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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 2. Berlin, 1815.

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rieb sich die Nase, war ärgerlich und sprach: "die
Katzen taugen nichts, sie lassen mir die Mäuse
die Haare vom Kopf abbeißen" und jagte sie alle
beide fort. Da hatte die Maus gewonnen
Spiel.

Wie nun der Herr die andere Nacht wieder
eingeschlafen war, machte die Maus hinein, knu-
perte und nagte an dem rothen Band, woran der
Stein hing, so lang, bis es entzwei war und
herunterfiel, dann schleifte sie's bis zu der Haus-
thür. Das ward aber der armen kleinen Maus
recht sauer, und sie sprach zum Affen, der schon
auf der Lauer stand: "nimm du nun deine Pfote
und hol's ganz heraus!" Das war dem Affen
ein Leichtes, der trug den Stein und sie gingen
so miteinander bis zum Fluß; da sagte der Affe:
"wie sollen wir aber nun zu dem Kasten kommen!"
Der Bär sagte: "das ist bald geschehen, ich geh'
in's Wasser und schwimme, Affe, setz' du dich auf
meinen Rücken, halt' dich aber mit deinen Hän-
den fest und nimm den Stein in's Maul, Mäus-
chen, du kannst dich in mein rechtes Ohr setzen."
Also thaten sie und schwammen den Fluß hinab.
Nach einer Zeit war's dem Bären so still, fing an
zu schwätzen und sagte: "hör' Affe, wir sind doch
brave Cammeraden, was meinst du?" -- Der
Aff' aber antwortete nicht und schwieg still. "Ei!
sagte der Bär, willst du mir keine Antwort geben?
das ist ein schlechter Kerl, der nicht antwortet!"

rieb ſich die Naſe, war aͤrgerlich und ſprach: „die
Katzen taugen nichts, ſie laſſen mir die Maͤuſe
die Haare vom Kopf abbeißen“ und jagte ſie alle
beide fort. Da hatte die Maus gewonnen
Spiel.

Wie nun der Herr die andere Nacht wieder
eingeſchlafen war, machte die Maus hinein, knu-
perte und nagte an dem rothen Band, woran der
Stein hing, ſo lang, bis es entzwei war und
herunterfiel, dann ſchleifte ſie’s bis zu der Haus-
thuͤr. Das ward aber der armen kleinen Maus
recht ſauer, und ſie ſprach zum Affen, der ſchon
auf der Lauer ſtand: „nimm du nun deine Pfote
und hol’s ganz heraus!“ Das war dem Affen
ein Leichtes, der trug den Stein und ſie gingen
ſo miteinander bis zum Fluß; da ſagte der Affe:
„wie ſollen wir aber nun zu dem Kaſten kommen!“
Der Baͤr ſagte: „das iſt bald geſchehen, ich geh’
in’s Waſſer und ſchwimme, Affe, ſetz’ du dich auf
meinen Ruͤcken, halt’ dich aber mit deinen Haͤn-
den feſt und nimm den Stein in’s Maul, Maͤus-
chen, du kannſt dich in mein rechtes Ohr ſetzen.“
Alſo thaten ſie und ſchwammen den Fluß hinab.
Nach einer Zeit war’s dem Baͤren ſo ſtill, fing an
zu ſchwaͤtzen und ſagte: „hoͤr’ Affe, wir ſind doch
brave Cammeraden, was meinſt du?“ — Der
Aff’ aber antwortete nicht und ſchwieg ſtill. „Ei!
ſagte der Baͤr, willſt du mir keine Antwort geben?
das iſt ein ſchlechter Kerl, der nicht antwortet!“

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[112/0133] rieb ſich die Naſe, war aͤrgerlich und ſprach: „die Katzen taugen nichts, ſie laſſen mir die Maͤuſe die Haare vom Kopf abbeißen“ und jagte ſie alle beide fort. Da hatte die Maus gewonnen Spiel. Wie nun der Herr die andere Nacht wieder eingeſchlafen war, machte die Maus hinein, knu- perte und nagte an dem rothen Band, woran der Stein hing, ſo lang, bis es entzwei war und herunterfiel, dann ſchleifte ſie’s bis zu der Haus- thuͤr. Das ward aber der armen kleinen Maus recht ſauer, und ſie ſprach zum Affen, der ſchon auf der Lauer ſtand: „nimm du nun deine Pfote und hol’s ganz heraus!“ Das war dem Affen ein Leichtes, der trug den Stein und ſie gingen ſo miteinander bis zum Fluß; da ſagte der Affe: „wie ſollen wir aber nun zu dem Kaſten kommen!“ Der Baͤr ſagte: „das iſt bald geſchehen, ich geh’ in’s Waſſer und ſchwimme, Affe, ſetz’ du dich auf meinen Ruͤcken, halt’ dich aber mit deinen Haͤn- den feſt und nimm den Stein in’s Maul, Maͤus- chen, du kannſt dich in mein rechtes Ohr ſetzen.“ Alſo thaten ſie und ſchwammen den Fluß hinab. Nach einer Zeit war’s dem Baͤren ſo ſtill, fing an zu ſchwaͤtzen und ſagte: „hoͤr’ Affe, wir ſind doch brave Cammeraden, was meinſt du?“ — Der Aff’ aber antwortete nicht und ſchwieg ſtill. „Ei! ſagte der Baͤr, willſt du mir keine Antwort geben? das iſt ein ſchlechter Kerl, der nicht antwortet!“

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 2. Berlin, 1815, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1815/133>, abgerufen am 30.04.2024.