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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795.

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Zwölftes Capitel.

Nach einer kurzen Zeit, die er, beunruhigt
von mancherley Gedanken, sitzend und vor
sich hinsehend zugebracht hatte, schlenderte
Philine singend zur Hausthüre heraus, setzte
sich zu ihm, ja man dürfte beynahe sagen,
auf ihn, so nahe rückte sie an ihn heran,
lehnte sich auf seine Schultern, spielte mit
seinen Locken, streichelte ihn, und gab ihm
die besten Worte von der Welt. Sie bat
ihn, er mögte ja bleiben, und sie nicht in
der Gesellschaft allein lassen, in der sie vor
langer Weile sterben müßte; sie könne es
nicht mehr mit Melina unter Einem Dache
ausdauern, und habe sich deswegen herüber
quartirt.

Ver¬
Zwölftes Capitel.

Nach einer kurzen Zeit, die er, beunruhigt
von mancherley Gedanken, ſitzend und vor
ſich hinſehend zugebracht hatte, ſchlenderte
Philine ſingend zur Hausthüre heraus, ſetzte
ſich zu ihm, ja man dürfte beynahe ſagen,
auf ihn, ſo nahe rückte ſie an ihn heran,
lehnte ſich auf ſeine Schultern, ſpielte mit
ſeinen Locken, ſtreichelte ihn, und gab ihm
die beſten Worte von der Welt. Sie bat
ihn, er mögte ja bleiben, und ſie nicht in
der Geſellſchaft allein laſſen, in der ſie vor
langer Weile ſterben müßte; ſie könne es
nicht mehr mit Melina unter Einem Dache
ausdauern, und habe ſich deswegen herüber
quartirt.

Ver¬
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[336/0344] Zwölftes Capitel. Nach einer kurzen Zeit, die er, beunruhigt von mancherley Gedanken, ſitzend und vor ſich hinſehend zugebracht hatte, ſchlenderte Philine ſingend zur Hausthüre heraus, ſetzte ſich zu ihm, ja man dürfte beynahe ſagen, auf ihn, ſo nahe rückte ſie an ihn heran, lehnte ſich auf ſeine Schultern, ſpielte mit ſeinen Locken, ſtreichelte ihn, und gab ihm die beſten Worte von der Welt. Sie bat ihn, er mögte ja bleiben, und ſie nicht in der Geſellſchaft allein laſſen, in der ſie vor langer Weile ſterben müßte; ſie könne es nicht mehr mit Melina unter Einem Dache ausdauern, und habe ſich deswegen herüber quartirt. Ver¬

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795, S. 336. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre01_1795/344>, abgerufen am 26.04.2024.