Gryphius, Andreas: Großmüttiger Rechts-Gelehrter/ Oder Sterbender Æmilius Paulus Papinianus. Breslau, 1659.Sterbender Papinian. Mein Kind! Mein wahres Blutt! du stirbst! doch sonder Schande! Vor mich! zu meiner Straff! entschlisst die ehrnen Bande! Jch habe/ nicht mein Kind/ deß Käysers Grimm entsteckt! Mein steiffer Vorsatz hat den harten Zorn erweckt/ 255.Jch komm/ und bin bereit mit meinem Haubt zu büssen/ Bassian. Der Käyser wil von dir nichts denn Gehorsam wissen. Papinian. Wol! wol! so stirb mein Kind! weil es der Käyser 260.heist! Wir sind gehorsam! Fürst! ein unerschreckter Geist/ Thut willig: was uns nur das Heilge Recht erlaubet. Sohn. Nun Vater! gute Nacht! Papinian. Der grim- 265.me Zufall raubet/ Mein Sohn/ dir Jahr und Stand/ und was die Erden schätzt; Doch schenckt Er was kein Beil noch Sturm deß Glücks verletzt. Mein Sohn! stirb unverzagt! diß Leben ist ein krigen/ Voll Angst/ ein solcher Tod: das allerhöchste sigen. Bassian. Der Sig wird warlich dir gar nicht ersprößlich seyn. Papinian. Diß ist der höchste Sig/ daß mein Gewissen rein. Bassian. Schaut Völcker/ dises heist vor grosser Weißheit rasen/ Papinian. Solch rasen hat mir nie die Geister angeblasen. Bassian. Es bläset in den Wind was dich so groß gemacht. 270. Papinian. Wind/ Schatten/ Rauch und Sprew ist aller Menschen Pracht. Bassian. Das zeugt Papinian, der Nichts auß Allem worden. Papinian. Es stürmt beut auß dem Ost/ und morgen leicht auß Norden. Bassian. Der Sturm riß deinen Stamm mit Ast und Wurtzel auß. Papinian. Vor zweiffelt Jch; nun hab ich ein beständig Haus. Bassian.
Sterbender Papinian. Mein Kind! Mein wahres Blutt! du ſtirbſt! doch ſonder Schande! Vor mich! zu meiner Straff! entſchliſſt die ehrnen Bande! Jch habe/ nicht mein Kind/ deß Kaͤyſers Grim̃ entſteckt! Mein ſteiffer Vorſatz hat den harten Zorn erweckt/ 255.Jch kom̃/ und bin bereit mit meinem Haubt zu buͤſſen/ Basſian. Der Kaͤyſer wil von dir nichts denn Gehorſam wiſſen. Papinian. Wol! wol! ſo ſtirb mein Kind! weil es der Kaͤyſer 260.heiſt! Wir ſind gehorſam! Fuͤrſt! ein unerſchreckter Geiſt/ Thut willig: was uns nur das Heilge Recht erlaubet. Sohn. Nun Vater! gute Nacht! Papinian. Der grim- 265.me Zufall raubet/ Mein Sohn/ dir Jahr und Stand/ und was die Erden ſchaͤtzt; Doch ſchenckt Er was kein Beil noch Sturm deß Gluͤcks verletzt. Mein Sohn! ſtirb unverzagt! diß Leben iſt ein krigen/ Voll Angſt/ ein ſolcher Tod: das allerhoͤchſte ſigen. Basſian. Der Sig wird warlich dir gar nicht erſproͤßlich ſeyn. Papinian. Diß iſt der hoͤchſte Sig/ daß mein Gewiſſen rein. Basſian. Schaut Voͤlcker/ diſes heiſt vor groſſer Weißheit raſen/ Papinian. Solch raſen hat mir nie die Geiſter angeblaſen. Basſian. Es blaͤſet in den Wind was dich ſo groß gemacht. 270. Papinian. Wind/ Schatten/ Rauch und Sprew iſt aller Menſchen Pracht. Basſian. Das zeugt Papinian, der Nichts auß Allem worden. Papinian. Es ſtuͤrmt beut auß dem Oſt/ und morgen leicht auß Norden. Basſian. Der Sturm riß deinen Stam̃ mit Aſt und Wurtzel auß. Papinian. Vor zweiffelt Jch; nun hab ich ein beſtaͤndig Haus. Basſian.
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Papinian. Mein Kind! Mein wahres Blutt! du ſtirbſt! doch
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Jch habe/ nicht mein Kind/ deß Kaͤyſers Grim̃ entſteckt!
Mein ſteiffer Vorſatz hat den harten Zorn erweckt/
Jch kom̃/ und bin bereit mit meinem Haubt zu buͤſſen/
Basſian. Der Kaͤyſer wil von dir nichts denn Gehorſam
wiſſen.
Papinian. Wol! wol! ſo ſtirb mein Kind! weil es der Kaͤyſer
heiſt!
Wir ſind gehorſam! Fuͤrſt! ein unerſchreckter Geiſt/
Thut willig: was uns nur das Heilge Recht erlaubet.
Sohn. Nun Vater! gute Nacht!
Papinian. Der grim-
me Zufall raubet/
Mein Sohn/ dir Jahr und Stand/ und was die Erden ſchaͤtzt;
Doch ſchenckt Er was kein Beil noch Sturm deß Gluͤcks
verletzt.
Mein Sohn! ſtirb unverzagt! diß Leben iſt ein krigen/
Voll Angſt/ ein ſolcher Tod: das allerhoͤchſte ſigen.
Basſian. Der Sig wird warlich dir gar nicht erſproͤßlich
ſeyn.
Papinian. Diß iſt der hoͤchſte Sig/ daß mein Gewiſſen rein.
Basſian. Schaut Voͤlcker/ diſes heiſt vor groſſer Weißheit
raſen/
Papinian. Solch raſen hat mir nie die Geiſter angeblaſen.
Basſian. Es blaͤſet in den Wind was dich ſo groß gemacht.
Papinian. Wind/ Schatten/ Rauch und Sprew iſt aller
Menſchen Pracht.
Basſian. Das zeugt Papinian, der Nichts auß Allem
worden.
Papinian. Es ſtuͤrmt beut auß dem Oſt/ und morgen leicht
auß Norden.
Basſian. Der Sturm riß deinen Stam̃ mit Aſt und Wurtzel
auß.
Papinian. Vor zweiffelt Jch; nun hab ich ein beſtaͤndig
Haus.
Basſian.
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Zitationshilfe: | Gryphius, Andreas: Großmüttiger Rechts-Gelehrter/ Oder Sterbender Æmilius Paulus Papinianus. Breslau, 1659, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gryphius_rechtsgelehrter_1659/114>, abgerufen am 18.06.2024. |