Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695.Vermischte Arien. Ein hertze voller freude Heist scharffes saltz carnari-zucker seyn/ Sein wasser wird zu wein/ sein garn zu weisser seide/ Ein blasser monden-blick wird ihm zum sonnen-schein. Wer sich vergnügen kan/ schmeckt nichts als ambra-kuchen/ Und unvergänglichkeit bringt lauter marter-wochen. Was nutzen schätz' und güter? Was hilfft uns doch viel schönheit/ ehr und pracht? Vergnügung ist allein der reichthum der gemüther/ Der bleibet ewig arm/ der stets nach mehrentracht. Wem nicht durch unlusts-gifft des geistes kräffte schwinden/ Der wird sein paradieß auch in der wüsten finden. E. N. ICh soll mich mit gewalt verlieben/ Mir ist zur inclination Ein artig mädgen vorgeschrieben; Wiewohl ich bleibe noch davon/ Weil ich das marck der besten jahre Vor mich und gute freunde spare. Ich habe zwar nichts auszusetzen/ Das mädgen ist wohl liebens werth. Und diesen will ich glücklich schätzen/ Den sie zum courtisan begehrt. Nur ich will mich des glücks begeben/ Und in beliebter freyheit leben. Sie weiß sich propre auffzuführen; Manch frauen-zimmer läst auch drum Ein krummes maul zum possen spüren/ Doch das verdoppelt ihren ruhm. Die armen sünder müssen passen/ Und ihr das prä in allen lassen. Wem sind die wunder-schönen blicke Und ihre minen nicht bekandt? Es fehlt ihr nichts in keinem stücke/ Was sie nur hat/ das ist galant. Der
Vermiſchte Arien. Ein hertze voller freude Heiſt ſcharffes ſaltz carnari-zucker ſeyn/ Sein waſſer wird zu wein/ ſein garn zu weiſſer ſeide/ Ein blaſſer monden-blick wird ihm zum ſonnen-ſchein. Wer ſich vergnuͤgen kan/ ſchmeckt nichts als ambra-kuchen/ Und unvergaͤnglichkeit bringt lauter marter-wochen. Was nutzen ſchaͤtz’ und guͤter? Was hilfft uns doch viel ſchoͤnheit/ ehr und pracht? Vergnuͤgung iſt allein der reichthum der gemuͤther/ Der bleibet ewig arm/ der ſtets nach mehrentracht. Wem nicht durch unluſts-gifft des geiſtes kraͤffte ſchwinden/ Der wird ſein paradieß auch in der wuͤſten finden. E. N. ICh ſoll mich mit gewalt verlieben/ Mir iſt zur inclination Ein artig maͤdgen vorgeſchrieben; Wiewohl ich bleibe noch davon/ Weil ich das marck der beſten jahre Vor mich und gute freunde ſpare. Ich habe zwar nichts auszuſetzen/ Das maͤdgen iſt wohl liebens werth. Und dieſen will ich gluͤcklich ſchaͤtzen/ Den ſie zum courtiſan begehrt. Nur ich will mich des gluͤcks begeben/ Und in beliebter freyheit leben. Sie weiß ſich propre auffzufuͤhren; Manch frauen-zimmer laͤſt auch drum Ein krummes maul zum poſſen ſpuͤren/ Doch das verdoppelt ihren ruhm. Die armen ſuͤnder muͤſſen paſſen/ Und ihr das praͤ in allen laſſen. Wem ſind die wunder-ſchoͤnen blicke Und ihre minen nicht bekandt? Es fehlt ihr nichts in keinem ſtuͤcke/ Was ſie nur hat/ das iſt galant. Der
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Vermiſchte Arien.
Ein hertze voller freude
Heiſt ſcharffes ſaltz carnari-zucker ſeyn/
Sein waſſer wird zu wein/ ſein garn zu weiſſer ſeide/
Ein blaſſer monden-blick wird ihm zum ſonnen-ſchein.
Wer ſich vergnuͤgen kan/ ſchmeckt nichts als ambra-kuchen/
Und unvergaͤnglichkeit bringt lauter marter-wochen.
Was nutzen ſchaͤtz’ und guͤter?
Was hilfft uns doch viel ſchoͤnheit/ ehr und pracht?
Vergnuͤgung iſt allein der reichthum der gemuͤther/
Der bleibet ewig arm/ der ſtets nach mehrentracht.
Wem nicht durch unluſts-gifft des geiſtes kraͤffte ſchwinden/
Der wird ſein paradieß auch in der wuͤſten finden.
E. N.
ICh ſoll mich mit gewalt verlieben/
Mir iſt zur inclination
Ein artig maͤdgen vorgeſchrieben;
Wiewohl ich bleibe noch davon/
Weil ich das marck der beſten jahre
Vor mich und gute freunde ſpare.
Ich habe zwar nichts auszuſetzen/
Das maͤdgen iſt wohl liebens werth.
Und dieſen will ich gluͤcklich ſchaͤtzen/
Den ſie zum courtiſan begehrt.
Nur ich will mich des gluͤcks begeben/
Und in beliebter freyheit leben.
Sie weiß ſich propre auffzufuͤhren;
Manch frauen-zimmer laͤſt auch drum
Ein krummes maul zum poſſen ſpuͤren/
Doch das verdoppelt ihren ruhm.
Die armen ſuͤnder muͤſſen paſſen/
Und ihr das praͤ in allen laſſen.
Wem ſind die wunder-ſchoͤnen blicke
Und ihre minen nicht bekandt?
Es fehlt ihr nichts in keinem ſtuͤcke/
Was ſie nur hat/ das iſt galant.
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Zitationshilfe: | Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695, S. 391. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte01_1695/435>, abgerufen am 17.06.2024. |