Bedeutung des Worts ſchon bey der gewoͤhnlichen Mittheilung der Waͤrme Bindung derſelben finden, und richtig ſagen, daß 1 Pfund Waſſer 21 mal mehr Waͤrme binde und unwirkſam mache, als 1 Pfund Queckſilber.
In dieſem Sinne findet eine ganz freye Waͤrme faſt gar nicht ſtatt; denn die Verwandtſchaften des Waͤrmeſtofs gegen die Koͤrper ſind ſo allgemein verbreitet, daß er uͤberall ein Medium antrift, auf das er durch Ausdehnung wirkt und mit dem er ſich verbindet. Was wir alſo freyen Zuſtand der Waͤrme nennen, iſt nur geringere Stufe ihrer Bindung, welche das Beſtreben nach Gleichgewicht nicht aufhebt, vielmehr durch die bloße Beruͤhrung eines kaͤltern, zu wenig enthaltenden Koͤrpers getrennt werden kan. Nur allein die ſtralende Hitze koͤmmt dem nahe, was in dieſer Bedeutung freye Waͤrme heißen koͤnnte.
Stoffe von einerley Art halten bey gleichen Maſſen und Temperaturen gleiche Mengen von Waͤrmeſtof. Dies ſieht man als Grundſatz an, da nicht die mindeſte Urſache da iſt, das Gegentheil anzunehmen. Doch gilt dieſer Grundſatz nur, ſo lang ſich die Form der Aggregation dieſer Stoffe nicht aͤndert. Eben derſelbe Stof nemlich kan nach den verſchiedenen Graden ſeiner Verbindung mit der Waͤrme in feſter, fluͤßiger, dampffoͤrmiger oder luftfoͤrmiger Geſtalt erſcheinen, wie ſich z. B. das Waſſer als Eis, tropfbarre Waſſer, Waſſerdampf und Luftgattung zeigen kan. Bey Stoffen, die ſolcher Uebergaͤnge faͤhig ſind, gilt der angefuͤhrte Grundſatz nur, ſo lange ſie die vorige Form behalten; in jeder neuen Form halten ſie bey gleichen Maſſen und Temperaturen mehr oder weniger Waͤrme, als in der vorigen. In dem angenommenen Sinne kan man alſo ſagen, daß ſie beym Uebergange aus einer Form in die andere freye Waͤrme binden oder gebundene freylaſſen. Dieſe Ausdruͤcke ſind ſehr bequem, und ich will jetzt in denſelben die Geſetze dieſer Veraͤnderungen anzeigen. Wem ſie nicht
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 557. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/567>, abgerufen am 17.06.2024.
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