Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Viertes Vierteljahr.Das Neuchrifleutum in der französischen Litteratur Kraft getreten. Aber das schadet nichts. Ist das Bürgerliche Gesetzbuch ja T>as Neuchristentum in der französischen Litteratur Friedrich Schwert von eit hundert Jahren ist das Leben der Kulturvölker beherrscht von Das Neuchrifleutum in der französischen Litteratur Kraft getreten. Aber das schadet nichts. Ist das Bürgerliche Gesetzbuch ja T>as Neuchristentum in der französischen Litteratur Friedrich Schwert von eit hundert Jahren ist das Leben der Kulturvölker beherrscht von <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0367" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/232179"/> <fw type="header" place="top"> Das Neuchrifleutum in der französischen Litteratur</fw><lb/> <p xml:id="ID_1260" prev="#ID_1259"> Kraft getreten. Aber das schadet nichts. Ist das Bürgerliche Gesetzbuch ja<lb/> doch auch einuuddreiviertel Jahre vor seinem Inkrafttreten durch das Gesetz über<lb/> die freiwillige Gerichtsbarkeit abgeändert worden (§ 129 des Bürgerlichen Ge¬<lb/> setzbuchs, Z 191 Absatz 2 des Gesetzes über die freiwillige Gerichtsbarkeit). Dieses<lb/> Verfahren ist sogar ganz besonders empfehlenswert, gewissermaßen das Ideal<lb/> der Gesetzgebuugskunst. Nachher, wenn die Gesetze erst gelten, sich womöglich<lb/> schon zwei oder noch mehr Jahre eingelebt haben, dann anderes sich lange<lb/> nicht mehr mit so leichtem Herzen, wie vor ihrer Geltungskraft. Man wird<lb/> dieses Verfahren also zur Regel erheben müssen. Die Novellen werden immer<lb/> nur für die Zukunft beschlossen; bevor sie in Kraft treten, ist noch schnell für<lb/> rechtzeitige Änderung in tuwrmu zu sorgen.</p><lb/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341869_231811/figures/grenzboten_341869_231811_232179_003.jpg"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> T>as Neuchristentum in der französischen Litteratur<lb/><note type="byline"> Friedrich Schwert</note> von</head><lb/> <p xml:id="ID_1261" next="#ID_1262"> eit hundert Jahren ist das Leben der Kulturvölker beherrscht von<lb/> den Geburten der französischen Revolution. Siegreich ist sie<lb/> durch ganz Europa gezogen, noch müssen alle großen Parteien<lb/> der europäischen Staaten zu ihr Stellung nehmen, und in dem<lb/> Lande, von dem sie ausging, gebietet sie fast unumschränkt. Aber<lb/> das Geistesleben ist inzwischen weitergeschritten. Der Darwinismus hat der<lb/> Naturwisseuschcift neue Fernsichten eröffnet. Die Lehre vom Überwiegen des<lb/> Tüchtigern, Bessern warf ein neues Licht auf den Gedanken der allgemeinen<lb/> Gleichheit, diese Lieblingsidee der Jakobiner. Die geschichtliche Ausfassung trat<lb/> an die Stelle des mathematischen Denkens und lehrte Einrichtungen der ältern<lb/> Zeit unbefangen würdigen. Taine riß der Revolution rücksichtslos die Maske<lb/> vom Gesicht. So beginnen die Völker allmählich die ererbten Gedanken<lb/> nochmals durchzudenken und aus einer Ferne, die einen Überblick ermöglicht,<lb/> die Zustände, die die Revolution geschaffen hat, prüfend zu betrachten. Es<lb/> scheint, daß diese Prüfung nicht ganz zum Vorteil der Revolution ausfällt,<lb/> wenigstens bei den eigentlich denkenden Geistern. Denn über ganz Europa<lb/> entsteht eine Art von Gegenströmung, von Reaktion politisch gesagt. Sie<lb/> wächst bei uns unter dem Einfluß parlamentarischer Erscheinungen und<lb/> Nietzschischer Philosophie, sie hat in England die Tones ans Ruder gebracht,<lb/> und sie hat in Frankreich das Kabinett Meline länger als alle seine Vorgänger</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0367]
Das Neuchrifleutum in der französischen Litteratur
Kraft getreten. Aber das schadet nichts. Ist das Bürgerliche Gesetzbuch ja
doch auch einuuddreiviertel Jahre vor seinem Inkrafttreten durch das Gesetz über
die freiwillige Gerichtsbarkeit abgeändert worden (§ 129 des Bürgerlichen Ge¬
setzbuchs, Z 191 Absatz 2 des Gesetzes über die freiwillige Gerichtsbarkeit). Dieses
Verfahren ist sogar ganz besonders empfehlenswert, gewissermaßen das Ideal
der Gesetzgebuugskunst. Nachher, wenn die Gesetze erst gelten, sich womöglich
schon zwei oder noch mehr Jahre eingelebt haben, dann anderes sich lange
nicht mehr mit so leichtem Herzen, wie vor ihrer Geltungskraft. Man wird
dieses Verfahren also zur Regel erheben müssen. Die Novellen werden immer
nur für die Zukunft beschlossen; bevor sie in Kraft treten, ist noch schnell für
rechtzeitige Änderung in tuwrmu zu sorgen.
[Abbildung]
T>as Neuchristentum in der französischen Litteratur
Friedrich Schwert von
eit hundert Jahren ist das Leben der Kulturvölker beherrscht von
den Geburten der französischen Revolution. Siegreich ist sie
durch ganz Europa gezogen, noch müssen alle großen Parteien
der europäischen Staaten zu ihr Stellung nehmen, und in dem
Lande, von dem sie ausging, gebietet sie fast unumschränkt. Aber
das Geistesleben ist inzwischen weitergeschritten. Der Darwinismus hat der
Naturwisseuschcift neue Fernsichten eröffnet. Die Lehre vom Überwiegen des
Tüchtigern, Bessern warf ein neues Licht auf den Gedanken der allgemeinen
Gleichheit, diese Lieblingsidee der Jakobiner. Die geschichtliche Ausfassung trat
an die Stelle des mathematischen Denkens und lehrte Einrichtungen der ältern
Zeit unbefangen würdigen. Taine riß der Revolution rücksichtslos die Maske
vom Gesicht. So beginnen die Völker allmählich die ererbten Gedanken
nochmals durchzudenken und aus einer Ferne, die einen Überblick ermöglicht,
die Zustände, die die Revolution geschaffen hat, prüfend zu betrachten. Es
scheint, daß diese Prüfung nicht ganz zum Vorteil der Revolution ausfällt,
wenigstens bei den eigentlich denkenden Geistern. Denn über ganz Europa
entsteht eine Art von Gegenströmung, von Reaktion politisch gesagt. Sie
wächst bei uns unter dem Einfluß parlamentarischer Erscheinungen und
Nietzschischer Philosophie, sie hat in England die Tones ans Ruder gebracht,
und sie hat in Frankreich das Kabinett Meline länger als alle seine Vorgänger
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |