Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band.bineten von London und Paris bereits eine Verständigung über die Besitzergreifung, Ueber die Art, in welcher eine etwaige Theilung des Pfortenreichs dereinst zwi¬ -- Es ist während eines großen und über einen weiten Raum bineten von London und Paris bereits eine Verständigung über die Besitzergreifung, Ueber die Art, in welcher eine etwaige Theilung des Pfortenreichs dereinst zwi¬ — Es ist während eines großen und über einen weiten Raum <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0443" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/100363"/> <p xml:id="ID_1274" prev="#ID_1273"> bineten von London und Paris bereits eine Verständigung über die Besitzergreifung,<lb/> nicht der Krim — o nein! — sondern der Dardanellen, des Bosporus und Kon-<lb/> stantinopels zu Stande gebracht worden sei, und daß die Ausführung dieser großen<lb/> und bedeutungsvollen Schritte nicht lange auf sich warten lassen würde. Andere,<lb/> denen damit noch nicht genug vorausgesetzt zu sein scheint, gehen noch weiter und<lb/> reden gradezu von einem Theilungsproject rücksichtlich des osmanischen Reiches,<lb/> und daß, man als einzige der Ausführung desselben entgegenstehende Schwierigkeit<lb/> das Vorhandensein einer immerhin noch bedeutenden türkischen Kriegsmacht erachte,<lb/> die es darum gelte so schnell wie möglich aufzulösen. Nur zu diesem Zweck, sa¬<lb/> gen sie weiter, wurde neulich aus dem Kern der im Lande verbliebenen osma¬<lb/> nischen Armee ein starkes Corps unter dem britischen General Williams, nur<lb/> darum eine Reiterdivisivn aus Eingeborenen nnter dem Obersten Beatson formirt.<lb/> Daß diese Truppen sich unter einer Führung wie die Omer Paschas besser schlagen<lb/> würden als unter englischen Offizieren, liege auf der Hand. Allein man bezwecke<lb/> auch durchaus nicht, mit dieser Streitmacht etwas Directes auszuführen, sondern die¬<lb/> selbe solle nur der osmanischen Armee in ihrer augenblicklichen Stärke und in ihrer<lb/> Ergänzung Abbruch thun.</p><lb/> <p xml:id="ID_1275"> Ueber die Art, in welcher eine etwaige Theilung des Pfortenreichs dereinst zwi¬<lb/> schen England und Frankreich vor sich gehen könnte, herrscht unter der argwöhni¬<lb/> schen Menge eine erstaunliche Ideenverwirrung. Nach den Einen zu urtheilen, wird<lb/> die Sache sich leicht machen, indem der osmanische Staat in seine zwei Haupt¬<lb/> bestandtheile, den türkischen lRumelien und Anadoli) und den arabischen, (Irak, Cham,<lb/> ^Syrien^ und Aegypten) auseinanderfallen und England die erstere Hälfte, Frankreich die<lb/> letztere zufallen werde. Man erklärt dies als durchaus der außereuropäischen Politik<lb/> beider Mächte für conform, denn Frankreich sei auf das Araberthum hingewiesen, weil<lb/> es die nationale Grundlage der Bevölkerung seiner algierischen Besitzungen auf¬<lb/> wacht und umgekehrt England auf das Türkcnthum, weil .... nun ich glaube,<lb/> der Grund war, weil eine dereinstige Landverbinduug mit Indien Konstantinopel<lb/> Zu ihrem Ausgangspunkt nehmen müßte. Nach einer anderen Lesart steht es gradezu<lb/> umgekehrt, indem England um einer dereinstigen, durch einen Kanal zu vermitteln¬<lb/> den directen Seeverbindung wegen Aegypten verlangt und Frankreich dafür Dar.<lb/> danellen und Bosporus überlassen würde. — Was endlich Oestreich angeht, so macht<lb/> man sich im großen Haufen keine Illusionen mehr darüber, als könne man für die<lb/> Zukunft eine Herausgabe der Donaufürstenthümer erwarten, und es ist ein be-<lb/> merkenswerther Zug. daß Per« im Durchschnitt geneigt erscheint, dieses Nückbe-<lb/> halten zu entschuldigen. In dieser Hinsicht pflegt man zu sagen: Walachei und<lb/> Moldau seien das nothwendige Komplement der östreichischen Monarchie.</p><lb/> <p xml:id="ID_1276" next="#ID_1277"> — Es ist während eines großen und über einen weiten Raum<lb/> hin sich ausdehnenden Krieges angemessen, dann und wann einen Blick auf die<lb/> Dislocation der verschiedenen Streitmafscn zu werfen, wie sie sich über die einzelnen<lb/> Kriegstheater ausbreiten, hauptsächlich um eine Unterlage für sein Urtheil rücksichtlich<lb/> dessen zu gewinnen, was geschehen ist, und eine Stütze für etwaige Muthmaßungen<lb/> über die in nächster Zukunft zu gewärtigenden Vorgänge. Was die Stärkenzahlen<lb/> in der Krim angeht, so ist neulich von der französischen und englischen Presse,</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"/><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0443]
bineten von London und Paris bereits eine Verständigung über die Besitzergreifung,
nicht der Krim — o nein! — sondern der Dardanellen, des Bosporus und Kon-
stantinopels zu Stande gebracht worden sei, und daß die Ausführung dieser großen
und bedeutungsvollen Schritte nicht lange auf sich warten lassen würde. Andere,
denen damit noch nicht genug vorausgesetzt zu sein scheint, gehen noch weiter und
reden gradezu von einem Theilungsproject rücksichtlich des osmanischen Reiches,
und daß, man als einzige der Ausführung desselben entgegenstehende Schwierigkeit
das Vorhandensein einer immerhin noch bedeutenden türkischen Kriegsmacht erachte,
die es darum gelte so schnell wie möglich aufzulösen. Nur zu diesem Zweck, sa¬
gen sie weiter, wurde neulich aus dem Kern der im Lande verbliebenen osma¬
nischen Armee ein starkes Corps unter dem britischen General Williams, nur
darum eine Reiterdivisivn aus Eingeborenen nnter dem Obersten Beatson formirt.
Daß diese Truppen sich unter einer Führung wie die Omer Paschas besser schlagen
würden als unter englischen Offizieren, liege auf der Hand. Allein man bezwecke
auch durchaus nicht, mit dieser Streitmacht etwas Directes auszuführen, sondern die¬
selbe solle nur der osmanischen Armee in ihrer augenblicklichen Stärke und in ihrer
Ergänzung Abbruch thun.
Ueber die Art, in welcher eine etwaige Theilung des Pfortenreichs dereinst zwi¬
schen England und Frankreich vor sich gehen könnte, herrscht unter der argwöhni¬
schen Menge eine erstaunliche Ideenverwirrung. Nach den Einen zu urtheilen, wird
die Sache sich leicht machen, indem der osmanische Staat in seine zwei Haupt¬
bestandtheile, den türkischen lRumelien und Anadoli) und den arabischen, (Irak, Cham,
^Syrien^ und Aegypten) auseinanderfallen und England die erstere Hälfte, Frankreich die
letztere zufallen werde. Man erklärt dies als durchaus der außereuropäischen Politik
beider Mächte für conform, denn Frankreich sei auf das Araberthum hingewiesen, weil
es die nationale Grundlage der Bevölkerung seiner algierischen Besitzungen auf¬
wacht und umgekehrt England auf das Türkcnthum, weil .... nun ich glaube,
der Grund war, weil eine dereinstige Landverbinduug mit Indien Konstantinopel
Zu ihrem Ausgangspunkt nehmen müßte. Nach einer anderen Lesart steht es gradezu
umgekehrt, indem England um einer dereinstigen, durch einen Kanal zu vermitteln¬
den directen Seeverbindung wegen Aegypten verlangt und Frankreich dafür Dar.
danellen und Bosporus überlassen würde. — Was endlich Oestreich angeht, so macht
man sich im großen Haufen keine Illusionen mehr darüber, als könne man für die
Zukunft eine Herausgabe der Donaufürstenthümer erwarten, und es ist ein be-
merkenswerther Zug. daß Per« im Durchschnitt geneigt erscheint, dieses Nückbe-
halten zu entschuldigen. In dieser Hinsicht pflegt man zu sagen: Walachei und
Moldau seien das nothwendige Komplement der östreichischen Monarchie.
— Es ist während eines großen und über einen weiten Raum
hin sich ausdehnenden Krieges angemessen, dann und wann einen Blick auf die
Dislocation der verschiedenen Streitmafscn zu werfen, wie sie sich über die einzelnen
Kriegstheater ausbreiten, hauptsächlich um eine Unterlage für sein Urtheil rücksichtlich
dessen zu gewinnen, was geschehen ist, und eine Stütze für etwaige Muthmaßungen
über die in nächster Zukunft zu gewärtigenden Vorgänge. Was die Stärkenzahlen
in der Krim angeht, so ist neulich von der französischen und englischen Presse,
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |