sonst der alten Irrthümer schont, nahm noch immer diese angebohrne Wärme (calorem insitum) des Herzens an.
Inzwischen hatte die chymische Schule angefangen, die Wärme des Bluts von Effervescenzen oder Gährungen herzuleiten. So sahe van Helmont die Mischung des Schwefels mit dem flüchtigen Salze, Sylvius die Mischung des dem Körper eigenthümlichen urinösen Bluts mit der Säure des Nahrungssafts, als Ursache eines mit Hitze begleiteten Aufbrausens an. Viele andere haben auf mancherley Weise saure und alkalische Substanzen im Blute zusammenzubringen gesucht, um daraus ein beständiges Brausen desselben herzuleiten. Homberg (Mem. de Paris, 1709.) sucht den Einwurf, daß man gleichwohl kein solches Brausen des Bluts bemerke, durch Versuche zu heben, welche beweisen, daß das Brausen bey manchen Mischungen, erst beym Zutritte der Luft bemerklich wird. Cromwell Mortimer (Philos. Trans. num. 467. übers. im Hamburg. Magazin B. I. S. 291--300.) glaubt, es werde durch die Gährung Luft aus dem Blute entwickelt, welche das Feuer in Bewegung setze. Hamberger (Physiologia medica. Jen. 1751. 4. p. 24.) leitet die Wärme des Bluts von der Auflösung seiner schwefelartigen Theilchen durch die laugenartigen her, und bringt sie in Verbindung mit den Wärmeerzeugungen im Taubenmist, feuchten Heu, Lumpen u. s. w. deren mehrere in dem Artikel Selbstentzündung erwähnt werden. Auf ähnliche Art haben einige englische Aerzte die Wärme des Bluts von dem beständigen Hange desselben zur Fäulniß ableiten wollen. Gegen alle diese Erklärungen ist es genug, zu bemerken, daß die Beobachtungen kein Aufbrausen im Blute zeigen, daß sich dasselbe mit dem Nahrungssafte sehr ruhig mischen läßt, und daß zur Wärmeerzeugung in faulenden Mischungen ein wirklicher Anfang der faulen Gährung erfordert wird, welchen man in dem beständig bewegten Blute nicht annehmen kan.
Die mechanische Schule hingegen glaubte den Ursprung der thierischen Wärme in der Bewegung des Bluts und in dem dadurch entstehenden Reiben zu finden. Diese Erklärung
ſonſt der alten Irrthuͤmer ſchont, nahm noch immer dieſe angebohrne Waͤrme (calorem inſitum) des Herzens an.
Inzwiſchen hatte die chymiſche Schule angefangen, die Waͤrme des Bluts von Efferveſcenzen oder Gaͤhrungen herzuleiten. So ſahe van Helmont die Miſchung des Schwefels mit dem fluͤchtigen Salze, Sylvius die Miſchung des dem Koͤrper eigenthuͤmlichen urinoͤſen Bluts mit der Saͤure des Nahrungsſafts, als Urſache eines mit Hitze begleiteten Aufbrauſens an. Viele andere haben auf mancherley Weiſe ſaure und alkaliſche Subſtanzen im Blute zuſammenzubringen geſucht, um daraus ein beſtaͤndiges Brauſen deſſelben herzuleiten. Homberg (Mém. de Paris, 1709.) ſucht den Einwurf, daß man gleichwohl kein ſolches Brauſen des Bluts bemerke, durch Verſuche zu heben, welche beweiſen, daß das Brauſen bey manchen Miſchungen, erſt beym Zutritte der Luft bemerklich wird. Cromwell Mortimer (Philoſ. Trans. num. 467. uͤberſ. im Hamburg. Magazin B. I. S. 291—300.) glaubt, es werde durch die Gaͤhrung Luft aus dem Blute entwickelt, welche das Feuer in Bewegung ſetze. Hamberger (Phyſiologia medica. Jen. 1751. 4. p. 24.) leitet die Waͤrme des Bluts von der Aufloͤſung ſeiner ſchwefelartigen Theilchen durch die laugenartigen her, und bringt ſie in Verbindung mit den Waͤrmeerzeugungen im Taubenmiſt, feuchten Heu, Lumpen u. ſ. w. deren mehrere in dem Artikel Selbſtentzuͤndung erwaͤhnt werden. Auf aͤhnliche Art haben einige engliſche Aerzte die Waͤrme des Bluts von dem beſtaͤndigen Hange deſſelben zur Faͤulniß ableiten wollen. Gegen alle dieſe Erklaͤrungen iſt es genug, zu bemerken, daß die Beobachtungen kein Aufbrauſen im Blute zeigen, daß ſich daſſelbe mit dem Nahrungsſafte ſehr ruhig miſchen laͤßt, und daß zur Waͤrmeerzeugung in faulenden Miſchungen ein wirklicher Anfang der faulen Gaͤhrung erfordert wird, welchen man in dem beſtaͤndig bewegten Blute nicht annehmen kan.
Die mechaniſche Schule hingegen glaubte den Urſprung der thieriſchen Waͤrme in der Bewegung des Bluts und in dem dadurch entſtehenden Reiben zu finden. Dieſe Erklaͤrung
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ſonſt der alten Irrthuͤmer ſchont, nahm noch immer dieſe angebohrne Waͤrme (calorem inſitum) des Herzens an.
Inzwiſchen hatte die chymiſche Schule angefangen, die Waͤrme des Bluts von Efferveſcenzen oder Gaͤhrungen herzuleiten. So ſahe van Helmont die Miſchung des Schwefels mit dem fluͤchtigen Salze, Sylvius die Miſchung des dem Koͤrper eigenthuͤmlichen urinoͤſen Bluts mit der Saͤure des Nahrungsſafts, als Urſache eines mit Hitze begleiteten Aufbrauſens an. Viele andere haben auf mancherley Weiſe ſaure und alkaliſche Subſtanzen im Blute zuſammenzubringen geſucht, um daraus ein beſtaͤndiges Brauſen deſſelben herzuleiten. Homberg (Mém. de Paris, 1709.) ſucht den Einwurf, daß man gleichwohl kein ſolches Brauſen des Bluts bemerke, durch Verſuche zu heben, welche beweiſen, daß das Brauſen bey manchen Miſchungen, erſt beym Zutritte der Luft bemerklich wird. Cromwell Mortimer (Philoſ. Trans. num. 467. uͤberſ. im Hamburg. Magazin B. I. S. 291—300.) glaubt, es werde durch die Gaͤhrung Luft aus dem Blute entwickelt, welche das Feuer in Bewegung ſetze. Hamberger (Phyſiologia medica. Jen. 1751. 4. p. 24.) leitet die Waͤrme des Bluts von der Aufloͤſung ſeiner ſchwefelartigen Theilchen durch die laugenartigen her, und bringt ſie in Verbindung mit den Waͤrmeerzeugungen im Taubenmiſt, feuchten Heu, Lumpen u. ſ. w. deren mehrere in dem Artikel Selbſtentzuͤndung erwaͤhnt werden. Auf aͤhnliche Art haben einige engliſche Aerzte die Waͤrme des Bluts von dem beſtaͤndigen Hange deſſelben zur Faͤulniß ableiten wollen. Gegen alle dieſe Erklaͤrungen iſt es genug, zu bemerken, daß die Beobachtungen kein Aufbrauſen im Blute zeigen, daß ſich daſſelbe mit dem Nahrungsſafte ſehr ruhig miſchen laͤßt, und daß zur Waͤrmeerzeugung in faulenden Miſchungen ein wirklicher Anfang der faulen Gaͤhrung erfordert wird, welchen man in dem beſtaͤndig bewegten Blute nicht annehmen kan.
Die mechaniſche Schule hingegen glaubte den Urſprung der thieriſchen Waͤrme in der Bewegung des Bluts und in dem dadurch entſtehenden Reiben zu finden. Dieſe Erklaͤrung
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 587. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/597>, abgerufen am 17.06.2024.
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