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German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

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Fünfftes Buch.
nes Herkommens und ehelicher Geburt halber zu
wegen zu bringen/ welches ich obnschwer auß dem
Tauff-Buch und meines Pettern Zeugnus erhielte.
Jch kehrte auch gleich bey dem Pfarrer ein/ der sich
zu Hanau auffgehalten/ und meiner angenommen/
derselbe gab mir einen schrifftlichen Beweiß mit/ wo
mein Vatter seel. gestorben/ und daß ich bey demsel-
ben biß in seinen Todt/ und endlich unter dem Nah-
men Simplici eine Zeitlang bey Herrn Ramsay dem
Gubernator in Hanau gewesen wäre/ ja ich liesse über
meine gantze Histori auß der Zeugen Mund durch ei-
nen Notarium ein Instrument auffrichten/ dann ich
gedachte/ wer weiß/ wo du es noch einmal brauch est/
solche Räis kostet mich über 400. Thaler/ dann auff
dem Zurück-Weg wurde ich von einer Partey er-
hascht/ abgesetzt und geplündert/ also daß ich und
mein Knan oder Petter allerdings nackend/ und kaum
mit dem Leben darvon kamen.

Jndessen giengs daheim auch schlim zu/ dann nach-
dem mein Weib vernommen/ daß ihr Mann ein Jun-
cker sey/ spielte sie nit allein der grossen Frauen/ son-
dern verliederlicht auch alles in der Haußhaltung/
welches ich/ weil sie grosses Leibs war/ stillschwei-
gend übertrug/ über das war mir ein Unglück in den
Stall kommen/ so mir das meiste und beste Viehe
hingerafft.

Dieses alles wäre noch zu verschmirtzen gewesen/
aber o mirum! kein Unglück allein/ in der Stund/
darinn mein Weib genase/ wurde die Magd auch
Kindbetterin/ das Kind zwar so sie brachte/ sahe mir
allerdings ähnlich/ das aber so mein Weib gebar/
sahe dem Knecht so gleich/ als wenns ihm auß dem

Gesicht
Z v

Fuͤnfftes Buch.
nes Herkommens und ehelicher Geburt halber zu
wegen zu bringen/ welches ich obnſchwer auß dem
Tauff-Buch und meines Pettern Zeugnus erhielte.
Jch kehrte auch gleich bey dem Pfarꝛer ein/ der ſich
zu Hanau auffgehalten/ und meiner angenommen/
derſelbe gab mir einen ſchrifftlichen Beweiß mit/ wo
mein Vatter ſeel. geſtorben/ und daß ich bey demſel-
ben biß in ſeinen Todt/ und endlich unter dem Nah-
men Simplici eine Zeitlang bey Herꝛn Ramſay dem
Gubernator in Hanau geweſen waͤre/ ja ich lieſſe uͤber
meine gantze Hiſtori auß der Zeugen Mund durch ei-
nen Notarium ein Inſtrument auffrichten/ dann ich
gedachte/ wer weiß/ wo du es noch einmal brauch eſt/
ſolche Raͤis koſtet mich uͤber 400. Thaler/ dann auff
dem Zuruͤck-Weg wurde ich von einer Partey er-
haſcht/ abgeſetzt und gepluͤndert/ alſo daß ich und
mein Knan oder Petter allerdings nackend/ und kaum
mit dem Leben darvon kamen.

Jndeſſen giengs daheim auch ſchlim zu/ dañ nach-
dem mein Weib vernom̃en/ daß ihr Mann ein Jun-
cker ſey/ ſpielte ſie nit allein der groſſen Frauen/ ſon-
dern verliederlicht auch alles in der Haußhaltung/
welches ich/ weil ſie groſſes Leibs war/ ſtillſchwei-
gend uͤbertrug/ uͤber das war mir ein Ungluͤck in den
Stall kommen/ ſo mir das meiſte und beſte Viehe
hingerafft.

Dieſes alles waͤre noch zu verſchmirtzen geweſen/
aber ô mirum! kein Ungluͤck allein/ in der Stund/
darinn mein Weib genaſe/ wurde die Magd auch
Kindbetterin/ das Kind zwar ſo ſie brachte/ ſahe mir
allerdings aͤhnlich/ das aber ſo mein Weib gebar/
ſahe dem Knecht ſo gleich/ als wenns ihm auß dem

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[535/0541] Fuͤnfftes Buch. nes Herkommens und ehelicher Geburt halber zu wegen zu bringen/ welches ich obnſchwer auß dem Tauff-Buch und meines Pettern Zeugnus erhielte. Jch kehrte auch gleich bey dem Pfarꝛer ein/ der ſich zu Hanau auffgehalten/ und meiner angenommen/ derſelbe gab mir einen ſchrifftlichen Beweiß mit/ wo mein Vatter ſeel. geſtorben/ und daß ich bey demſel- ben biß in ſeinen Todt/ und endlich unter dem Nah- men Simplici eine Zeitlang bey Herꝛn Ramſay dem Gubernator in Hanau geweſen waͤre/ ja ich lieſſe uͤber meine gantze Hiſtori auß der Zeugen Mund durch ei- nen Notarium ein Inſtrument auffrichten/ dann ich gedachte/ wer weiß/ wo du es noch einmal brauch eſt/ ſolche Raͤis koſtet mich uͤber 400. Thaler/ dann auff dem Zuruͤck-Weg wurde ich von einer Partey er- haſcht/ abgeſetzt und gepluͤndert/ alſo daß ich und mein Knan oder Petter allerdings nackend/ und kaum mit dem Leben darvon kamen. Jndeſſen giengs daheim auch ſchlim zu/ dañ nach- dem mein Weib vernom̃en/ daß ihr Mann ein Jun- cker ſey/ ſpielte ſie nit allein der groſſen Frauen/ ſon- dern verliederlicht auch alles in der Haußhaltung/ welches ich/ weil ſie groſſes Leibs war/ ſtillſchwei- gend uͤbertrug/ uͤber das war mir ein Ungluͤck in den Stall kommen/ ſo mir das meiſte und beſte Viehe hingerafft. Dieſes alles waͤre noch zu verſchmirtzen geweſen/ aber ô mirum! kein Ungluͤck allein/ in der Stund/ darinn mein Weib genaſe/ wurde die Magd auch Kindbetterin/ das Kind zwar ſo ſie brachte/ ſahe mir allerdings aͤhnlich/ das aber ſo mein Weib gebar/ ſahe dem Knecht ſo gleich/ als wenns ihm auß dem Geſicht Z v

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Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 535. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/541>, abgerufen am 30.04.2024.