Geschmack finden und so unglücklich sind, kei- nen Shakespear zu kennen." *)
24.
"Ueberhaupt glaube ich, daß der Name eines wahren Geschichtschreibers nur demjenigen zukommt, der die Geschichte seiner Zeiten und seines Landes beschreibt. Denn nur der kann selbst als Zeuge auftreten, und darf hoffen, auch von der Nachwelt als ein solcher geschätzt zu werden, wenn alle Andre, die sich nur als Abhörer der eigentlichen Zeu- gen erweisen, nach wenig Jahren von ihres- gleichen gewiß verdrängt sind. Die süße Ueber- zeugung, von dem gegenwärtigen Nutzen, den sie stiften, muß sie allein wegen der kurzen Dauer ihres Ruhms schadlos halten. Und kann ein ehrlicher Mann mit dieser Schadlos- haltung auch nicht zufrieden seyn?" **)
*) Th. 26. S. 184.
**) Litt. Br. 52.
Geſchmack finden und ſo ungluͤcklich ſind, kei- nen Shakeſpear zu kennen.“ *)
24.
„Ueberhaupt glaube ich, daß der Name eines wahren Geſchichtſchreibers nur demjenigen zukommt, der die Geſchichte ſeiner Zeiten und ſeines Landes beſchreibt. Denn nur der kann ſelbſt als Zeuge auftreten, und darf hoffen, auch von der Nachwelt als ein ſolcher geſchaͤtzt zu werden, wenn alle Andre, die ſich nur als Abhoͤrer der eigentlichen Zeu- gen erweiſen, nach wenig Jahren von ihres- gleichen gewiß verdraͤngt ſind. Die ſuͤße Ueber- zeugung, von dem gegenwaͤrtigen Nutzen, den ſie ſtiften, muß ſie allein wegen der kurzen Dauer ihres Ruhms ſchadlos halten. Und kann ein ehrlicher Mann mit dieſer Schadlos- haltung auch nicht zufrieden ſeyn?“ **)
*) Th. 26. S. 184.
**) Litt. Br. 52.
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Geſchmack finden und ſo ungluͤcklich ſind, kei-
nen Shakeſpear zu kennen.“ *)
24.
„Ueberhaupt glaube ich, daß der Name
eines wahren Geſchichtſchreibers nur
demjenigen zukommt, der die Geſchichte ſeiner
Zeiten und ſeines Landes beſchreibt. Denn
nur der kann ſelbſt als Zeuge auftreten, und
darf hoffen, auch von der Nachwelt als ein
ſolcher geſchaͤtzt zu werden, wenn alle Andre,
die ſich nur als Abhoͤrer der eigentlichen Zeu-
gen erweiſen, nach wenig Jahren von ihres-
gleichen gewiß verdraͤngt ſind. Die ſuͤße Ueber-
zeugung, von dem gegenwaͤrtigen Nutzen, den
ſie ſtiften, muß ſie allein wegen der kurzen
Dauer ihres Ruhms ſchadlos halten. Und
kann ein ehrlicher Mann mit dieſer Schadlos-
haltung auch nicht zufrieden ſeyn?“ **)
*) Th. 26. S. 184.
**) Litt. Br. 52.
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Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 9. Riga, 1797, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet09_1797/93>, abgerufen am 18.06.2024.
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