Herbart, Johann Friedrich: Lehrbuch zur Psychologie. 2. Aufl. Königsberg, 1834.Körpergefühle zusammenhängen, denen andere
körperliche Zu- 2l5. Auch den Veränderungen der Gemüthslage, Anmerkung. Dasjenige Spiel des psychischen Me- 216. Das Vorstehende erlangt eine weit größere pra- Körpergefühle zusammenhängen, denen andere
körperliche Zu- 2l5. Auch den Veränderungen der Gemüthslage, Anmerkung. Dasjenige Spiel des psychischen Me- 216. Das Vorstehende erlangt eine weit größere pra- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0180" n="172"/> Körpergefühle zusammenhängen, denen andere körperliche Zu-<lb/> stände entsprechen,, welche sich eben jetzt nicht hervorbringen<lb/> lassen. Aus diesem Grunde sollte man eher eine noch grö-<lb/> ßere als eine geringere Abhängigkeit des Geistes vom Leibe<lb/> erwarten, wie die, welche die Erfahrung zeigt.</p><lb/> <p>2l5. Auch den <hi rendition="#g">Veränderungen</hi> der Gemüthslage,<lb/> und dem Ablaufen und Jneinandergreifen der Vorstellungs-<lb/> reihen müssen Veränderungen im leiblichen Zustande ent-<lb/> sprechen. Hiebey kann schon das <hi rendition="#g">Zeitmaaß</hi> und die <hi rendition="#g">Ge-<lb/> schwindigkeit</hi> der geistigen Veränderung eine ihr entwe-<lb/> der günstige oder ungünstige Disposition des Körpers an-<lb/> treffen welches hinreicht, um die abwechselnde Lust und Nei-<lb/> gung zu dieser oder jener Beschäfftigung zu erklären, wo-<lb/> fern nicht noch außerdem rein psychologische Gründe mit<lb/> einwirken.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Anmerkung</hi>. Dasjenige Spiel des psychischen Me-<lb/> chanismus ist vorzüglich ein unbeherrschtes oder doch schwer<lb/> zu beherrschendes, welches entsteht, wenn die Geschwin-<lb/> digkeit in der Veränderung körperlicher Zustände unge-<lb/> wöhnlich wächst, und dadurch den entsprechenden Lauf der<lb/> Vorstellungen beschleunigt. Dergleichen geschieht beym Ueber-<lb/> gehn aus Krankheit in Gesundheit, während der Ausbildung<lb/> der Pubertät, in manchen Krankheitszuständen, u. f. w.<lb/> Die Phantasie entläuft alsdann dem Verstande, — mit<lb/> andern Worten, die Schnelligkeit der sich entwickelnden Vor-<lb/> stellungen vermehrt die Gewalt, womit sie diejenigen aus<lb/> dem Bewußtseyn verdrängen, die ihnen Widerstand leisten<lb/> könnten.</p><lb/> <p>216. Das Vorstehende erlangt eine weit größere pra-<lb/> ktische Wichtigkeit, wenn man versucht, hinter der vielfachen<lb/> und veränderlichen Färbung des Jch (wovon in 202 die<lb/> Rede war) die <hi rendition="#g">bleibende Jndividualität</hi> des Men-<lb/> schen, die besonders dem praktischen Erzieher sich entgegen-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [172/0180]
Körpergefühle zusammenhängen, denen andere körperliche Zu-
stände entsprechen,, welche sich eben jetzt nicht hervorbringen
lassen. Aus diesem Grunde sollte man eher eine noch grö-
ßere als eine geringere Abhängigkeit des Geistes vom Leibe
erwarten, wie die, welche die Erfahrung zeigt.
2l5. Auch den Veränderungen der Gemüthslage,
und dem Ablaufen und Jneinandergreifen der Vorstellungs-
reihen müssen Veränderungen im leiblichen Zustande ent-
sprechen. Hiebey kann schon das Zeitmaaß und die Ge-
schwindigkeit der geistigen Veränderung eine ihr entwe-
der günstige oder ungünstige Disposition des Körpers an-
treffen welches hinreicht, um die abwechselnde Lust und Nei-
gung zu dieser oder jener Beschäfftigung zu erklären, wo-
fern nicht noch außerdem rein psychologische Gründe mit
einwirken.
Anmerkung. Dasjenige Spiel des psychischen Me-
chanismus ist vorzüglich ein unbeherrschtes oder doch schwer
zu beherrschendes, welches entsteht, wenn die Geschwin-
digkeit in der Veränderung körperlicher Zustände unge-
wöhnlich wächst, und dadurch den entsprechenden Lauf der
Vorstellungen beschleunigt. Dergleichen geschieht beym Ueber-
gehn aus Krankheit in Gesundheit, während der Ausbildung
der Pubertät, in manchen Krankheitszuständen, u. f. w.
Die Phantasie entläuft alsdann dem Verstande, — mit
andern Worten, die Schnelligkeit der sich entwickelnden Vor-
stellungen vermehrt die Gewalt, womit sie diejenigen aus
dem Bewußtseyn verdrängen, die ihnen Widerstand leisten
könnten.
216. Das Vorstehende erlangt eine weit größere pra-
ktische Wichtigkeit, wenn man versucht, hinter der vielfachen
und veränderlichen Färbung des Jch (wovon in 202 die
Rede war) die bleibende Jndividualität des Men-
schen, die besonders dem praktischen Erzieher sich entgegen-
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