Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band.dem Mose beilegte. Auch in den beiden früheren Sammlungen lassen sich noch Die schließliche Sammlung ward ziemlich unmethodisch und mechanisch Wann diese abschließende Sammlung veranstaltet ist, läßt sich nicht mehr Trotz aller Mängel ist diese Redaction doch ein überaus verdienstliches dem Mose beilegte. Auch in den beiden früheren Sammlungen lassen sich noch Die schließliche Sammlung ward ziemlich unmethodisch und mechanisch Wann diese abschließende Sammlung veranstaltet ist, läßt sich nicht mehr Trotz aller Mängel ist diese Redaction doch ein überaus verdienstliches <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0154" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/285180"/> <p xml:id="ID_358" prev="#ID_357"> dem Mose beilegte. Auch in den beiden früheren Sammlungen lassen sich noch<lb/> derartige Veränderungen nachweisen.</p><lb/> <p xml:id="ID_359"> Die schließliche Sammlung ward ziemlich unmethodisch und mechanisch<lb/> gemacht. Man ließ die Psalmen so, wie man sie fand, mit oder ohne Über¬<lb/> schrift und ohne eine sachliche oder sonstige Anordnung. Man bemerkte nicht<lb/> einmal, daß man einen Psalm zweimal hatte (Ps. 14 und 33) und daß Ps. 70<lb/> nur der abgerissene Schluß eines auch sonst aufgenommenen Psalms (40, 14<lb/> bis 18) ist. Man gab sich keine Mühe, sämmtliche brauchbare Lieder zu sam¬<lb/> meln, denn während man den auch 2. Sam. 22 erscheinenden Ps. 18 aufnahm,<lb/> ließ man die ganz zu den Psalmen passenden Lieder Ich. 38. 10 ff.; 1. Sam.<lb/> 2. 1 ff.! Jona 3, fort. So hätte man vermuthlich für einige matte und un¬<lb/> bedeutende Lieder damals noch schönere finden können. Daß man sich keine<lb/> große Mühe darum gab, diplomatisch treue Texte herzustellen, sehen wir aus<lb/> den vielen kleinen Varianten zwischen den doppelt aufgenommenen Stücken.<lb/> Grade bei solchen, schon vielfach liturgisch und sonst vom Volke gebrauchten<lb/> Liedern, die zum Theil in ein hohes Alterthum zurückgingen, waren Entstellungen<lb/> durch absichtliche Veränderung wie durch Nachlässigkeit und zufällige Beschädi¬<lb/> gung leicht möglich, wie wir dergleichen ja noch nach Erfindung der Buch¬<lb/> druckerkunst in ähnlichen Literaturzweigen vielfach sehen. Auch wo wir diese<lb/> Verderbnisse nicht gradezu durch äußere Zeugnisse nachweisen können, ergeben<lb/> sie sich doch sehr zahlreich bei genauer Untersuchung des Sinnes, und es ist<lb/> nicht zu verkennen, daß der Psalter zu den Büchern des Alten Testaments ge¬<lb/> hört, welche uns in einem ziemlich unreinen Texte erhalten sind.</p><lb/> <p xml:id="ID_360"> Wann diese abschließende Sammlung veranstaltet ist, läßt sich nicht mehr<lb/> sicher sagen, obgleich es sehr wahrscheinlich ist, daß sie ins zweite vorchristliche<lb/> Jahrhundert fällt. Dabei ist aber immerhin möglich, daß einige Lieder noch<lb/> nachträglich in die schon vollendete Sammlung eingeschoben sind. Ob die'Ein-<lb/> theilung des Psalters in 5 Bücher, welche jedenfalls so alt ist. wie die letzte<lb/> Redaction selbst, die Eintheilung des Pentateuchs nachahmt, wie man gewöhn¬<lb/> lich annimmt, scheint mir deshalb sehr unsicher, da es viel für sich hat, daß<lb/> jene auf einer älteren Zweiteilung der beiden letzten von den drei zu<lb/> Grunde liegenden Sammlungen beruht. Der Titel des ganzen Buches 'lödillrm<lb/> d. i. „Loblieder" geht jedenfalls in hohe Zeiten hinauf und mag immerhin<lb/> dem letzten Redactor angehören. Scharf bezeichnend ist er freilich nicht.</p><lb/> <p xml:id="ID_361" next="#ID_362"> Trotz aller Mängel ist diese Redaction doch ein überaus verdienstliches<lb/> Werk. Die Vereinigung eines Schatzes geistlicher Lieder aus den verschiedensten<lb/> Perioden der hebräischen Literatur mußte von nachhaltiger Wirkung sein, und<lb/> wie ohne Zweifel ein großer Theil seines Inhalts schon lange dem kirchlichen<lb/> Gebrauch gedient hatte, so bekam leicht die ganze Sammlung ein kanonisches<lb/> Ansehen. Durch die gewiß bald nach der Schlußredaction veranstaltete grie-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0154]
dem Mose beilegte. Auch in den beiden früheren Sammlungen lassen sich noch
derartige Veränderungen nachweisen.
Die schließliche Sammlung ward ziemlich unmethodisch und mechanisch
gemacht. Man ließ die Psalmen so, wie man sie fand, mit oder ohne Über¬
schrift und ohne eine sachliche oder sonstige Anordnung. Man bemerkte nicht
einmal, daß man einen Psalm zweimal hatte (Ps. 14 und 33) und daß Ps. 70
nur der abgerissene Schluß eines auch sonst aufgenommenen Psalms (40, 14
bis 18) ist. Man gab sich keine Mühe, sämmtliche brauchbare Lieder zu sam¬
meln, denn während man den auch 2. Sam. 22 erscheinenden Ps. 18 aufnahm,
ließ man die ganz zu den Psalmen passenden Lieder Ich. 38. 10 ff.; 1. Sam.
2. 1 ff.! Jona 3, fort. So hätte man vermuthlich für einige matte und un¬
bedeutende Lieder damals noch schönere finden können. Daß man sich keine
große Mühe darum gab, diplomatisch treue Texte herzustellen, sehen wir aus
den vielen kleinen Varianten zwischen den doppelt aufgenommenen Stücken.
Grade bei solchen, schon vielfach liturgisch und sonst vom Volke gebrauchten
Liedern, die zum Theil in ein hohes Alterthum zurückgingen, waren Entstellungen
durch absichtliche Veränderung wie durch Nachlässigkeit und zufällige Beschädi¬
gung leicht möglich, wie wir dergleichen ja noch nach Erfindung der Buch¬
druckerkunst in ähnlichen Literaturzweigen vielfach sehen. Auch wo wir diese
Verderbnisse nicht gradezu durch äußere Zeugnisse nachweisen können, ergeben
sie sich doch sehr zahlreich bei genauer Untersuchung des Sinnes, und es ist
nicht zu verkennen, daß der Psalter zu den Büchern des Alten Testaments ge¬
hört, welche uns in einem ziemlich unreinen Texte erhalten sind.
Wann diese abschließende Sammlung veranstaltet ist, läßt sich nicht mehr
sicher sagen, obgleich es sehr wahrscheinlich ist, daß sie ins zweite vorchristliche
Jahrhundert fällt. Dabei ist aber immerhin möglich, daß einige Lieder noch
nachträglich in die schon vollendete Sammlung eingeschoben sind. Ob die'Ein-
theilung des Psalters in 5 Bücher, welche jedenfalls so alt ist. wie die letzte
Redaction selbst, die Eintheilung des Pentateuchs nachahmt, wie man gewöhn¬
lich annimmt, scheint mir deshalb sehr unsicher, da es viel für sich hat, daß
jene auf einer älteren Zweiteilung der beiden letzten von den drei zu
Grunde liegenden Sammlungen beruht. Der Titel des ganzen Buches 'lödillrm
d. i. „Loblieder" geht jedenfalls in hohe Zeiten hinauf und mag immerhin
dem letzten Redactor angehören. Scharf bezeichnend ist er freilich nicht.
Trotz aller Mängel ist diese Redaction doch ein überaus verdienstliches
Werk. Die Vereinigung eines Schatzes geistlicher Lieder aus den verschiedensten
Perioden der hebräischen Literatur mußte von nachhaltiger Wirkung sein, und
wie ohne Zweifel ein großer Theil seines Inhalts schon lange dem kirchlichen
Gebrauch gedient hatte, so bekam leicht die ganze Sammlung ein kanonisches
Ansehen. Durch die gewiß bald nach der Schlußredaction veranstaltete grie-
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |