pgo_453.001 und Ausführung, John Webster durch Größe der Leidenschaft, pgo_453.002 Kraft der Charakteristik und der Darstellung, Ford durch tiefeingehende pgo_453.003 Motivirung ihm würdig zur Seite stehn. Von späteren englischen Dramatikern pgo_453.004 erreicht nur Thomas Otway ein ähnliches markiges Pathos pgo_453.005 der Leidenschaft bei einer äußerlich kunstgerechten, innerlich lockern Komposition. pgo_453.006 Jm Gegensatz zu dieser ganzen Richtung pflegte Ben Jonsonpgo_453.007 die antike Tragödie (Sejanus, Catilina), deren in französischer Weise pgo_453.008 modificirte Normen von den späteren Dramatikern, Dryden, Addisson, pgo_453.009 Rowe, Home, Hughes u. A., adoptirt wurden.
pgo_453.010 Einen neuen Aufschwung nahm die deutsche Tragödie der Schiller- pgo_453.011 Göthe'schen Epoche, der bis jetzt in den Tragödieen Schiller's kulminirt, pgo_453.012 ohne daß wir diesen Höhenpunkt für einen absoluten halten möchten. pgo_453.013 Wir können zwar in den Tragödieen der Romantiker, eines Zacharias pgo_453.014 Werner und Kleist, Grillparzer und Müllner, keine verheißungsvollen pgo_453.015 Anläufe finden, ebensowenig in den Nachahmungen Schiller's von pgo_453.016 Seiten Uhland's, Raupach's, Auffenberg's u. A.; denn der pgo_453.017 Mysticismus, Somnambulismus und die fatalistische Geisterseherei der pgo_453.018 ersteren war ebenso unersprießlich für unsere Bühne, wie die technisch pgo_453.019 geschulten, aber geistig matten Nachahmungen der letzteren. Dagegen pgo_453.020 finden wir in den zwar paradoxen, aber geistvollen, zwar pathologischen, pgo_453.021 aber dramatisch markigen Tragödieen Hebbel's (Judith, Maria pgo_453.022 Magdalena, Agnes Bernauerin) einen großen, nur zu sehr in Probleme pgo_453.023 vertieften Kunstverstand, der auf eine noch strengere Fassung des dramatischen pgo_453.024 Jnhalts hinarbeitet, als sie unsere Klassiker anstrebten; wir finden pgo_453.025 in Gutzkow's "Uriel Acosta," in Laube's "Graf Essex" und andern pgo_453.026 Produktionen der modernen Schule Tragödieen von größerem Zusammenhalt, pgo_453.027 als er in Schiller's Stücken vorhanden*). Die Aufgabe für die pgo_453.028 moderne Tragödie, auf welche schon Grabbe bei seiner Verurtheilung pgo_453.029 der einseitigen Shakespearomanien und ich selbst in meiner "National-
*)pgo_453.030 Vgl. über das neuere deutsche Drama meine "Nationallitteratur;" über pgo_453.031 Schiller's Tragödieen Bd. I. p. 33-42, p. 52-61; über Goethe's: p. 62-65; pgo_453.032 p. 70; p. 74-86; die Schicksalstragödieen p. 162-186; Heinrich von Kleist pgo_453.033 p. 321-335; Jmmermann p. 385-391; das originelle Kraftdrama Bd. II. p. 328 bis pgo_453.034 390; die deklamatorische Jambentragödie Bd. II. p. 390-445; das regenerirte pgo_453.035 Bühnendrama p. 445-481.
pgo_453.001 und Ausführung, John Webster durch Größe der Leidenschaft, pgo_453.002 Kraft der Charakteristik und der Darstellung, Ford durch tiefeingehende pgo_453.003 Motivirung ihm würdig zur Seite stehn. Von späteren englischen Dramatikern pgo_453.004 erreicht nur Thomas Otway ein ähnliches markiges Pathos pgo_453.005 der Leidenschaft bei einer äußerlich kunstgerechten, innerlich lockern Komposition. pgo_453.006 Jm Gegensatz zu dieser ganzen Richtung pflegte Ben Jonsonpgo_453.007 die antike Tragödie (Sejanus, Catilina), deren in französischer Weise pgo_453.008 modificirte Normen von den späteren Dramatikern, Dryden, Addisson, pgo_453.009 Rowe, Home, Hughes u. A., adoptirt wurden.
pgo_453.010 Einen neuen Aufschwung nahm die deutsche Tragödie der Schiller- pgo_453.011 Göthe'schen Epoche, der bis jetzt in den Tragödieen Schiller's kulminirt, pgo_453.012 ohne daß wir diesen Höhenpunkt für einen absoluten halten möchten. pgo_453.013 Wir können zwar in den Tragödieen der Romantiker, eines Zacharias pgo_453.014 Werner und Kleist, Grillparzer und Müllner, keine verheißungsvollen pgo_453.015 Anläufe finden, ebensowenig in den Nachahmungen Schiller's von pgo_453.016 Seiten Uhland's, Raupach's, Auffenberg's u. A.; denn der pgo_453.017 Mysticismus, Somnambulismus und die fatalistische Geisterseherei der pgo_453.018 ersteren war ebenso unersprießlich für unsere Bühne, wie die technisch pgo_453.019 geschulten, aber geistig matten Nachahmungen der letzteren. Dagegen pgo_453.020 finden wir in den zwar paradoxen, aber geistvollen, zwar pathologischen, pgo_453.021 aber dramatisch markigen Tragödieen Hebbel's (Judith, Maria pgo_453.022 Magdalena, Agnes Bernauerin) einen großen, nur zu sehr in Probleme pgo_453.023 vertieften Kunstverstand, der auf eine noch strengere Fassung des dramatischen pgo_453.024 Jnhalts hinarbeitet, als sie unsere Klassiker anstrebten; wir finden pgo_453.025 in Gutzkow's „Uriel Acosta,“ in Laube's „Graf Essex“ und andern pgo_453.026 Produktionen der modernen Schule Tragödieen von größerem Zusammenhalt, pgo_453.027 als er in Schiller's Stücken vorhanden*). Die Aufgabe für die pgo_453.028 moderne Tragödie, auf welche schon Grabbe bei seiner Verurtheilung pgo_453.029 der einseitigen Shakespearomanien und ich selbst in meiner „National-
*)pgo_453.030 Vgl. über das neuere deutsche Drama meine „Nationallitteratur;“ über pgo_453.031 Schiller's Tragödieen Bd. I. p. 33–42, p. 52–61; über Goethe's: p. 62–65; pgo_453.032 p. 70; p. 74–86; die Schicksalstragödieen p. 162–186; Heinrich von Kleist pgo_453.033 p. 321–335; Jmmermann p. 385–391; das originelle Kraftdrama Bd. II. p. 328 bis pgo_453.034 390; die deklamatorische Jambentragödie Bd. II. p. 390–445; das regenerirte pgo_453.035 Bühnendrama p. 445–481.
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Gottschall, Rudolph: Poetik. Die Dichtkunst und ihre Technik [v]om Standpunkte der Neuzeit. Breslau, 1858, S. 453. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gottschall_poetik_1858/475>, abgerufen am 17.06.2024.
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