keit zu behaupten gesucht, gar sehr zu erläutern ge- schienen; ohne daß ich mir einfallen lassen sollte, daraus auf das allgemeine Schlüsse zu ziehen.
Es waren nehmlich ehedem aus der bekannten Oranischen Erbschaft, unter den übrigen fremden Gewächsen, ein paar durch Kunst zu dreyfüßige und armesstarke Bäumchen gezogenen Lavendelsträuche von der großen Art, in den hiesigen botanischen Gar- ten gebracht worden, die das Alter sehr ansehnlich gemacht hatte. Morison führet diese erkünstelte oder vielleicht zuerst durch einen Zufall entstandene Pflanze unter dem Namen Lavendula latifolia sterilis an: weil niemand in diesem Zustande jemahls ihre Blüthe ge- sehen hatte, sich nur wenige einen Versuch mit den Zweigen derselben zur Vermehrung zu machen einfal- len ließen, auch dergleichen nur selten von statten giengen, so rechnete man die Pflanze unter die raren, von deren Ursprung nichts gewisses bekannt war. Da nun an diesen beyden ganz veralteten und schmach- tenden Lavendelstämmen keine Hofnung zur Vermeh- rung durch die Saamen war, daß die Zweige also da- zu nur allein übrig blieben, wenn man diese Pflanze nicht ganz verliehren wollte, so wagte ich die Ver- mehrung durch abgeschnittene Zweige, welche ich steck- te, ob mir gleich ihr äußerliches Ansehen davon nichts besonderes hoffen ließ. Diese machten gute Wur- zeln, entwickelten sich wieder in ihre natürliche Pflan- zenart, nehmlich in Lavendulam latifoliam majorem, den großen breitblättrigen Lavendel oder Spica- nardi woraus sie entstanden waren, und brachten im dritten Jahre die gewöhnliche Lavendelblüthe. Da ich im vorigen Jahre die Ehre gehabt, der königli- chen Akademie in einer andern Absicht von diesem Versuche eine weitläuftige Abhandlung vorzulegen, so muß ich mich gegenwärtig darauf berufen. Viel-
leicht
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keit zu behaupten geſucht, gar ſehr zu erlaͤutern ge- ſchienen; ohne daß ich mir einfallen laſſen ſollte, daraus auf das allgemeine Schluͤſſe zu ziehen.
Es waren nehmlich ehedem aus der bekannten Oraniſchen Erbſchaft, unter den uͤbrigen fremden Gewaͤchſen, ein paar durch Kunſt zu dreyfuͤßige und armesſtarke Baͤumchen gezogenen Lavendelſtraͤuche von der großen Art, in den hieſigen botaniſchen Gar- ten gebracht worden, die das Alter ſehr anſehnlich gemacht hatte. Moriſon fuͤhret dieſe erkuͤnſtelte oder vielleicht zuerſt durch einen Zufall entſtandene Pflanze unter dem Namen Lavendula latifolia ſterilis an: weil niemand in dieſem Zuſtande jemahls ihre Bluͤthe ge- ſehen hatte, ſich nur wenige einen Verſuch mit den Zweigen derſelben zur Vermehrung zu machen einfal- len ließen, auch dergleichen nur ſelten von ſtatten giengen, ſo rechnete man die Pflanze unter die raren, von deren Urſprung nichts gewiſſes bekannt war. Da nun an dieſen beyden ganz veralteten und ſchmach- tenden Lavendelſtaͤmmen keine Hofnung zur Vermeh- rung durch die Saamen war, daß die Zweige alſo da- zu nur allein uͤbrig blieben, wenn man dieſe Pflanze nicht ganz verliehren wollte, ſo wagte ich die Ver- mehrung durch abgeſchnittene Zweige, welche ich ſteck- te, ob mir gleich ihr aͤußerliches Anſehen davon nichts beſonderes hoffen ließ. Dieſe machten gute Wur- zeln, entwickelten ſich wieder in ihre natuͤrliche Pflan- zenart, nehmlich in Lavendulam latifoliam majorem, den großen breitblaͤttrigen Lavendel oder Spica- nardi woraus ſie entſtanden waren, und brachten im dritten Jahre die gewoͤhnliche Lavendelbluͤthe. Da ich im vorigen Jahre die Ehre gehabt, der koͤnigli- chen Akademie in einer andern Abſicht von dieſem Verſuche eine weitlaͤuftige Abhandlung vorzulegen, ſo muß ich mich gegenwaͤrtig darauf berufen. Viel-
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keit zu behaupten geſucht, gar ſehr zu erlaͤutern ge-
ſchienen; ohne daß ich mir einfallen laſſen ſollte,
daraus auf das allgemeine Schluͤſſe zu ziehen.
Es waren nehmlich ehedem aus der bekannten
Oraniſchen Erbſchaft, unter den uͤbrigen fremden
Gewaͤchſen, ein paar durch Kunſt zu dreyfuͤßige und
armesſtarke Baͤumchen gezogenen Lavendelſtraͤuche
von der großen Art, in den hieſigen botaniſchen Gar-
ten gebracht worden, die das Alter ſehr anſehnlich
gemacht hatte. Moriſon fuͤhret dieſe erkuͤnſtelte oder
vielleicht zuerſt durch einen Zufall entſtandene Pflanze
unter dem Namen Lavendula latifolia ſterilis an: weil
niemand in dieſem Zuſtande jemahls ihre Bluͤthe ge-
ſehen hatte, ſich nur wenige einen Verſuch mit den
Zweigen derſelben zur Vermehrung zu machen einfal-
len ließen, auch dergleichen nur ſelten von ſtatten
giengen, ſo rechnete man die Pflanze unter die raren,
von deren Urſprung nichts gewiſſes bekannt war.
Da nun an dieſen beyden ganz veralteten und ſchmach-
tenden Lavendelſtaͤmmen keine Hofnung zur Vermeh-
rung durch die Saamen war, daß die Zweige alſo da-
zu nur allein uͤbrig blieben, wenn man dieſe Pflanze
nicht ganz verliehren wollte, ſo wagte ich die Ver-
mehrung durch abgeſchnittene Zweige, welche ich ſteck-
te, ob mir gleich ihr aͤußerliches Anſehen davon nichts
beſonderes hoffen ließ. Dieſe machten gute Wur-
zeln, entwickelten ſich wieder in ihre natuͤrliche Pflan-
zenart, nehmlich in Lavendulam latifoliam majorem,
den großen breitblaͤttrigen Lavendel oder Spica-
nardi woraus ſie entſtanden waren, und brachten
im dritten Jahre die gewoͤhnliche Lavendelbluͤthe. Da
ich im vorigen Jahre die Ehre gehabt, der koͤnigli-
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Gleditsch, Johann Gottlieb: Vermischte botanische und ökonomische Abhandlungen. Bd. 3. Berlin, 1789, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gleditsch_abhandlungen03_1789/175>, abgerufen am 14.06.2024.
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