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Gerber, Carl Friedrich von: Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrecht. Leipzig, 1865.

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§. 23. Richtungen der Staatsgewalt.

1. Die Staatsgewalt sorgt vor Allem für die Be-
gründung und Erhaltung der bürgerlichen Rechtsord-
nung.
Daher wirkt sie gesetzgebend für das Civilrecht,
das Strafrecht und das gerichtliche Verfahren; daher
setzt sie in Gemässheit der bestehenden Gerichtsver-
fassung ordentliche Gerichte ein, welchen die Rechts-
pflege als selbständiger Beruf anvertraut ist. Sie sorgt
für die erforderlichen Instanzen. Sie überwacht die
pflichtmässige Thätigkeit der Richter, ohne sie jedoch
bei ihrer Rechtssprechung irgendwie zu beeinflussen.
Sie gewährt den Richtern eine besonders gesicherte
rechtliche Stellung. Auch sorgt sie für die zur Aus-
führung und Ergänzung der Justizpflege erforderlichen
Einrichtungen und Anstalten.

2. Ein ausserordentlich umfangreiches Gebiet innerer
Thätigkeit der Staatsgewalt wird mit dem Namen der
Polizei bezeichnet. Man pflegt sie in Wohlfahrts- und
Sicherheitspolizei zu theilen. Jene umfasst die Sorge
für die geistige Cultur des Volks (Schulwesen), für seine

menen Gränzen des Systems als nicht in das Bereich des Staats-
rechts gehörig zu betrachten ist. Es handelt sich demnach hier
nur um eine Uebersicht der Wirksamkeitsgebiete der Staats-
gewalt. Bemerkenswerth ist es, dass man sich in der Literatur
daran gewöhnt hat, die auf ein bestimmtes Gebiet bezügliche
Thätigkeit des Staats unter dem Titel einer besonderen Staats-
hoheit darzustellen, weshalb man von der Justiz-, Polizei-, Finanz-,
Militär-, Privilegien-, Kirchen- und auswärtigen Hoheit zu sprechen
pflegt. Diese Bezeichnung ist an sich nicht zu verwerfen, sofern
man dabei nur das Missverständniss fern hält, jene einzelnen Ho-
heiten seien rechtlich unverbundene besondere Specialrechte des
Staats; vielmehr handelt es sich bei allen diesen Hoheiten immer
um die eine Staatsgewalt, welche nur vom Gesichtspunkte eines
besonderen Thätigkeitskreises aus angeschaut wird.
v. Gerber, Staatsrecht. 5
§. 23. Richtungen der Staatsgewalt.

1. Die Staatsgewalt sorgt vor Allem für die Be-
gründung und Erhaltung der bürgerlichen Rechtsord-
nung.
Daher wirkt sie gesetzgebend für das Civilrecht,
das Strafrecht und das gerichtliche Verfahren; daher
setzt sie in Gemässheit der bestehenden Gerichtsver-
fassung ordentliche Gerichte ein, welchen die Rechts-
pflege als selbständiger Beruf anvertraut ist. Sie sorgt
für die erforderlichen Instanzen. Sie überwacht die
pflichtmässige Thätigkeit der Richter, ohne sie jedoch
bei ihrer Rechtssprechung irgendwie zu beeinflussen.
Sie gewährt den Richtern eine besonders gesicherte
rechtliche Stellung. Auch sorgt sie für die zur Aus-
führung und Ergänzung der Justizpflege erforderlichen
Einrichtungen und Anstalten.

2. Ein ausserordentlich umfangreiches Gebiet innerer
Thätigkeit der Staatsgewalt wird mit dem Namen der
Polizei bezeichnet. Man pflegt sie in Wohlfahrts- und
Sicherheitspolizei zu theilen. Jene umfasst die Sorge
für die geistige Cultur des Volks (Schulwesen), für seine

menen Gränzen des Systems als nicht in das Bereich des Staats-
rechts gehörig zu betrachten ist. Es handelt sich demnach hier
nur um eine Uebersicht der Wirksamkeitsgebiete der Staats-
gewalt. Bemerkenswerth ist es, dass man sich in der Literatur
daran gewöhnt hat, die auf ein bestimmtes Gebiet bezügliche
Thätigkeit des Staats unter dem Titel einer besonderen Staats-
hoheit darzustellen, weshalb man von der Justiz-, Polizei-, Finanz-,
Militär-, Privilegien-, Kirchen- und auswärtigen Hoheit zu sprechen
pflegt. Diese Bezeichnung ist an sich nicht zu verwerfen, sofern
man dabei nur das Missverständniss fern hält, jene einzelnen Ho-
heiten seien rechtlich unverbundene besondere Specialrechte des
Staats; vielmehr handelt es sich bei allen diesen Hoheiten immer
um die eine Staatsgewalt, welche nur vom Gesichtspunkte eines
besonderen Thätigkeitskreises aus angeschaut wird.
v. Gerber, Staatsrecht. 5
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[65/0083] §. 23. Richtungen der Staatsgewalt. 1. Die Staatsgewalt sorgt vor Allem für die Be- gründung und Erhaltung der bürgerlichen Rechtsord- nung. Daher wirkt sie gesetzgebend für das Civilrecht, das Strafrecht und das gerichtliche Verfahren; daher setzt sie in Gemässheit der bestehenden Gerichtsver- fassung ordentliche Gerichte ein, welchen die Rechts- pflege als selbständiger Beruf anvertraut ist. Sie sorgt für die erforderlichen Instanzen. Sie überwacht die pflichtmässige Thätigkeit der Richter, ohne sie jedoch bei ihrer Rechtssprechung irgendwie zu beeinflussen. Sie gewährt den Richtern eine besonders gesicherte rechtliche Stellung. Auch sorgt sie für die zur Aus- führung und Ergänzung der Justizpflege erforderlichen Einrichtungen und Anstalten. 2. Ein ausserordentlich umfangreiches Gebiet innerer Thätigkeit der Staatsgewalt wird mit dem Namen der Polizei bezeichnet. Man pflegt sie in Wohlfahrts- und Sicherheitspolizei zu theilen. Jene umfasst die Sorge für die geistige Cultur des Volks (Schulwesen), für seine 1 1 menen Gränzen des Systems als nicht in das Bereich des Staats- rechts gehörig zu betrachten ist. Es handelt sich demnach hier nur um eine Uebersicht der Wirksamkeitsgebiete der Staats- gewalt. Bemerkenswerth ist es, dass man sich in der Literatur daran gewöhnt hat, die auf ein bestimmtes Gebiet bezügliche Thätigkeit des Staats unter dem Titel einer besonderen Staats- hoheit darzustellen, weshalb man von der Justiz-, Polizei-, Finanz-, Militär-, Privilegien-, Kirchen- und auswärtigen Hoheit zu sprechen pflegt. Diese Bezeichnung ist an sich nicht zu verwerfen, sofern man dabei nur das Missverständniss fern hält, jene einzelnen Ho- heiten seien rechtlich unverbundene besondere Specialrechte des Staats; vielmehr handelt es sich bei allen diesen Hoheiten immer um die eine Staatsgewalt, welche nur vom Gesichtspunkte eines besonderen Thätigkeitskreises aus angeschaut wird. v. Gerber, Staatsrecht. 5

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Zitationshilfe: Gerber, Carl Friedrich von: Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrecht. Leipzig, 1865, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerber_staatsrecht_1865/83>, abgerufen am 01.11.2024.