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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810.

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Umschweife der Controvers gegen Newtons Farbenlehre,
und den neu aufzustellenden theoretischen Ansichten. Er
hat sich vollkommen von den Ueberzeugungen seines
Vorgängers durchdrungen, und auch außerdem die Ma-
terie, sowohl theoretisch als praktisch, gut durchstudirt,
so daß er das Werk wohl sein eigen nennen konnte.
Der zweyte Theil behandelt die übrigen physisch-meta-
physischen Gegenstände, welche Gautier in seinem er-
sten Buche abgehandelt hatte. Die Tafeln, welche sich
alle auf den ersten Theil beziehen, stellen theils New-
tonische, theils Gautiersche, theils eigene Figuren vor.
Im Ganzen ist es merkwürdig, daß Gautier, der un-
ter seinen Landsleuten keine Wirkung hervorbringen
konnte, aus der Ferne sich eines so reinen Widerhal-
les zu erfreuen hatte.

Vielleicht geben uns diejenigen, welche mit der
italiänischen Literatur bekannt sind, Nachricht von dem,
was man über Cominale damals in seinem Vaterlande
geurtheilt. Seine Wirkung konnte jedoch sich nicht
weit erstrecken: denn die Newtonische Lehre war schon
in die Jesuiten-Schulen aufgenommen. Le Süeur und
Jacquier hatten die Newtonischen Schriften schon mit
einem durchgehenden Commentar versehen, und so war
dem Anti-Newtonianism Rom so wie die übrige ge-
lehrte Welt verschlossen, und die Flamme der Wahr-
heit, die sich wieder hervorthun wollte, abermals mit
Schulasche zugedeckt.

Wir verlassen nunmehr Frankreich und das Aus-
land und wenden den Blick gegen das Vaterland.


Umſchweife der Controvers gegen Newtons Farbenlehre,
und den neu aufzuſtellenden theoretiſchen Anſichten. Er
hat ſich vollkommen von den Ueberzeugungen ſeines
Vorgaͤngers durchdrungen, und auch außerdem die Ma-
terie, ſowohl theoretiſch als praktiſch, gut durchſtudirt,
ſo daß er das Werk wohl ſein eigen nennen konnte.
Der zweyte Theil behandelt die uͤbrigen phyſiſch-meta-
phyſiſchen Gegenſtaͤnde, welche Gautier in ſeinem er-
ſten Buche abgehandelt hatte. Die Tafeln, welche ſich
alle auf den erſten Theil beziehen, ſtellen theils New-
toniſche, theils Gautierſche, theils eigene Figuren vor.
Im Ganzen iſt es merkwuͤrdig, daß Gautier, der un-
ter ſeinen Landsleuten keine Wirkung hervorbringen
konnte, aus der Ferne ſich eines ſo reinen Widerhal-
les zu erfreuen hatte.

Vielleicht geben uns diejenigen, welche mit der
italiaͤniſchen Literatur bekannt ſind, Nachricht von dem,
was man uͤber Cominale damals in ſeinem Vaterlande
geurtheilt. Seine Wirkung konnte jedoch ſich nicht
weit erſtrecken: denn die Newtoniſche Lehre war ſchon
in die Jeſuiten-Schulen aufgenommen. Le Suͤeur und
Jacquier hatten die Newtoniſchen Schriften ſchon mit
einem durchgehenden Commentar verſehen, und ſo war
dem Anti-Newtonianism Rom ſo wie die uͤbrige ge-
lehrte Welt verſchloſſen, und die Flamme der Wahr-
heit, die ſich wieder hervorthun wollte, abermals mit
Schulaſche zugedeckt.

Wir verlaſſen nunmehr Frankreich und das Aus-
land und wenden den Blick gegen das Vaterland.


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[550/0584] Umſchweife der Controvers gegen Newtons Farbenlehre, und den neu aufzuſtellenden theoretiſchen Anſichten. Er hat ſich vollkommen von den Ueberzeugungen ſeines Vorgaͤngers durchdrungen, und auch außerdem die Ma- terie, ſowohl theoretiſch als praktiſch, gut durchſtudirt, ſo daß er das Werk wohl ſein eigen nennen konnte. Der zweyte Theil behandelt die uͤbrigen phyſiſch-meta- phyſiſchen Gegenſtaͤnde, welche Gautier in ſeinem er- ſten Buche abgehandelt hatte. Die Tafeln, welche ſich alle auf den erſten Theil beziehen, ſtellen theils New- toniſche, theils Gautierſche, theils eigene Figuren vor. Im Ganzen iſt es merkwuͤrdig, daß Gautier, der un- ter ſeinen Landsleuten keine Wirkung hervorbringen konnte, aus der Ferne ſich eines ſo reinen Widerhal- les zu erfreuen hatte. Vielleicht geben uns diejenigen, welche mit der italiaͤniſchen Literatur bekannt ſind, Nachricht von dem, was man uͤber Cominale damals in ſeinem Vaterlande geurtheilt. Seine Wirkung konnte jedoch ſich nicht weit erſtrecken: denn die Newtoniſche Lehre war ſchon in die Jeſuiten-Schulen aufgenommen. Le Suͤeur und Jacquier hatten die Newtoniſchen Schriften ſchon mit einem durchgehenden Commentar verſehen, und ſo war dem Anti-Newtonianism Rom ſo wie die uͤbrige ge- lehrte Welt verſchloſſen, und die Flamme der Wahr- heit, die ſich wieder hervorthun wollte, abermals mit Schulaſche zugedeckt. Wir verlaſſen nunmehr Frankreich und das Aus- land und wenden den Blick gegen das Vaterland.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 550. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/584>, abgerufen am 30.04.2024.